Euro Psycho
okay, hier sind wir.
Und da ist er. Amtlich reingesetzt in einen Aria-Art-072-Stuhl von Geicci in Turteltauben-Polypropylen: Lazor Duran. Er sieht mich, beendet sein Telefonat, steht auf, tritt hinter dem Tisch hervor.
»Mister King«, sagt er sehr respektvoll.
Er schüttelt mir die Hand, fester Griff trotz seiner dicken Finger.
Er hat eine Flasche Château d’Yquem 1975 am Start, präsentiert seine Mondphasen-Uhr von Picard-Cadet und seine zweifarbenen Ducker’s Budapester. Und ja, okay, er ist Eton und Oxford und großes, großes Geld. Aber vertreibt das die Kriegsherren-Gene darunter? Nein. Weil seine Veredelung nichts anderes ist, als würde man einem Hund ein Kleid anziehen. Nach einer Woche in der Wildnis wird er nach billigem Wein schreien, nach Schweiß und seiner Kusine, und er wird Dörfer brandschatzen in Bart und mit Flinte.
Er lächelt. Ich schnuppere. Er hat Joie de Kev drauf, mein Aftershave. Versucht er, mich weich zu kochen, mich auf seine Seite zu bringen, indem er es aufträgt? Denkt er, ich würde bei ihm unterschreiben?
»Mister Duran«, sage ich, setze mich hin, platziere meine Ellbogen auf der fein geschliffenen Tischoberfläche.
»Ich habe mir die Freiheit genommen, das zwölfgängige Molekular-Küchen-Schnuppermenü zu ordern, Mister King.«
»Klingt ein bisschen nach …«
»Ein bisschen nach was, Mister King?«
»Na ja … Scheiße.«
»Wieso das?«, fragt er nervös. Habe ihn gerade auf dem falschen Fuß erwischt.
»Molekulare Speisen, Emulsionen, Vakuumgaren und die Möhre mit einem Laser von ihrem Geschmack zu trennen, all dieser Scheiß – das ist out. Während Schlichtheit, wissen Sie, eine einfache Futtersuche an einem skandinavischen Strand nach regionalem Muzzelwort und Strickkraut – das ist in.«
»Wollen Sie es nicht mal probieren, Mister King?«
»Ich probier’s aus. Wo wir schon mal da sind.«
Wie bestellt kommen zwei Kebabs mit Puterherzen und Granatapfel-Kissel an Walnusspaste. Und als der Kellner einen Schuss von dem D’Yquem in mein Glas schenkt, drehe ich meinen Kopf und werfe den zwei Ami-Girls ein Funkeln zu.
»Das beste und exzentrischste Restaurant in meinem Land«, sagt Duran an. »Das geistige Kind von Kochkünstler Ruben Orbali.«
Ich sage: Fickt euch alle.
Er lacht. »Also … Sie wollten mich sehen, Mister King?«
»Sie wollten mich zuerst sehen.«
Darüber lacht er, als ob ich ein Kind bin. Das scheint ihm Selbstvertrauen zu geben.
»Ja, kommen Sie und spielen Sie für Dynamo, und ich werde Ihr Gehalt verdoppeln.«
»Wie wäre es mit mir als Trainer?«
»Glaube nicht, dass es meinen aktuellen Trainer erfreuen würde.«
»Dann schmeißen Sie ihn raus. Hat er denn jemals was gewonnen?«
»Serie A, La Liga, die Champions League. Den FA Cup. Die Henri-Delaunay-Trophy …«
»Früher oder später wird man ihm auf die Schliche kommen.«
Er lächelt süffisant: »Also, Sie möchten nicht kommen und für uns spielen, Mister King?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber deswegen bin ich nicht hier.«
»Gut, es geht offenbar nicht ums Essen oder um meine Gesellschaft. Also worum geht’s?«
»Haben Sie den Wichser bezahlt, um mich zu bestechen?«, kann ich nicht wirklich fragen. »Haben Sie meine Karriere gefickt? Die Heiligkeit des Fußballs entehrt?«, kann ich auch nicht fragen. Denn was wird er dazu sagen? Ein schlichtes Nein. Klar. Und wenn ich dann über den Tisch lange, ihn beim Schlafittchen packe, um die Wahrheit aus ihm rauszuwürgen – oder rauszuschlitzen –, werden seine Bodyguards einschreiten, ehe ich zum Abschluss kommen kann.
Selbst wenn Lazor es getan hat, wenn Lazor sogar zugibt, es getan zu haben, und selbst wenn ich seinen Handlangern entkommen kann, was dann? Gut, ich hätte meine Rache bekommen, aber meinen Beweis hätte ich nicht. Und es sind Beweise, die ich brauche, um meinen Ruf wiederherzustellen.
Und was war das, was Craggsio gesagt hat, als wir hier damals ankamen? Der größte Fisch braucht die sanftesten Hände. Was bedeutet, dass du dich vorsichtig durchmogeln musst, um an die großen Jungs zu kommen. Also werde ich es mit Lazor auf die weiche Tour versuchen. Ich rede drum herum, um ein Gefühl für ihn zu bekommen. Zuerst Beweis, dann Rache.
Also: »Ich will ein echtes Finish«, sage ich.
»Was?«
»Lassen Sie die Schiedsrichter im Saisonendspurt einfach ihren Job machen. Sie wollen doch wissen, ob Sie wirklich das bessere Team sind.«
»Wir sind das bessere Team.«
»Beweisen
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