Eulenspiegel
Verzeihung!« Die Frau war rot geworden.
Toppe stand auf und ging zum Fenster hinüber. Es wurde schon hell. Von hier aus konnte man ihr Haus nicht sehen.
»Ich gehe wieder raus. Ist mein Mantel irgendwo?«
Frau Brock setzte an, sich aus dem Sessel zu hieven, aber Astrid hielt sie zurück. »Ich weiß, wo der Mantel hängt. Bitte, bleiben Sie sitzen. Sie tun schon genug für uns.«
»So was macht man doch gern.«
»Ja«, besann sich Toppe. »Es ist wirklich sehr nett, daß Sie sich so um uns kümmern.«
»Wir sind Ihre nächsten Nachbarn«, sagte Brock bestimmt. »Da ist das doch wohl selbstverständlich.«
Das erste Feuerwehrauto fuhr gerade ab, die anderen Fahrzeuge hatten das Blaulicht und die Scheinwerfer ausgeschaltet – der Tag kam schnell. Die Luft war noch scharf vom Rauch und von der Hitze des Feuers, aber den Vögeln schien das nichts auszumachen, sie begrüßten den neuen Morgen mit einem jubelnden Frühlingskonzert. Toppe hatte sie noch nie so laut und fröhlich gehört.
Der Brandmeister stand mit seinen Stiefeln bis zu den Knöcheln in matschiger Erde und Löschwasser.
»Schlechte Nachrichten«, sagte er, als Toppe neben ihm war, aber das hatte der ihm schon vom Gesicht abgelesen. »Ich will mich nicht festlegen, aber es sieht verdammt nach Brandstiftung aus.«
Toppe hatte anfangs ganz kurz mal daran gedacht, es aber sofort wieder verworfen. Irgendein Kurzschluß, hatte er überlegt. Die Leitungen in den Ställen waren über fünfzig Jahre alt, und das Geld hatte bisher nicht gereicht, sie erneuern zu lassen. Und im stillen hatte er sich schon Vorwürfe gemacht: Wenn er beim Umbau auf den offenen Kamin in seinem Zimmer verzichtet hätte … Aber Brandstiftung? Wer denn? Und warum?
»Das ist irgendwie eine dämliche Situation«, meinte der Feuerwehrmann zögernd, »aber eigentlich müßte ich jetzt Ihnen den Fall übergeben.«
Toppe nickte benommen. »Ja, verrückt, nicht?«
»Sie sollten erst mal Ihre Spurensicherung kommen lassen. Van Gemmern ist mit Bränden sehr fit, das habe ich schon öfter erlebt. Der soll entscheiden, ob wir die Experten aus Krefeld überhaupt brauchen.«
»Können wir zurück ins Haus?«
»Ja, aber ich lasse noch eine Brandwache da. In Ordnung?«
Als die beiden Feuerwehrautos abfuhren, kamen Astrid und Gabi und hinter ihnen Oliver mit Stefanie. Brocks standen an ihrem Küchenfenster und guckten.
»Wir können wieder ins Haus.« Toppe hielt die Tür auf.
Ein übler Gestank schlug ihnen entgegen.
Stefanie schlich an ihm vorbei, mit geschürzten Lippen und ohne einen Blick. Er schaute Oliver an, Oliver mit dem kleinen Kinn und der runden Stirn, und auf einmal hatte er eine gemeine Wut im Bauch. »Willst du nicht dafür sorgen, daß diese kleine. Er kriegte die Kurve so gerade noch, ». daß deine Freundin nach Hause kommt?«
Aber er wartete die Antwort nicht ab, sondern lief hinter den beiden Frauen her. »Hast du das gewußt, Gabi?« bellte er. »Hast du das etwa hinter meinem Rücken erlaubt, he?«
»Was denn?« Sie hatte Tränen in den Augen.
»Daß dieses Flittchen bei ihm schläft?«
»Du spinnst doch! Natürlich nicht.« Und dann fing sie an zu schluchzen.
Astrid funkelte ihn wütend an. »Gibt’s nichts Wichtigeres? Guck dich doch mal um!«
Alles war von einem grauschwarzen Film überzogen, die Fensterscheiben, die Türen, jedes Möbelstück, die Böden, die Wände, selbst Polster und Kissen – fettiger, stinkender Ruß saß in allen Ecken und Winkeln.
Gabi hatte den Topfschrank geöffnet. »Oh nein, sogar in den Schränken!« Sie riß andere Türen auf. »Guckt euch das Geschirr an, die Gläser!«
»Wir sind doch versichert«, meinte Toppe zuversichtlich, aber Gabi fuhr zu ihm herum. »Ach prima! Zahlen die auch die Putzkolonne? Und willst du darauf etwa warten?«
Astrid gab sich einen Ruck. »Auf jeden Fall rufen wir jetzt erst mal bei der Versicherung an. Wo ist die Nummer? Helmut, der Ordner ist in deinem Zimmer.«
»Es ist Sonntag.«
»Das weiß ich«, meinte sie ungeduldig. »Aber Feuerversicherungen haben doch wohl einen Notdienst, oder?«
Ihre Versicherungsgesellschaft hatte jedenfalls keinen.
Klaus van Gemmern klingelte, bevor er sich an die Arbeit machte.
»Übel«, sagte er, und der Ausdruck in seinen Augen ließ ahnen, daß das eine Beileidsbekundung sein sollte.
»Kann man wohl sagen«, meinte Toppe. »Soll ich mitkommen? Sie sind ja offensichtlich allein.« Er streckte den Kopf aus der Tür.
Van Gemmern trat einen Schritt
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