Eternal - In den Armen des Vampirs
Sie sich vor den schlechten Nachrichten drücken können, wenn Sie nicht ans Telefon gehen?« Sie sah Macy eindringlich an, scharfsichtig, obwohl dies wahrscheinlich schon ihr zweiter oder dritter Drink an diesem Nachmittag war. Sie schüttelte den Kopf. »Nicht nach meiner Erfahrung. Und lassen Sie sich das gesagt sein, Fräulein: Ich habe ziemlich viel Erfahrung mit schlechten Nachrichten.«
Macy hob das Handy langsam ans Ohr. Sie wandte Mrs.Cahall den Rücken zu und ging ein paar Schritte von der Rezeption weg. Ihre Post vom Vortag ließ sie auf der Theke liegen. »Es ist Sonntag. Heute haben Sie doch frei«, sagte sie ins Telefon.
»Offenbar hält unser Killer nichts von Bürozeiten. Wussten Sie, dass er es tun würde?«, fragte Fia am anderen Ende der Leitung. Sie war wütend. »Lügen Sie mich nicht an, Macy. Hat er Ihnen gesagt, dass er wieder eine Familie umbringen würde?«
»Nein.« Macy ging durch die Lobbytür auf den Bürgersteig. Sie lief in die schwüle Hitze des Spätnachmittags wie in eine Mauer. »Er hat mir nicht gesagt, dass er jemanden umbringen würde. Sie haben doch das Fax bekommen. Sie wissen, was er gesagt hat.«
»Ich habe keine Möglichkeit nachzuprüfen, ob Sie danach nicht noch einmal mit ihm gesprochen haben.«
»Wollen Sie damit etwa andeuten, dass ich an der ganzen Sache beteiligt bin?«, wollte Macy wissen. Ihr Herz hämmerte in der Brust. Es war ein Fehler gewesen, mit Fia Kontakt aufzunehmen. Sie hätte wissen müssen, dass es Zeitverschwendung war. Das hier würde nichts bringen. Teddy konnte nicht gestoppt werden. Sie wusste es. Er wusste es. »Glauben Sie wirklich, dass ich etwas mit diesen Morden zu tun habe?« Sie war so zornig, so aufgewühlt, dass ihre Stimme ganz schrill wurde.
»Nein.« Fia hörte sich nun wieder ruhiger an.
»Aber Sie haben über die Möglichkeit nachgedacht!«, setzte Macy nach.
»Ich würde meinen Job nicht richtig machen, wenn ich es nicht getan hätte.« Fias Worte waren offen, aber es klang nicht unfreundlich. »Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Mörder oder jemand, der in ein Verbrechen verwickelt ist, versuchen würde, Hinweise zu seiner Ergreifung zu geben.«
»
Ich
habe
Sie
neulich Abend angerufen, Fia«, beharrte Macy. »Ich hätte Ihnen gar nicht erzählen müssen, dass ich mit ihm geredet habe, nachdem Sie mich gebeten hatten, es nicht zu tun. Warum sollte ich Ihnen etwas über unseren Chat vorlügen?«
»Keine Ahnung. Warum lügen Sie mich überhaupt an?«
Macy ging unter einen Baum, der seinen Schatten auf den Hotelparkplatz warf. Sie setzte sich auf die Erde, den Rücken an den Stamm gelehnt, die Knie an den Körper gezogen. Sie starrte auf eine weggeworfene Coladose unter einem geparkten Auto. »Ich habe Sie nicht angelogen, was den Chat mit Teddy betrifft. Ich habe Sie nicht ein einziges Mal angelogen, seitdem ich Sie zum ersten Mal angerufen habe.«
Jedenfalls nicht in Dingen, die wichtig sind,
fügte Macy in Gedanken hinzu. Sie fragte sich, ob man in die Hölle kam, wenn man einen FBI -Agenten anschwindelte. Ins Gefängnis vielleicht, aber in die Hölle? Sie war doch schon längst in der Hölle.
Beide schwiegen eine Weile. Fia glaubte ihr nicht. Sie wusste, dass Macy ihr etwas verheimlichte.
»Es ist nicht mal Vollmond«, bemerkte Macy.
»Das hat ihn offenbar schon letztes Mal nicht davon abhalten können.«
»Wen hat er umgebracht?«, fragte Macy, obwohl sie es vorgezogen hätte, es nicht erfahren zu müssen.
»Die Millers – Vater, Mutter und sechs Kinder. Das jüngste war ein Säugling.«
Macy schloss die Augen. Ihre Brust schnürte sich zusammen, bis sie kaum noch Luft bekam. »Sechs?«, wisperte sie. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihre beiden kleinen Schwestern, lebendig begraben, tot. Die Arme an den Leib gepresst. Damals hatte Teddy noch nicht so viel Routine gehabt. Erst später hatte er seine Opfer mit den Händen über dem Kopf begraben. »Wer zum Henker hat heutzutage sechs Kinder?« Sie stellte die Frage ebenso sich wie Fia. »Wo?«
»Lancaster. Eine Amisch-Familie. Sie wurden ungefähr vor einer Stunde gefunden. Sie sind nicht zum Gottesdienst erschienen, deshalb ist ein Freund der Familie hingegangen, um nachzusehen. Es waren sozusagen Hardliner, die kein Telefon hatten. Laut Einschätzung des Gerichtsmediziners sind sie gegen Mittag gestorben.«
Macy ließ den Kopf hängen. »Ich habe befürchtet, dass das passieren würde. Er musste es mir gar nicht sagen, ich wusste es einfach.« Sie hob den
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