Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
Vom Netzwerk:
das englische Gesetz die Reichen bevorzugt, kriegt man davon hier nichts mit.«
    Wie kann sie solche Dinge sagen?
    Ich bin jetzt still, fassungslos, weil ich nicht mal etwas auf ihren Irrglauben zu entgegnen weiß. »Sorry«, sagt sie nur, guckt mich immer noch nicht an, sondern betrachtet den Ex-Postboten Shawo Mamedow, der einen Pass von Vik Dink annimmt und auf dem Flügel durchbricht. »Es ist wahr. Ich will dich nicht anlügen. Ich sag dir das nur, weil ich ein Freund bin.«
    Weil sie ein Freund ist. Ein Freund.
    Wie der anonyme SMS -Schreiber, der mir die Adresse von Nino Nazmis Unterschlupf geschickt hat, seinem nicht ausreichend sicheren Unterschlupf? Diese Art von Freund? Und ich frage mich, ob sie es ist, die mir heimlich zu helfen versucht, mich jenem Beweis zu nähern, den ich brauche, um meinen Ruf wiederherzustellen.
    Und während ich mich das frage, klingelt mein Vertu Constellation Precious, und ich zupfe es heraus, sehe eine SMS von einer unbekannten Nummer. Wer denn jetzt, verdammte Scheiße? »Sieh hoch zu deiner Linken«, sagt die SMS nur. Ich tue es, bewege meinen Blick über die Gesichter in der wie gefesselt wirkenden Menge. Und während der einohrige Shawo Mamedow die Spielrichtung ändert und einen langen Diagonalball spielt, entdecke ich den Absender.
    Lazor Duran, der bärige Oligarch höchstselbst. Steht an der Scheibe seiner Executive-Loge und betrachtet dieses entscheidende Play-off-Spiel. Aber er sieht auch König Kev, das heißeste Fußball-Objekt in der aufstrebenden Liga seines Landes.
    Und Duran starrt mich nur an, winkt so appetitlich wie ein Bonbon, ehe er wieder auf seinem Handy rumtippt.
    »Ein Drink nach dem Spiel?«, lautet die SMS , die ich kriege.
    Einen Drink? Der zu einem Abendessen führt und dann zu einem Angebot für den Wechsel zu Dynamo. Kein Zweifel. Und obwohl es immer nett ist, aufgerissen zu werden, antworte ich noch nicht. Wie ist er an diese Nummer gekommen? Ich bin immer noch bereit, das persönliche Gespräch mit dem großen Mann zu führen, auch weil ich noch einem anderen Bedürfnis nachzugehen habe. Außerdem muss ich zuerst von Mids hören. Also drehe ich mich zum Spielfeld zurück und sehe, dass Hagop Fanusian den Ball abgefangen hat und jetzt nach innen zieht, um Silvio zu vernaschen, den portugiesischen Linksverteidiger. Dann läuft Hagop parallel zum Tor, verfolgt von Rolando, ihrem Innenverteidiger, der von den Kapverden stammt.
    Erneut sehe ich nach Duran, der völlig paralysiert ist vom Angriff seines Landes. Dann blicke ich mich zu Ika um, sehe, wie sich ihr Mund bewegt, höre ihre klare Stimme flüstern: »Weiter, Hagop. Weiter, Hagop«, wie eine heißgeliebte Beschwörungsformel. Was ist das zwischen den beiden? Zwischen Princess und Fanusian? Schließlich blicke ich zurück auf den Platz, um zu sehen, wie Hagop den rechten Fuß zurücknimmt und ihn auf den Ball krachen lässt, dass er fliegt – wie im Krieg, wie im Fick – über den aussichtslosen Hechtsprung des portugiesischen Torwarts Quim hinweg und rein ins Netz.
    Ich habe das nicht erfunden, dieses Tor gegen alle Formkurven, gegen den Spielverlauf, gegen eine hoch favorisierte portugiesische Mannschaft. Und nicht einmal den Namen des Torwarts habe ich erfunden.
    Sie nennen ihn Quim.
    Oder Joaquim Manuel Sampaio da Silva. Aber er bevorzugt es, Quim genannt zu werden.
    Doch das heben wir uns für einen anderen Tag auf. Jetzt springt die Welt erst mal auf und ab, schüttelt sich vor heiliger verfickter Scheiße. Und Princess springt mit, springt weg von mir in die Menge, um sich von einem regelrechten Tsunami ungewaschenen Polyesters umschließen zu lassen. Und was ist mit diesem Craggsio in seiner Balsaholz-Galeone? Er segelt herab vom oberen Ende der Tribüne, weitergereicht von einer riesigen Welle von Händen, während er die wildesten Meere zähmt und durch die dunkelsten Ozeane segelt. Was verfickt noch mal ist los mit ihm? Ist er jetzt auch noch das Maskottchen der Nationalelf?
    Ich blicke kurz zurück aufs Spielfeld, sehe Hagop Fanusian, der die Arme hochgerissen hat. Die anderen Spieler fliegen auf ihn zu, und ich denke nur: »Sie fahren zur Euro 2012. Die Ficker fahren in die Pokraine.«
    Und ich nicht.
    Acht Spieler aus meiner Clubmannschaft da draußen fahren zur Euro.
    Postboten fahren, Tabakwarenhändler. Bauernlümmel im Palast. Und alles nur wegen mir. Weil ich ihr Spiel im Club auf ein anderes Level gehoben habe. Und England ist längst qualifiziert, sie fahren hin, ohne

Weitere Kostenlose Bücher