Eternally - Cach, L: Eternally
gerahmtes Poster von einer Meerjungfrau, die ihr Haar kämmte. Der Rest der Wand war bedeckt mit Fotos von der Familie, Freunden und von Brigitte selbst, die neben diversen Stars in die Kamera grinste. Ihr Vater war ein berühmter französischer Filmschauspieler.
Caitlyn deutete auf ein professionelles Schwarz-Weiß-Foto, das Brigitte und einen gut aussehenden blonden Mann zeigte, der ein paar Jahre älter aussah als sie. »Wer ist das?«
»Brigittes Bruder, Thierry«, sagte Daniela und setzte sich auf ihr Bett, auf dem eine Tagesdecke aus dunkelgoldener Shantung-Seide lag. In ihrem Teil des Zimmers hingen golden schimmernde Klimt-Poster an den Wänden, am Fuße ihres Betts lag ein schwarzes Pelzplaid, und auf ihrem Tisch stand ein gerahmtes Foto von ihr selbst. »Thierry sieht gut aus, aber Brigitte hat ein gutes Herz.«
Caitlyn warf Daniela einen tadelnden Blick zu. »Ich finde, Brigitte ist absolut hinreißend.«
»Ich weiß. Sie sagt das selbst über ihr Aussehen. Außerdem ist es besser, ein Herz zu haben, als ein herzloses Schwein zu sein.«
Caitlyn hob fragend die Augenbrauen.
»Thierry ist ein Playboy, du weißt schon, die Sorte, die Frauen wie Dreck behandelt«, sagte sie und bestätigte damit Amalias Urteil. Ein Schatten zog über ihr Gesicht. »Zumindest hat er das früher getan. Jetzt nicht mehr.«
»Ist er tot?«
»Er ist quicklebendig«, sagte sie und setzte ein falsches strahlendes Lächeln auf. »Im Gegensatz zur … Frau in Schwarz!«
Caitlyn setzte sich auf Brigittes Schreibtischstuhl und hörte Daniela zu, wie sie die Geschichte ihrer Begegnung mit Naomi in dem dunklen Gang ausschmückte. Einige Details stammten ganz offensichtlich aus Mathildes Geschichte, aber Caitlyn tat trotzdem so, als sei sie fasziniert. Sie würde Daniela ganz sicher nicht erzählen, dass man ihr einen Streich gespielt hatte. Daniela schien begeistert darüber zu sein, den Geist gesehen zu haben.
»In der Burg spukt es also wirklich«, sagte Caitlyn.
»Ah! Es spukt überall in Europa, aber ich glaube, hier ganz besonders. Hast du von dem gouffre gehört?«
»Goofy? Was für ein Goofy?«
» Gouffre . Das ist, wie sagt man das … Ein großes Loch in der Erde, sehr tief, das manchmal bis zum Grundwasser reicht.«
»Eine Grube?«
Daniela schüttelte den Kopf. »Groß. Tief.«
Caitlyn sah plötzlich den Drachen vor sich, wie er in dem Gemälde von Fortuna aus einem Abgrund auftauchte. »Ein Abgrund? Ein Schlund?«
»Vielleicht ist Schlund das richtige Wort. Es gibt einen großen gouffre in dem Wald bei der Burg. Er ist mit Wasser gefüllt, und dort spukt es. Man sagt, er sei das Tor, durch das der Teufel die Hölle betritt, aber das glaube ich nicht. Ich glaube, es ist etwas Primitiveres als das, etwas Dunkles in der Natur selbst. Weißt du, wie man auf Französisch sagt, dass man der Verzweiflung, der Katastrophe nahe ist?«
Caitlyn schüttelte den Kopf.
» Je suis au bord du gouffre . Ich stehe am Rande des Abgrunds.«
Caitlyns Mund wurde trocken. Sie sah plötzlich vor sich, wie ihre Mutter die Tarotkarten gelegt hatte, die Karte mit dem Narren, der kurz davor war, in den Abgrund zu stürzen.
Der Abgrund wartet auf dich. Du stehst an seinem Rand .
»Die Redewendung könnte auch gut von dem gouffre hier im Wald stammen«, sagte Daniela.
»Warum? Was ist dort?«
»Brigitte könnte es dir sagen – «
»Was könnte ich ihr sagen?«, fragte Brigitte, die gerade mit Amalia hereinkam. Ihre Stimme klang fröhlich.
»Warum der – «, begann Caitlyn.
»Warum ich die Geschichte von der Frau in Schwarz so oft erzähle«, unterbrach Daniela sie und blickte Caitlyn warnend an.
»Sie liebt es, wenn sie Aufmerksamkeit bekommt!«, sagte Brigitte lachend. »Du hast Caitlyn doch nicht damit behelligt, oder?«
»Sie hat mich danach gefragt. Sie ist selbst schuld.«
»Hättest du mir jedes Mal, wenn du die Geschichte erzählt hast, einen Euro gegeben, hätte ich jetzt eine neue Handtasche, und du weißt, dass ich teure Handtaschen liebe.«
»Ich schreibe einen Aufsatz über echte Gespenstergeschichten im Gegensatz zu denen in Jane Austens Die Abtei von Northanger «, erklärte Caitlyn.
Amalia ließ sich auf Brigittes Bett fallen und streifte ihre Schuhe ab. »Hast du dieses Thema wegen der Geister in deinen Albträumen gewählt?«
Brigitte und Daniela drehten sich zu Caitlyn und sahen sie an. »Was für Geister?«, fragte Brigitte.
Caitlyn sah Amalia vorwurfsvoll an, worauf ihr diese einen entschuldigenden
Weitere Kostenlose Bücher