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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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mich.
    Das Exil ist nicht auszuhalten.
    »Ich muss den Schalter umlegen«, denke ich, »ich muss mich beeilen.«

Körnerbesprenkeltes Kastenbrot
    Ich fahre auf dem Maxi-Scooter durch die Straßen, meine Augen halten Ausschau nach dem Kinnmann.
    Aber ich bin weiter weg von meinem Ziel als je zuvor.
    Obwohl ich ihn da schon hübsch erschreckt habe, euren Serj Tankian, den letzten der vier bestochenen Spieler, der noch lebte. Den letzten, der mich zu dem Wichser hätte führen können. Es waren ein paar Kitzler mit dem Punch-Dagger hier, ein paar Kitzler dort für unseren alten Flügelstürmer, denjenigen unserer korrupten Ex-Spieler, der am schwersten aufzutreiben gewesen war. Und vielleicht hätte ich ihn auch nie gefunden, wenn nicht der Freund wieder einmal eingeschritten wäre und mir eine SMS mit der Adresse von Serjs entlegenem Versteck geschickt hätte.
    Um ehrlich zu sein, ich hatte mir vorgenommen, es ohne Eile anzugehen. Denn wenn du sichergehen willst, dass ein Schlupfloch vor einem verrückten Racheengel-Fan verborgen bleiben soll, gibt es kaum ruhigere Plätzchen. Also habe ich mir zunächst einen Schluck vom dem exzellenten lokalen Brandy gegönnt, danach habe ich ihn ein bisschen aufgeschnitten.
    Nimm eine Scheibe von dem wundervollen einheimischen Schinken, schlitz ihm ein Schlitzchen.
    Nichts allzu Aufdringliches mit der Klinge, nur eine kleine Spur hier und da.
    Tod durch tausend Schnitte, hat Serj wahrscheinlich gedacht. Und mit solch einem Eiertanz in Aussicht – zumindest seiner Vorstellung nach – war klar, dass der Junge Grund zum Reden hatte.
    Aber er hat nicht geredet. Nicht im herkömmlichen Sinn.
    Er weinte wegen seiner Unschuld – verschone mich damit.
    Wegen seiner Frau – habe sie tatsächlich gerade bei einem Spiel gesehen, werde ihr kondolieren.
    Und wegen allem anderen Kram, der ihm in seinen verzweifelten, dämlichen Kopf schoss: die Freude, am Leben zu sein, das Großartige an verlorenen Eiern, das Geheimnis der Sterne usw. Und ich bin tatsächlich bei ihm in der ganzen Geheimnis-der-Sterne-Sache, nachdem ich mir in geradezu religiöser Haltung Wunder des Universums angesehen habe, die neue bahnbrechende BBC -Fernsehserie mit Professor Brian Cox über all den erstaunlichen Scheiß da ganz weit oben. Ich war bewegt von dieser Show, von der Unendlichkeit des Weltraums. Obwohl mich beim Zusehen zugegebenermaßen häufiger die Garderobe von Cox beschäftigte.
    Denn es muss ihm eigentlich recht gut gehen, knetemäßig – was mit seiner Popstar-Vergangenheit als Keyboarder der ehemaligen Dance-Pop-Band D:Ream zu tun haben dürfte. Doch euer Professor Cox lässt es zu, dass er – meiner Meinung nach etwas zu oft – in einer einfallslosen Allwetterjacke gefilmt wird, wie man sie in jeder Einkaufszone kriegen kann.
    Um es gleich zu sagen: Ich mag diese Kombijacken.
    Tue ich. Ich habe selbst ein paar in meiner Kollektion. Aber weshalb hat sich euer Professor Cox für eine gewöhnliche North-Face- oder Patagonia-Jacke entschieden?
    Der faule Piss-Baron.
    Ich meine, den Professor in einer Allerwelts-Jacke zu sehen, entkräftete die von ihm geschilderten Wunder geradezu. Weil ich dabei war, mich darauf zu konzentrieren, mir von Zahlen mit beängstigend vielen Nullstellen das Gehirn wegblasen zu lassen. Zahlen, die, lasst uns ehrlich sein, sich der Prof am Morgen ausgedacht hatte. Oder es zumindest getan haben könnte, angesichts des stetig sich weiterentwickelnden menschlichen Wissens über das Universum.
    Diese unfassbaren Zahlen und schwindeligen Aussagen von Cox – »In sieben Zillionen protonischen Midijahren wird die Sonne sich in ein Huhn verwandeln«, oder: »Wie alle Galaxien wird diese besonders grüne hier in achtzig Perzwillionen großen Wissenschaftsjahren abstürzen in ein körnerbesprenkeltes Kastenbrot« – sind alle ganz sicher ausgedacht und werden von einer neuen Welle Denkonauten in der ganz nahen Zukunft schon als Schwachsinn entlarvt werden. Und doch präsentierte Cox sie mit einer solch bekehrenden Freude, als ob sie für alle Zeit in die Sterne eingraviert gewesen wären. Wo er sie doch einfach nur aus seinem Arsch herausgerissen hatte, kurz vor Anpfiff.
    Das Universum ist 13,7 Milliarden Jahre alt?
    Nein, ist es nicht. War es auch nie. Du warst nicht dabei und hast es dir nur ausgedacht.
    Jesus Christus! Aber, Entschuldigung, wo war ich?
    Oh ja, die Klamotte von Cox. Wie kannst du vom Kosmos überwältigt sein, wenn der Typ, der dir davon erzählt, in einer

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