Euro Psycho
haben nicht die Russen die Einfuhr des Dual-Action-Akne-Treatments aus der Effaclar-Serie von La Roche-Posay verboten?«
Nico dreht sich weg vom Spiegel, um mir ins Gesicht zu sehen.
»Ja, Kumpel, haben sie. Ich google den Scheiß.«
Nico tritt vor, alle Jungs tun das, für unsere rituelle Team-Peniswaschung. Sie sind geladen, wollen unbedingt da raus, um Rache zu nehmen für die Demütigungen der Geschichte.
Wir werden dieses Spiel gewinnen. Das sehe ich in ihren Augen.
Reine Formsache.
Player Impact Engine
»Sie haben mich nicht absichtlich fallen gelassen. Aber als Zatik das zweite reingeknallt hat …«
»… sind sie komplett durchgedreht?«
»Sind sie.«
»Wer wäre das nicht, Craggsy«, sage ich. »Es war immerhin die Todesgruppe.«
Ich sehe von seinem Krankenhausbett in die Dunkelheit draußen vor dem Erdgeschossfenster.
»Die Fans haben einfach die Galeone in die Luft geschleudert und …«
»Mann über Bord!«, schreie ich plötzlich, auch wenn ich das nicht tun sollte. Nicht wirklich. Weil Craggsy anständig zu mir war, als ich in Spanien im Arsch war. Deshalb habe ich für seine erstklassige Behandlung geblecht. Ich habe einige Anstrengungen für Craggsy auf mich genommen – ich glotze ihn an, so verlassen in seinem Ganzkörpergips. Ich besuche ihn immerhin, oder? Nicht, dass meine Motive völlig aufrichtig wären.
»Craggs?«
»Ja, Kingy.«
»Ich werde jetzt für eine Weile rausgehen. Aber sollte aus irgendeinem Grund – später, meine ich – irgendjemand fragen, ich war die ganze Zeit über hier.«
»Du warst die ganze Zeit hier«, antwortet er schwächlich.
»Richtig.«
Er runzelt die Stirn, dreht sein Gesicht weg von mir, schließt seine Augen. Ich warte, bis er eingenickt ist. Dann hole ich einen Staedtler-Triplus-323-Fasermaler-Stift raus, zeichne einen großen Schwanz auf seinen Gips und gehe rüber zum Fenster. Ich öffne es, klettere auf den Sims, schlüpfe raus und lasse mich in die Gasse fallen. Wenn es wenigstens eine Gasse wäre – es ist ein Rosenbusch.
Ich befreie mich aus den Dornen, stolz darauf reibungsresistene, reißfeste und langlebige Blackhawk!- TNT -Ops-Kampfhosen zu tragen, ideal für den waffenführenden Profi, sei es außerhalb des Einsatzes – sagen wir in einem »San Pellegrino«-Top-50-Restaurant – oder im Einsatz, wie ich es heute Abend bin.
Ich verlasse das Krankenhausgelände, trabe zu Fuß in die Stadt, halte mich im Dunkeln, bleibe im Schatten. Da ist es, das Donezk Palace Hotel, das eine harmonische Mischung aus Komfort und Bequemlicheit bietet, aus klassischem Chic und moderner Eleganz. Der Ort, an dem El Presidente, Duran und Shish residieren.
Ich gehe am glitzernden Vordereingang vorbei und schleiche mich – still, unbemerkt – von hinten an. Ich muss herausfinden, wer hinter den Manipulationen steckt, und ich muss es pronto machen, ehe die Euro höchstselbst zerstört ist. Deshalb habe ich Mohammed in den Wind geschossen. Meine Vorsicht ist groß wie ein Berg. Ich bin hierhergekommen, weil ich auf der Suche nach Beweisen bin.
Ich reiße die Tür mit dem Special-Ops-Aufbrech-Tool auf, trete in den in Neonlicht schimmernden Gang. Schleiche durch die Küche, an den Wänden entlang, völlig unbemerkt von den gehetzten Köchen. Ich dränge Richtung Restaurant, glotze an zurückgebundenen französischen Seidenvorhängen vorbei in den Speisesaal, lausche dem übersprudelnden Gemurmel der Gäste.
Es ist ein äußerst auffälliges Blutrot- und Elfenbein-Farbschema. Sehr viel schweres Rokoko-Brokat. Neben einem ausgestopften Bären steht ein lackierter Hutständer aus der Qing-Dynastie. Ein in Smokings gewandetes Streicher-Quartett sorgt für das nötige Ellbogenwackeln neben der Tür.
Wirklich sehr nett. Ich habe das Gefühl, in einem kamtschatkischen Harem zu sein.
Aber. Entscheidend. Futtert irgendeiner meiner Verdächtigen hier?
Man würde hoffen, dass sie es tun.
Ich scanne die Tische, entdecke irgendeinen Gangster-Muckibuden-Affen, aus dessen stoppeligem Kopf die Worte »Mein Geld fließt aus Erpressung« kommen. Ich bemerke, dass er gerade dabei ist, eine Kaviar-Dill-Kartoffel samt einem Trüffelcreme-Klößchen hinunterzuschlingen … Verdammte Scheiße noch mal …
Denn es ist nur ein weiterer Ort für molekulare Gastronomie hier im Donezk Palace. Was mich anpisst. Angesichts der Tatsache, dass die ganze dekonstruktivistische Fress-Blase ohnehin längst geplatzt ist.
Ich habe das alles schon einmal gesagt, oder es zumindest
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