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Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
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stellte sich vor, er wäre der sehnige junge Reiter auf dem Foto. Acht oder neun Sekunden auf einem wütenden Bullen waren eine halbe Ewigkeit, aber Roy stellte sich vor, wie er selbst sich so fest hielt, dass das Tier ihn nicht abwerfen konnte, egal, wie sehr es sich auch anstrengte. Die Sekunden würden vergehen, eine nach der anderen, und schließlich würde der Bulle erschöpft auf die Knie sinken. Dann würde Roy ganz entspannt absteigen und der tobenden Menge zuwinken. So spielte er die Szene immer wieder im Kopf durch.
    Vielleicht, hoffte Roy, würde sein Vater ja irgendwann nach Montana zurückversetzt werden. Dann könnte er lernen, wie ein Cowboy auf einem Bullen zu reiten.
    An derselben Wand hing auch ein gelber Handzettel, den Besucher des Yellowstone Nationalparks ausgehändigt bekamen. Darauf stand:
     
    WARNUNG!
    GEFAHR DURCH BÜFFEL!
    SCHON VIELE BESUCHER AUF DIE
    HÖRNER GENOMMEN!
    BÜFFEL WIEGEN BIS ZU 1000 KILO UND SIND
    DREIMAL SO SCHNELL WIE EIN MENSCH.
    DIE TIERE KOMMEN IHNEN VIELLEICHT
    ZAHM VOR, ABER IN WIRKLICHKEIT SIND SIE WILD, UNBERECHENBAR UND GEFÄHRLICH.
    HALTEN SIE ABSTAND!
    Auf einer Zeichnung unten auf dem Handzettel war ein Tourist zu sehen, der von einem rasenden Bison aufgespießt wurde. Seine Kamera flog in die eine Richtung, die Kappe in die andere, gerade so wie der Hut des Cowboys auf dem Poster vom Rodeo.
    Roy hatte den Handzettel vom Yellowstone Park aufbewahrt, weil es ihn so erstaunt hatte, dass tatsächlich jemand so blöd sein konnte, wegen eines Fotos auf einen ausgewachsenen Büffel zuzugehen. Und doch passierte es jeden Sommer, und jeden Sommer wurde irgendein Schwachkopf auf die Hörner genommen.
    Das war genau die Art von Dummheit, die zu Dana Matherson passte, dachte Roy, als er überlegte, wie er seinen Entschuldigungsbrief schreiben sollte. Er konnte sich mühelos vorstellen, wie dieser Idiot auf einen Bison aufzuspringen versuchte, als wäre der ein Karussellpferd.
    Roy nahm ein Blatt liniertes Papier aus seinem Englischordner und schrieb:
     
    Lieber Dana,
    es tut mir Leid, dass ich dir die Nase gebrochen habe.
    Ich hoffe, sie blutet nicht mehr.
    Ich verspreche, dich nicht mehr zu schlagen, solange du mich im Schulbus nicht mehr belästigst.
    Ich denke, das ist ein faires Arrangement.
    Mit freundlichen Grüßen
    Roy A. Eberhardt
     
    Er ging mit dem Blatt nach unten und zeigte es seiner Mutter, die leicht die Stirn runzelte. »Liebes, ich finde es ein bisschen … na ja, heftig.«
    »Wie meinst du das, Mom?«
    »Es ist nicht der Inhalt, eher der Ton.«
    Sie reichte den Brief an Roys Vater weiter, der ihn las und sagte: »Ich finde den Ton genau richtig. Aber du solltest mal nachschlagen, wie man Arrangement schreibt.«
     
    Der Captain saß zusammengesunken an seinem Schreibtisch. So hatte er sich die letzten Jahre seiner Laufbahn wirklich nicht vorgestellt. Nachdem er zweiundzwanzig Jahre lang in den Straßen von Boston patrouilliert war, war er nach Florida gezogen in der Hoffnung auf fünf oder sechs warme und ereignislose Jahre vor seiner Pensionierung. Coconut Cove hatte sich ideal angehört. Aber es hatte sich gezeigt, dass es alles andere als das verschlafene Nest war, das der Captain sich vorgestellt hatte. Der Ort wuchs wie Unkraut: zu viel Verkehr, zu viele Touristen und – ja, das auch – zu viele Straftaten.
    Keine richtig schlimmen Verbrechen wie in den Großstädten, sondern lauter ausgeflippte Sachen, die zu Florida passten.
    »Wie viele?«, fragte er den Sergeant.
    Der Sergeant schaute zu Officer Delinko hinüber und der antwortete: »Insgesamt sechs.«
    »Zwei in jeder Toilette?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wie groß?«
    »Das Größte war genau ein Meter zweiunddreißig lang, das kleinste achtundsiebzig Zentimeter«, las Officer Delinko nüchtern aus seinem Protokoll vor.
    »Echte Alligatoren«, sagte der Captain.
    »So ist es, Chef.«
    Officer Delinkos Vorgesetzter meldete sich zu Wort: »Aber sie sind schon weg, Chef, keine Sorge. Ein Reptilienjäger ist da gewesen und hat sie aus den Klos geholt.« Und mit einem Kichern fügte er hinzu: »Das kleinste der Viecher hat dem Mann fast einen Daumen abgebissen.«
    »Ein Reptilienjäger? Was soll das denn sein? – Ach, schon gut, vergessen Sie’s.«
    »Ob Sie es glauben oder nicht – wir haben ihn aus den Gelben Seiten.«
    »Aber sicher doch«, murmelte der Captain.
    Normalerweise würde sich ein Polizist mit seinem Dienstgrad nie um einen so lächerlichen Fall kümmern, aber das Unternehmen, das

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