Euro Psycho
seinen Tod. Und während wir den brutalen Mord an ihm beklagen, hoffen wir, dass die Strafverfolgungsbehörden seines Mörders habhaft werden.«
Ein verrückter Fan, wie es heißt.
Ein Mörder, der, wenn man den Zeitungen glauben darf, Rache dafür geübt hat, dass Abbasow Schmiergelder angenommen und sein Team hintergangen hat. Umstände, durch die sich einige Leute veranlasst fühlten – El Presidente, Ika, sogar der stämmige Vik Dink –, mich nach meinen Sicherheitsmaßnahmen zu fragen. Da einige unserer Fans mich für korrupt halten und man das Wort Betrüger auf meinen Laden geschmiert hat, wollten sie sich vergewissern, dass ich vor dem Killerfan sicher bin.
Erst neulich habe ich einer Reporterin erzählt – nachdem ich sie gevögelt habe –, dass ich mich keineswegs bedroht fühle, da ich mich nicht habe kaufen lassen.
Wirklich herzzerreißend diese Geschichte, was? Ist dem Killerfan, wie ihn die Presse nennt, die Sache mit dem Schmiergeld tatsächlich so nahe gegangen, dass er das Recht selbst in die Hand genommen und einen Menschen abgeschlachtet hat?
Wenn du mit deinem Verein unzufrieden bist, gibt es auch die Alternative – in diesen aufgeklärten Zeiten –, ihm die kalte Schulter zu zeigen und Man City zu unterstützen. Oder einen anderen kürzlich zu Geld gekommenen Giganten der Premier League.
Wie jeder andere auch. Denn wenn man herausfindet, dass die eigene Mannschaft sich kaufen lässt, ist das nicht die Gelegenheit, den Scheißverein, der dir seit Geburt vorbestimmt war, in die Wüste zu schicken, dich aus der ungefragt hingenommenen Sippenhaft zu befreien und eine rationale Entscheidung auf dem freien Markt des Fanwesens zu treffen, indem du deinen Lifestyle an dem globalen Franchiseunternehmen ausrichtest, das genug Kohle rausgehauen hat, um erfolgreich zu sein?
Sicher doch. Das ist eine vernünftige und moderne Sichtweise.
Doch unserem vieldiskutierten Killerfan liegt die Sache offensichtlich so sehr am Herzen, dass er versucht, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Was klasse ist, wie ich der Journalistin mitgeteilt habe. Wenn auch total albern. Wie auch immer, ich lasse meinen Blick über die gegnerischen Spieler wandern, die ausländischen Söldner, die sich vor unserem Team aus Schweinefickern und Traktor-Jockeys aufgebaut haben. Oder was unsere Teilzeitkräfte auch immer in ihrer Freizeit tun. Die anderen Spieler verdienen weiß der Geier wie viel Kohle, denn sie wurden von Durans Milliarden aus dem Gasgeschäft in diese rückständige Liga gelockt. Sie müssen auch keine Angst haben, dass sie ein irrer Fan aus der Gegend zerstückelt.
Denn sie wohnen nicht hier.
Sie leben alle in Moskau, über tausendfünfhundert Kilometer entfernt, in einem bewohnbaren, streng bewachten Trainingskomplex, und werden zu ihren »Heimspielen« eingeflogen. Ihr Exil wird mit der Sicherheitslage im Couscous begründet, doch wir alle wissen, dass sie wegen der Restaurants, der Nutten und der Shops in Russlands Hauptstadt bleiben.
Dann entdecke ich unter den Spieler Ahti Rantanen, den finnischen Mittelfeldregisseur mit den Koteletten, der früher mal für denselben Premier-League-Club wie ich gespielt hat. Wir waren Konkurrenten um einen Stammplatz. Allerdings war diese Auseinandersetzung nur von kurzer Dauer, dann hatte ich es in die erste Mannschaft geschafft. Es wundert mich, ihn hier zu sehen. Davon wusste ich nichts. Aber man kann schließlich nicht über das Geschehen in sämtlichen Ligen der Welt auf dem Laufenden sein, oder? Tatsache ist nun mal, er ist hier, und es ist meine Aufgabe, ihn an die Kette zu legen und ihm zu zeigen, wer das Sagen auf dem Platz hat.
Gut. Okay. Lazor Duran und König David senken für eine Schweigeminute die Köpfe. Einen Augenblick herrscht andächtige Stille, bis irgendwo ein Flachwichser mit Kopfhörern mitkriegt, dass Rooney gerade ein Tor geschossen hat, und laut dessen Namen brüllt. Armer Murman Abbasow, jemand versaut ihm seine Schweigeminute. Und armer Kev, erneut verhöhnt mich DIE BESTE LIGA DER WELT .
Aber Schwamm drüber. Man kann immer nur die Braut vögeln, die vor einem im Bett liegt. Wir haben Anstoß. Ich werde wieder zu alter Form auflaufen. Meine Fußballsäfte werden erneut anfangen zu brodeln …
Ich werfe einen kurzen Blick zur Bank, wo Eisenfaust und die anderen Jungs im Trainingsanzug sitzen. Über ihnen, in einer von Dynamos kürzlich errichteten VIP -Lounges, hat König David gerade Platz genommen, neben ihm Princess Fitness. Und
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