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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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wer sitzt da auf der anderen Seite von David? Ist das nicht mein Manager Aram Shishakli? Ist er hergeflogen, um sich das unerbittlich geführte – wenn auch wirtschaftlich ungleiche – Derby anzuschauen? Ich glaube, er ist es. Aber warum ist er hier? Das hier ist nicht sein gewohntes Umfeld, dies ist eine unterklassige europäische Liga. Es sei denn, irgendwas anderes hat ihn hergeführt. Dann sagt Shishakli etwas zu König David, worauf dieser wissend nickt. Was haben die beiden zu besprechen? Und wo wir schon mal dabei sind: Wo steckt Craggsio? Er ist nirgends zu sehen.
    Egal, Anstoß.
    Pello Mendoza, ihre Ein-Mann-Torfabrik aus dem Baskenland, kickt den Ball zu Hector Boy – der bei der Copa America 2011 für Mexiko so fantastisch gespielt hat –, und dieser wiederum legt auf Ahti Rantanen zurück.
    Ich könnte eigentlich gleich jetzt damit anfangen, den Finnen kaltzustellen, oder? Ich hab ja sonst nichts zu tun.
    Also stürze ich an unseren beiden Stürmern vorbei – Nino Nazmi, der mich eigenartig mustert, und Zatik Vogel, der aussieht, als würde er gleich seine Butterbrote auspacken – um mit vollem Risiko in das Duell mit dem Finnen zu gehen, der den Ball gemächlich vor sich herschiebt. Anscheinend ist das in dieser couscousischen Zeitlupen-Liga allgemein üblich. Ich sprinte direkt auf ihn zu und halte meinen Fuß dazwischen. Doch offensichtlich hat er damit gerechnet, denn der Waldbewohner mit den Koteletten schlägt einen präzisen, langen Pass auf Willy Bamba, ihren gabunischen Außenstürmer.
    Der Ball ist zwar weg, doch der Zweikampf ist noch nicht zu Ende. Ich bleibe vor Rantanen stehen und spucke aus, verziehe das Gesicht und winkle meine Arme an, so dass er meine zweite Haut aus wilden, vielsprachigen Tattoos sehen kann. Ich präsentiere ihm meine Körperkunst, erinnere ihn daran, dass ich ein Krieger bin.
    »Hab ich dir gefehlt, Kev?«, fragt er bloß.
    »Ich hatte solche Sehnsucht nach dir, Kumpel«, erwidere ich.
    »Was für eine Scheißmannschaft, Kev. Du verdienst bestimmt nicht viel«, sagt der finnische Spielmacher. Es ist verwirrend. Nicht seine Bemerkung, sondern seine Stimme. Sein finnischer Akzent, verwässert und deformiert durch seine lange Zeit in London. Ehrlich gesagt, er klingt wie ein Mumin aus Londons Arbeiterklasse, wie ein grotesker Nokia-Cockney, oder ein Nokney, wie ich es von jetzt an nennen werde.
    »Was kriegst du?«, setzt er nach, provoziert mich erneut.
    »Nicht so viel, wie ich bald kriegen werde, aber mehr, als du verdienen wirst, wenn du nicht mehr so viel verdienst wie jetzt«, antworte ich. Oder so was in der Art.
    Worauf er die Stirn runzelt. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich gerade einen Haufen Scheiße gelabert habe. Also trabe ich davon und trete ihm dabei auf den Zeh. Ich laufe zurück an unseren Sechzehner, wo der Gegner gerade einen Angriff fährt. Ihr Spieler Willy Bamba hat einen der BeJoshis umspielt und den Ball dicht vors Tor gezirkelt. Doch es ist eine beschissene Hereingabe. Lado Borodin, unser baumlanger Innenverteidiger, wird die Situation mit seinem Quadratschädel mühelos klären.
    Doch der Quadratschädel geht nicht zum Ball.
    Borodin schaut einfach dabei zu, wie er an ihm vorbeisegelt und – geschmeidig – auf den Kopf des baskischen Tor- Junkies Pello Mendoza prallt, der ihn an den ausgestreckten Armen unseres Torwarts Arnan Varnan vorbei in die Maschen köpft.
    Wir liegen 1 : 0 hinten. Nach weniger als einer Minute.
    Es ist eine Qual.
    Während meine Mannschaftskameraden ihre Gesichter in den Händen vergraben und unsere mehr als katastrophale Anfangsphase beklagen, habe ich den Kopf oben und meinen Blick auf Lado Borodin gerichtet, der nicht mal versucht hat zu klären.
    Erwischt, Lado Borodin. Ich hab’s gesehen, Alter.
    Ich bin wütend. Er tritt unseren heiligen Sport mit Füßen. Verunreinigt das Elixier des Fußballs mit seiner Schwanzspitze. Während wir zum Wiederanstoß zurücktrotten, kommt Vik Dink zu mir getrabt.
    »Hast du das gesehen, Kev?«
    »Was?«, frage ich vorsichtig, obwohl ich genau weiß, was er meint.
    »Lado Borodin. Er hat sich schmieren lassen.«
    Ich beschließe, Vik Dink zu vertrauen, denn in seiner Stimme liegt Empörung, außerdem wirkt er wie ein riesiges unerschütterliches Gebirgsmassiv der Integrität.
    »Hab’s gesehen, Vik.«
    »Und er ist nicht der Einzige.«
    »Ach ja, wer noch?«
    Vik richtet den Blick auf Serj Tankian an der Außenbahn, der nach Murman Abbasows Tod dessen Platz

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