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Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
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Das ist ja schön!«
    Roy wischte sich mit der Serviette übers Kinn. »Was ist denn dort sonst noch passiert, Dad?«
    »Dasselbe hab ich mich auch gefragt.« Mr. Eberhardt überflog den Rest des Artikels. »Ah, hier steht’s: Vergangenen Montag zogen unbekannte Eindringlinge Vermessungspfosten aus dem Boden und vier Tage später versteckten Vandalen lebendige Alligatoren in den drei mobilen Toiletten auf dem Grundstück. Nach Auskunft der Polizei wurden die Reptilien unverletzt geborgen und später in einem nahen Kanal freigesetzt. Festnahmen hat es nicht gegeben.«
    Mrs. Eberhardt erhob sich und fing an, das Frühstücksgeschirr abzuräumen. »Alligatoren!«, sagte sie. »Lieber Himmel, was werden die wohl als Nächstes anstellen?«
    Mr. Eberhardt faltete die Zeitung zusammen und warf sie auf die Anrichte. »Es sieht so aus, als würde diese Kleinstadt doch noch ganz interessant – nicht wahr, Roy?«
    Roy griff nach der Zeitung. East Oriole Avenue – irgendwie kam ihm der Name bekannt vor. Beim Lesen fiel ihm auf einmal wieder ein, wo er das Straßenschild gesehen hatte: Die Bushaltestelle von Beatrice Leep lag in der West Oriole Avenue, also genau auf der anderen Seite des Highways. Und dort hatte er zum ersten Mal den rennenden Jungen gesehen.
    »Im Artikel steht gar nicht, wie groß die Viecher waren«, bemerkte Roy.
    Sein Vater lachte kurz auf. »Darauf kommt’s wohl auch nicht an, mein Junge. Entscheidend ist der Einfall als solcher.«
     
    »Ich habe Ihren Bericht gelesen, David«, sagte der Captain. »Haben Sie dem irgendwas hinzuzufügen?«
    Officer Delinko schüttelte den Kopf. Seine Hände lagen gefaltet im Schoß. Was sollte er auch noch sagen?
    Sein Sergeant meldete sich zu Wort. »David ist sich absolut im Klaren darüber, wie ernst die Angelegenheit ist.«
    »Peinlich sollte man wohl lieber sagen«, antwortete der Captain. »Der Chef hat mir ein paar der E-Mails gezeigt, die er zu dem Thema bekommen hat, außerdem Mitschriften von Anrufen. Besonders freundlich waren sie nicht gerade. Haben Sie die Zeitung gelesen?«
    Officer Delinko nickte. Immer wieder hatte er den Artikel gelesen, bestimmt ein Dutzend Mal, und jedes Mal hatte sich ihm der Magen umgedreht.
    »Es dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass Ihr Name im Artikel nicht genannt wird«, sagte der Captain. »Das liegt daran, dass wir es abgelehnt haben, ihn an die Medien weiterzugeben.«
    »Ja. Danke schön«, sagte Officer Delinko. »Es tut mir wirklich sehr Leid, Sir – alles.«
    »Haben Sie auch die Erklärung gelesen, die der Polizeichef für den Vorfall abgegeben hat? Ich nehme an, Sie können damit leben.«
    »Ehrlich gesagt, Sir – ich hatte gar nicht die Grippe. Und irgendwelche Medikamente hab ich gestern auch nicht –«
    »David«, unterbrach ihn der Sergeant, »wenn der Chef sagt, du hast ein Grippemittel genommen, dann hast du auch eins genommen. Und wenn der Chef sagt, dass du deswegen im Auto eingeschlafen bist, dann war das eben der Grund. Kapiert?«
    »Ähm – jawohl.«
    Der Captain hielt einen gelben Briefbogen hoch. »Das hier ist eine Rechnung vom Ford-Händler über vierhundertundzehn Dollar. In der Werkstatt haben sie die schwarze Farbe von den Fenstern runterbekommen. Einen ganzen Tag lang haben sie dafür gebraucht, aber sie haben es geschafft. Das ist immerhin eine gute Nachricht.«
    Officer Delinko war fest überzeugt, dass der Captain ihm jetzt die Rechnung überreichen würde, aber das geschah nicht. Stattdessen legte er sie in Delinkos Personalakte, die er geöffnet vor sich liegen hatte.
    »Officer, ich weiß nicht, was ich mit Ihnen machen soll. Ich weiß es wirklich nicht.« Der Captain hörte sich an wie ein enttäuschter Vater.
    »Tut mir sehr Leid, Sir. Soll nicht wieder vorkommen.«
    Delinkos Vorgesetzter sagte: »Captain, ich sollte Ihnen vielleicht noch sagen, dass David sich freiwillig für die Überwachung des Bauplatzes gemeldet hat. Und er ist heute Morgen schon ganz früh hingefahren, und zwar in seiner Freizeit.«
    »In seiner Freizeit?« Der Captain verschränkte die Arme. »Nun, das ist lobenswert. Darf ich fragen, David, warum Sie das gemacht haben?«
    »Weil ich die Übeltäter erwischen wollte«, antwortete Officer Delinko. »Ich wusste ja, dass Sie und der Chef großen Wert darauf legen.«
    »Das war der einzige Grund? Sie haben nicht irgendein persönliches Interesse?«
    Jetzt ja, dachte Officer Delinko. Jetzt, wo ich vor allen blamiert bin.
    »Nein, Sir«, antwortete er.
    Der Captain

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