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Esti (German Edition)

Esti (German Edition)

Titel: Esti (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Esterházy
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selbst wenn er es gehabt hätte, so ein kokettes Selbstmitleid, nach dem Motto, früher war es so und so, und auch sein Fell war ihm nicht ausgefallen, auch jetzt fiel es ihm nicht aus, es fiel ihm nicht ständig aus, manchmal fiel ihm ein bisschen aus, doch das ist noch kein Ausfallen als solches, war das Ganze, selbst wenn man die Gelenke hinzunahm, noch kein Großvater. Das ist, und Esti leckte seinem Enkel die Hand, als mündete man notwendig, unabwendbar in die Großvaterschaft. Du kannst machen, was du willst, du mündest. Das will er nicht oder kann er nicht wollen.
    Andererseits ist hier dieser … nun, den er leckt. Ein Schleck Mensch. Es müsste andersrum sein, er nieste und jagte in die Ecke des Gartens davon. Nichts. Egal, so ein Hund ist das Leben; es besteht aus: hinrennen, zurückrennen, nichts, dann in der Herbstsonne stehen, und alles. In der Mittagsglut. Hündchen, Hündchen, eine Frau blieb auf der anderen Seite des Zaunes stehen und kramte in ihrer Einkaufstüte, die Erfahrung sagte Esti, nach Salzgebäck. Bei Salzgebäck kam Esti meistens Salzgebäck in den Sinn, jetzt jedoch sein Enkel: Dieser kleine Boldizsár ist ein Falstaff-Typ, er verschlingt, grapscht, beißt, zerrt, isst, rülpst, greift, schmiert, besudelt sich, ein Falstaff von achtzig Zentimetern, wie er die Welt in Besitz zu nehmen beginnt. Das ist mein Enkel, an dem ich meine Freude habe. Hündchen, nicht da, die Frau zuckte die Schultern. DEINE MUTTER ist ein Hündchen, murmelte Esti und wedelte fröhlich mit dem Schwanz. Esti trabte zu seinem Enkel zurück. Hier bin ich, strahle. Boldizsár hatte ein Messer am Fuß des Apfelbaums gefunden, damit spielte er; er lachte herzlich, ich könnte es auch Gelächter nennen, und als er sah, dass Esti sich darüber freute, hörte er sofort auf zu lachen und begann das Lachen zu spielen, ahmte sein eigenes Lachen nach.
    Er torkelte süß, als wäre er an Deck eines Schiffs, das sich im starken Wellengang bald zur einen, bald zur anderen Seite neigt, er wankte nach rechts, dann nach links, währenddessen quietschte er genüsslich und fuchtelte mit dem Messer herum. Ein kleiner Falstaff. Esti hegte keinen Argwohn, Großväter sind gutgläubig. Auf jeden Fall großzügig, sie können sich das erlauben, dafür scheinen sie ein bisschen neben ihrem Leben zu stehen. Esti ließ sich von Boldizsárs gespieltem Lachen täuschen (»es gab Bedarf«), sein glückliches Schwanzwedeln galt bereits ihm, nicht dem Salzgebäck.
    Da kippte gewissermaßen das Deck des Vergleichs und Boldizsár lief, als wäre er auf einen Abhang geraten, taumelnd, immer schneller und wie in einem griechischen Drama auf seinen Großvater zu, rammte ihm mit voller Kraft das Messer ins Herz. Kornél Esti fiel auf der Stelle tot um. Ich hoffe, vom Stich ins Herz kann man tot umfallen; hier ist es so und fertig. Notwendig ist auch, dass das Messer leicht, weich, wie das Tortenmesser in die Torte, nur nicht so süß, in den Körper dringt, in den Opa, so dass der Enkel es nicht einmal bemerkt, keinen Argwohn hegt (auch er also nicht!), er umarmte seinen Großvater, den Schutz, der diesen unerwarteten und ungewollten, schlimmen Lauf aufgehalten hatte, hu hu, flüsterte er Esti zu, doch Esti konnte es schon nicht mehr hören. Der Körper stand noch einen Augenblick, als wäre die Zeit (für eine Sekunde!) aus der Welt herausgefallen (wie das Haar!), das junge Paar sah dies aus dem Fenster, die Idylle, wie der Junge in dem hell leuchtenden Garten Esti fest umarmte. Als sie sich wieder abwandten, der Herr des Hauses kündigte noch immer leicht gekränkt an, meine Herrschaften, es ist serviert, fiel Esti wie ein altes gesprengtes Fabrikgebäude in sich zusammen und begrub Boldizsár unter sich. Der, folgerichtig, lange im Fell nach Luft rang, Arme, Beine zappelten, dann zappelten sie nicht mehr. Hu hu.
    Nun, das ist übertrieben. Das kann ich nicht wollen. Doch jetzt ist es zu spät, jetzt weiß man schon, ist schon durchgesickert, was geschieht, wenn ich den Augenblick anhalte, auf dem Messer blitzt friedlich die goldene Sonne, gute Laune und Erwartung im Garten, Opa freut sich über das neue Wesen und diese Freude nennt er Großvaterschaft, das neue Wesen freut sich über die ganze Welt, beginnt die große Entdeckungstour, die sein Leben ist. Wunderbare Sehnsüchte im Garten. Drinnen im Zimmer – nun, auch da alles okay. Der Semmelknödel ist etwas zu groß geraten, also bin ich guter Dinge, dass auch ich etwas abbekomme. Manchmal

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