Ethan von Athos
Einmischung nicht seinen Verdacht erregt hätte. Zum Teufel, er könnte ruhig kommen und unsere Reproduktionszentren inspizieren, wenn er will.«
Sie hob die Augenbrauen, ein Mienenspiel, das Ethan zunehmend irritierte. »Glauben Sie wirklich, Sie könnten das mit ihm aushandeln? Da würde ich persönlich lieber einen neuen Pestbazillus einschleppen.«
»Wenigstens ist er ein Mann«, versetzte Ethan.
Sie lachte.
Ethans Stimmung erreichte den Siedepunkt. »Wie lange werden Sie mich hier eingesperrt halten?«, wollte er erneut wissen.
Sie hielt abrupt inne. Ihre Augen weiteten, verengten sich. Ihr Lächeln verschwand. »Sie sind nicht eingesperrt«, bemerkte sie sanft. »Sie können jederzeit gehen. Natürlich auf eigene Gefahr. Ich werde zwar traurig sein, aber ich werde es überleben.«
Er verlangsamte sein hektisches Hin- und Hergehen. »Sie bluffen. Sie können mich nicht gehen lassen. Ich habe zuviel mitbekommen.«
Sie nahm die Füße vom Tisch herunter und hörte auf, ihre Haare zu drehen. Sie starrte ihn mit einer unbehaglichen Ausdruckslosigkeit an, wie jemand, der einen biologischen Probeschnitt für das Mikroskopieren vorbereitet und gerade berechnet, wie schmal die Probe sein muss, damit sie auf den Objektträger passt. Als sie wieder sprach, knirschte ihre Stimme wie Kies: »Ich möchte sagen, Sie haben verdammt wenig mitbekommen.«
»Sie wollen nicht, dass ich den Stationsbehörden von Okita erzähle, nicht wahr? Damit haben Sie bei Ihren eigenen Leuten den Hals in der Schlinge …«
»Oh, meinen Hals wohl kaum. Die würden natürlich einen Wahnsinnsanfall bekommen, wenn sie herausfänden, was wir mit der Leiche angestellt haben – wobei Sie, wie ich hinweisen darf, ein williger Komplize waren. Kontaminierung ist eine viel ernstere Anklage hier als bloßer Mord. Fast so schlimm wie Brandstiftung.«
»So? Was kann man mir antun, mich deportieren? Das wäre keine Strafe, das wäre eine Belohnung! .«
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen und verbargen ihr zunehmendes Funkeln. »Wenn Sie gehen, Mann von Athos, dann erwarten Sie nicht, dass Sie dann später jammernd wieder zu mir zurückkommen können, um Schutz zu suchen. Ich habe keine Verwendung für Feiglinge, Verräter – oder Schwule.«
Er nahm an, sie wolle ihn beschimpfen. Und so reagierte er auch. »Nun, ich habe keine Verwendung für eine hinterhältige, verschlagene, arrogante, anmaßende – Frau! « , sprudelte er heraus.
Sie schürzte die Lippen und wies mit der Hand in einer stummen Aufforderung zur Tür. Ethan erkannte, dass er gerade das letzte Wort gehabt hatte. Sein Kreditbrief war in seiner Tasche, seine Schuhe waren an den Füßen. Mit zitternden Nasenflügeln und hocherhobenem Kopf marschierte er zur Tür hinaus. Sein Rücken kribbelte in Erwartung eines Betäuberstrahls oder von noch Schlimmerem. Doch nichts geschah.
Es war sehr, sehr still im Korridor, als sich die luftdichten Türen geschlossen hatten. War das letzte Wort wirklich das gewesen, was er gewollt hatte? Und doch – eher wollte er Millisor, Rau und Okitas Geist gegenübertreten, als zurück in sein Gefängnis kriechen und sich bei Quinn entschuldigen.
Entschlossenheit. Entscheidung. Aktion. Das war die Art, Probleme zu lösen. Nicht Davonrennen und Verstecken. Er würde Millisor aufsuchen und ihm von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten. Er stapfte den Korridor hinab.
Als er den Promenadenausgang der Unterkunft erreicht hatte, ging er wieder normal und hatte seinen Plan zu der vernünftigeren Version abgewandelt, Millisor aus der sicheren Distanz einer öffentlichen Komkonsole anzurufen. Er würde selbst listig sein. Er würde sich nicht seiner eigenen Herberge nähern. Wenn notwendig, würde er vielleicht sogar seine eigenen Habseligkeiten zurücklassen und im letzten Augenblick vor dem Start ein Ticket für einen Flug fort von Station Kline kaufen – nach Kolonie Beta? – und so der ganzen Bande verrückter Geheimagenten entfliehen. Sobald er dann nach Station Kline zurückkäme, würden sie einander vielleicht schon in einen anderen Teil der Galaxis gejagt haben.
Er entfernte sich einige Ebenen von Quinns Unterkunft und fand eine Komkonsolenkabine.
»Ich möchte einen Transitreisenden kontaktieren, Ghem-Oberst Luyst Millisor«, sagte er dem Computer. Er buchstabierte den Namen sorgfältig. Seine Stimme zitterte kaum, wie er mit Befriedigung feststellte.
Keine Person dieses Namens auf Station Kline registriert, leuchtete es auf dem
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