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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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eingenommen hat.
    »Okay«, sage ich zu Vik.
    »Und Nino, glaub ich«, fügt er hinzu und deutet mit dem Kopf auf unseren Stürmer Nino Nazmi.
    »Verstanden«, antworte ich. Jetzt weiß ich wenigstens Bescheid. Wenn ein Viertel der eigenen Mannschaft für den Gegner spielt, sind das nicht gerade ideale Voraussetzungen, um unter die besten drei zu kommen. Es hat keinen Sinn, vor dem Übel, das man sieht, die Augen zu verschließen.
    »Vik«, flüstere ich kurz vor dem Wiederanstoß. »Können wir mal was ausprobieren?«
    Er schaut mich misstrauisch an, als wollte ich ihn in den Whirlpool locken, um mit ihm eine Nummer zu schieben. Doch das habe ich nicht vor. »Weißt du, diese Arschlöcher … ’tschuldigung, diese Wichser … Also, diese nichtsnutzigen … Na ja, unsere Mannschaft schiebt sich nur den Ball zu.«
    »Häh?«
    »Dieses ständige Kleinklein und dann diese unsinnigen Dribblings, ist das eure Art zu spielen?«
    »Ja. Mit Technik «, sagt Vik stolz. »So spielen wir immer.«
    Technik, glaubt er. Na gut. Es gibt diese eine Art zu spielen. Die Art, bei der man sich den Ball endlos zuschiebt. Aber es gibt noch eine andere Art.
    »Vik, wir stehen am falschen Ende der Tabelle. Unser Team wurde gekauft. Wir verlieren hier. Sollen wir nicht mal was ausprobieren? Um diese Dynamo-Arschficker zu überrumpeln?«
    »Was zum Beispiel?«
    »Du schnappst dir beim Anstoß den Ball, ich stürme nach vorne, und du zimmerst ihn in den Sechzehner.«
    »Zimmern?«
    »Dreschen. Hämmern.«
    »Du willst einen langen Ball nach vorne spielen?«
    »Nicht gerade anspruchsvoll, ich weiß, Vik, aber damit rechnen sie nicht.«
    Er nickt, und als unser korrupter Stürmer Nino Nazmi wieder den Ball zurückpasst, bin ich bereits unterwegs. Für einen Moment verfällt Vik in die couscousische Spielweise, doch dann holt er mit seinem rechten Fuß aus und drischt die Kugel nach vorne.
    Mir gelingt es, ihre beiden entsetzten und überraschten Innenverteidiger einen halben Meter abzuhängen. Kein Problem. Denn mit so einem Angriff direkt in den Sechzehner haben sie nicht gerechnet.
    Unbedrängt von ihrem Linksverteidiger Wim Smit köpfe ich mir den Ball vor die Füße. Er geht nicht mal dazwischen, um mir den Ball abzunehmen, obwohl er während der Weltmeisterschaft eine wichtige Stütze des niederländischen Teams war. Ich muss jetzt nur noch ihren Torwart – Italiens Vince Bomati – überwinden. Ich verzichte auf einen eleganten Schlenzer oder einen dieser verdammt schwer zu spielenden Heber und schlage das Leder einfach auf den Kasten.
    Da fliegt er, Richtung Tor.
    Bevor der Ball das Netz ausgebeult hat, stürme ich über die Aschenbahn zu unseren Fans in der Südkurve, die jetzt nicht mehr der Partie Stoke City gegen Bolton lauschen, oder was auch immer gerade in ihren Kisten übertragen wird. Es scheint, als würden sie jetzt endlich ihre eigene Mannschaft anfeuern.
    » JETZT GEHT’S LOS! «, brülle ich. » JETZT GEHT’S LOS! «
    Ich will das Vereinsabzeichen küssen, halte es zwischen den Fingern, ja, führe es an die Lippen, doch dann fällt mir ein, dass es sich um eine violette Wachtel oder so handelt, die sich an einem Strauch reibt. Also lasse ich das Abzeichen wieder los und rufe stattdessen noch ein paarmal » JETZT GEHT’S LOS «. Nur um sicherzugehen.
    Aber was ist das? Auf der Tribüne reichen die Fans eine Art Schlauchboot über ihre Köpfe hinweg weiter. Befindet sich in diesem emporgereckten, auf der wogenden Menge schaukelnden Luftschiff nicht noch etwas anderes – oder irgendjemand? Trägt dieses Ding – diese Person – etwa einen Regenhut und einen Seemannsmantel?
    Handelt es sich bei dieser Gestalt, bei diesem durchgeknallten Seemann tatsächlich um Craggsio? Und hievt ihn die Menge jetzt noch weiter hoch, wirft ihn mit ihrem Meer aus Armen – wenn ich so sagen darf – weiter in die Höhe? Die Menge jubelt immer frenetischer und brüllt, ja, brüllt: »Craggsy! Craggsy!« Immer und immer wieder. Verdammte Scheiße, was soll das?
    Ich habe keine Zeit darüber nachzudenken, denn der Schiri pfeift und ermahnt mich, zum Wiederanstoß auf das Feld zurückzukehren. Also verlasse ich den Fanblock, verlasse Craggsio, der weitergereicht wird, und laufe über die Aschenbahn auf den Platz zurück. Als ich an Ahti Rantanen vorbeikomme, sage ich bloß: »Zwei Leberflecken. Auf der Innenseite des linken Oberschenkels.«
    »Was?«, zischt er mit gedämpfter Stimme.
    »Deine Frau. Zwei Leberflecken. Auf der Innenseite des

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