Euro Psycho
Slazenger-Attacke nicht eine Art von Ordnungshüter-Sackgasse? Sollte ich nicht bei meinem Kerngeschäft bleiben? Weil ich nicht wissen kann, von wo mein nächster Hinweis kommen wird, sollte ich mich immer noch konzentrieren.
Ich muss mich auf das Spiel konzentrieren.
Ich gehe zu den Füßen des bewusstlosen Style-Vandalen, nehme ihm seine Espadrilles ab, ziehe ihm die dreckigen Socken aus. Dann ziehe ich ihm seine Espadrilles wieder an und schmeiße die Slazenger-Socken in den Rinnstein.
Besteige die GTV-300 -Limited-Edition und fahre traurig heim wärts.
Muzzelwort und Strickkraut
Ich fliege wie ein Wasserkocher, der von einem gehörnten Ehemann durch die Wohnung geworfen wird, und nicke den Ball in Richtung Tor. Ihr Keeper streckt den Arm voller Hoffnung aus, aber nicht weit genug. Das Netz wölbt sich. Kev landet. Der Bann ist gebrochen.
1 : 0. Noch drei Minuten zu spielen.
»Blut!«, schreit der eine Teil der BeJoshis.
»Blut!«, schreien Tausende unserer Auswärtsfans.
Wenn wir das hier gewinnen – was wir sicher tun werden –, dann klettern wir an die Tabellenspitze und haben einen Punkt Vorsprung vor Dynamo GazLuc. Ich laufe rüber zu Hagop Fanusian, der mir das Teil auf den Kopf gezirkelt hat. Er lächelt mir zu. Wir sind eine Mannschaft. Wir sind glücklich.
Aber dann höre ich einen Pfiff. Ich starre rüber zum Schiri, sehe seine zurückgegelten Haare, seine streitsüchtigen Nüstern und seinen besorgniserregend arroganten Schädel – und den breiten, käseweißen Streifen an seinem Handgelenk, dort, wo normalerweise seine »I’m the daddy«-Uhr sitzt.
Gibt er den wirklich nicht? Weswegen?
Zur Erklärung zeigt er auf mich, schlägt mit seinen Ellbogen auf und ab. Er wirkt wie ein peinlicher Imitator eines neuen Tanzwahns aus den Clubs an der türkischen Riviera, will aber wohl anzeigen, dass ich im Strafraum ein bisschen zu hart zur Sache gegangen bin. Was nicht stimmt.
Ich habe keinen berührt. Das war ein klares Tor.
Ich fühle mich leer. Wieder einmal. Meine Gedanken wandern zurück. Was war es, das Aram gesagt hat, als er vor Wochen in die Gemächer von El Presidente kam, wo ich gerade versprach, die Meisterschaft zu gewinnen? Er sagte irgendwas in der Richtung, dass es mehr bräuchte, als nur die eigenen Spiele zu gewinnen, dass man mehr als nur das zu schaffen habe. Ist es das, was er meinte? Sicherlich, du kannst dafür sorgen, dass dein Team, dass Die Unbestechlichen eine schwungvoll-synergetische Fußballkultur erlernen. Lass sie nahezu unschlagbar sein. Aber was, wenn die Schiris aus einer anderen Tasche bezahlt werden …
Man hat uns unseren inneren Kern rausgehauen. In den letzten paar Minuten spielen wir wie benebelt.
Es endet 0 : 0. Wir bleiben Zweiter, trotten vom Platz Richtung Auswärtsumkleide. Unsere Jungs sind still. Wir sind gegen eine Wand geknallt. Unser Schicksal liegt nicht mehr in unseren Händen. Ich kann das nicht ab. Denn du beherrschst das Leben und den Fußball nicht, indem du hinnimmst, was andere dir sagen. Du musst sie immer und immer wieder unter Druck setzen, deinen Gegner den halberigierten Schwanz aufs Auge drücken.
»Gibt es noch mehr, was ich tun könnte?«, frage ich mich.
Ja, könnte ich. Ich bin nicht einer gegen elf. Ich kann tiefer graben, muss meine Anstrengungen intensivieren. Vier tote korrupte Spieler, die Sackgasse in Sachen Gola – es ist an der Zeit, einen Move zu machen. Also drehe ich mich in der Umkleide zur Mannschaft um, die immer noch fassungslos ist. »Jungs«, sage ich. »Ich fahre nicht mit euch im Bus zurück. Habe einigen Scheiß zu erledigen. Wir sprechen morgen, beim Training.«
Ich schlüpfe in meine Klamotten. Exzellent. Trete aus der Umkleidekabine. Sehr potent.
Ich gehe unter der Haupttribüne zum Parkplatz, halte mich Richtung Straße, tätige währenddessen einen Anruf. Einen Anruf für Mister Oberboss höchstselbst. Ich bin ein bisschen nervös – gebe ich zu –, weil ich hier ein großes Stück Käse jage. Aber bei drei noch ausstehenden Saisonspielen verlangt es die Situation, dass ich den dreistesten aller Moves mache.
»Ah, Mister King«, Lazor Durans Brummen kommt durch das Telefon, »ich dachte, Sie ignorieren mich.«
»Habe ich. Aber wir müssen reden.«
»Haben Sie sich endlich entschieden, bei Dynamo zu unterschreiben?«
»Wie ich sagte, wir müssen reden.«
Obwohl ich nicht wirklich weiß, worüber. Ich will ihm nur in die Augen sehen, über Korruption sprechen, sehen, was er sagt. Ein
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