Eternal Riders: Limos (German Edition)
draußen … frische Luft schnappen.« Sie verschwand in einem Tempo, als ob das Haus in Flammen stünde, sodass Limos mit Shade zurückblieb.
»Was ist los, Dämon?« Limos kreuzte die Arme vor der Brust. »Was hat sie gemeint, als sie von ihrem Vater sprach?«
»Er war ein gewalttätiges Monster.« Der Ausdruck in Shades Gesicht war so harsch wie seine Stimme. »Hat sich gern an Frauen und Kindern vergriffen. Es war übel. Wirklich übel.«
Limos biss die Zähne aufeinander. »Arik und Runa?«
»Jepp. Ich weiß nicht viel darüber, was mit Arik war, aber Runa hat mir erzählt, dass er versuchte, sie und ihre Mutter zu beschützen. Also, entweder ist er jetzt doch wie sein alter Herr geworden, und in diesem Fall werde ich ihn dafür töten, dass er Runa geschlagen hat.« Shade boxte frustriert mit der Faust gegen die Tür, als wollte er Arik schon mal warnen. »Oder er wird sich nicht besonders gut leiden können, wenn er wieder zur Besinnung kommt und ich ihn am Leben lasse.«
»Du wirst ihn nicht anrühren. Mein Bruder hat seine Seele an sich gebunden. Arik darf nicht sterben.« Sie würde es sowieso nicht geschehen lassen und Shade umbringen, wenn er es auch nur versuchte. So einfach war das.
»Dein Bruder ist ein Arsch.«
Sie erstarrte. Ja, Pestilence war ein Arsch. Aber er war auch ihr Bruder, und dieser Dämon hatte keine Ahnung, was für ein Mann er einmal gewesen war.
»Pass auf, was du sagst, Sem.«
Shade sah in die Richtung, in die Runa verschwunden war, ehe er sich wieder Limos zuwandte. »Hör mal, ich hatte mal einen Bruder, der genauso war. Er lebte nur, um uns zu quälen, und darum mussten wir ihn vernichten.« Er betrachtete sie nachdenklich. »Steht ihr euch nahe, du und deine Brüder? Ihr werdet euch noch viel enger zusammentun müssen, um Pestilence aufzuhalten. Ihr dürft nicht zögern oder sentimental werden, sondern müsst tun, was getan werden muss. Wir haben genau diesen Fehler gemacht, und eine Menge Leute mussten deswegen sterben.«
»Das wird nicht so leicht. Reseph war von uns allen der anständigste. Er war nicht immer böse.« Sie wusste gar nicht, warum sie Pestilence eigentlich verteidigte, nur, dass sie Reseph Tausende Jahre lang geliebt hatte, ganz gleich, wie sehr sie ihn jetzt hasste, und dass sie das nicht einfach so vergessen konnte.
»Und warum fühlst du dich dann schuldig?«
Sie blinzelte. »Was?«
Shade trat enger an sie heran. »Ich kann Dunkelheit spüren … Schuld … in Frauen. Und du, Reiter, du ertrinkst geradezu darin.«
Sie spürte, wie sie vor Unbehagen bis in die Tiefen ihrer Seele erbebte. »Du hast doch keine Ahnung, was du da erzählst.«
»Ich weiß jedenfalls, dass ich noch nie zuvor jemanden erlebt habe, der eine so krasse Ausstrahlung hat wie du. Ich weiß auch, dass ich durch die Hölle gehen müsste, um alles aus dir herauszulocken.« Seine Stimme war ein verstörendes, düsteres Brummen, und was meinte er denn mit herauslocken ? »Aber, den Göttern sei Dank, ist das nicht mein Problem.« Mit diesen Worten ließ er sie stehen und folgte Runa. »Sag Bescheid, wenn sich was ändert.«
Bei Shades Befehl hätten sich ihr eigentlich augenblicklich die Nackenhaare aufstellen müssen, aber sie war viel zu erschüttert über das, was er über sie und Arik gesagt hatte. Was wusste Shade von ihrer Schuld? Konnte er etwa Gedanken lesen? Okay, sie würde deswegen am liebsten eine erstklassige Panikattacke bekommen, aber dafür war jetzt keine Zeit. Sie musste sich auf Arik konzentrieren, denn ja, das Gewicht ihrer Schuld erdrückte sie beinahe, aber in diesem Augenblick war der Mensch ihre erste Sorge.
Wenn ihm bewusst wurde, was er Runa angetan hatte, wie würde sich das auf seine Genesung auswirken? Ihre Brüder hatten sie nicht ein einziges Mal im Zorn geschlagen – auch wenn sie es verdient hatte … mehr, als sie ahnten. Aber sie konnte sich nur ausmalen, wie sie sich selbst bestrafen würden, wenn sie ihr je wehgetan hätten.
Die Vorstellung, dass Arik als Kind misshandelt worden war … Gott, sie war solchen Gräueln gegenüber immer gefühllos gewesen – oder hatte sich vielmehr nie erlaubt, deswegen etwas zu empfinden. Aber sich Arik vorzustellen, wie er unter den Fäusten seines eigenen Vaters blutete und litt, verursachte irgendwo tief in ihrem Inneren ein Zwicken.
Sie war wie eine Prinzessin aufgewachsen, war dazu ermutigt worden, kleinlich und grausam zu sein, während sie andererseits nie kennengelernt hatte, wie es war, geschlagen
Weitere Kostenlose Bücher