Eve & Adam (German Edition)
nenne. Einem müden, wissenden, traurigen Blick, der so viel sagt wie: Ich bin ein schwarzes Schaf, ich habe ständig Pech im Leben, das ist mein Schicksal und du kannst mir nicht wirklich helfen.
Wütend wende ich mich ab und sage Solo, er solle Aislin und Maddox beim Haus von Aislins Eltern absetzen.
Was treibt einen eigentlich dazu, sich selbst zu zerstören?
Die Auswirkungen einer schrecklichen Kindheit? Manchmal. Doch Aislins Kindheit war nicht schrecklich. Ihre Eltern streiten sich, aber das tun viele Eltern. Sie sind nicht reich, haben jedoch genug Geld. Auf jeden Fall genug, um Aislin auf unsere versnobte Privatschule zu schicken. Und um immer frisch gebräunt zu sein.
Ihre Mutter ist eine schwache, verwirrte und unbedeutende Frau – das absolute Gegenteil meiner Mutter. Niemand hat Terra Spiker je schwach genannt.
Es ist nicht so, dass Aislin missbraucht worden wäre. Das wüsste ich, wir haben keine Geheimnisse voreinander.
Ihr Vater ist genauso wie sie: witzig und charmant und – wie soll ich sagen? – experimentierfreudig. Aber er liebt Aislin und das weiß sie auch.
Ihre Eltern sind viel beschäftigt, nicht immer da, nicht perfekt. Willkommen im Club.
Aber was ist es dann?
Liegt es an der DNA ? Ist die verdrehte Doppelhelix der alles beherrschende Code, den wir nicht überlisten können? Trägt Aislin irgendwo tief in sich ein Chromosom, das sie zu einem unglücklichen Leben mit Losern wie Maddox verurteilt?
Andererseits hat Aislin wenigstens eine Beziehung.
Autsch, das ging nach hinten los. Ich streite jetzt mit mir selbst, während wir weiter durch die Straßen fahren und nach Aislins Haus suchen.
Ja, sie hat eine Beziehung. Eine schlechte Beziehung.
Ist eine schlechte Beziehung besser als gar keine?
Es besteht doch keine Eile. Ich bin kein Becher Sahne mit aufgedrucktem Verfallsdatum. Ich kann warten, bis ich den Richtigen treffe.
Meine innere Stimme antwortet: Du meinst den perfekten Partner ohne jeden Fehler. Den gibt es nicht.
Wir setzen Aislin ab. Ich winke sie noch zu meinem Fenster und sage in einem lauten Flüsterton, was Maddox immerhin taktvoll überhört, dass sie sofort zu Spiker rauskommen und bei mir bleiben soll. Ich bitte sie und flehe sie an und weiß doch, dass ich meine Zeit verschwende.
Ich sehe Aislin und Maddox im Haus verschwinden. Aislin winkt mir ermattet zu, dann schließt sie die Tür.
Ich trete mit DEM Bein gegen die Innenverkleidung des Wagens. »Manchmal treibt sie mich in den Wahnsinn.«
»Dein Bein scheint dich überhaupt nicht mehr zu behindern«, bemerkt Solo.
»Was?« Er hat Recht, das habe ich ganz vergessen. »Stimmt, aber ich habe gerade andere Sorgen.«
Er erwidert meinen Blick, als wartete er auf etwas. Ich habe plötzlich den absurden Einfall, er könnte vorhaben, mich zu küssen.
»Untersteh dich«, sage ich. »Ich werde nicht plötzlich deinem Charme verfallen.«
Er hebt die Augenbrauen. »Wie, dachtest du etwa, ich wollte dich anbaggern?«
»Nein, natürlich nicht …«, setze ich an, bereits auf dem Rückzug.
»Hör auf, deine Gefühle in mich reinzuprojizieren.«
Autsch, was für eine Abfuhr!
Darauf fällt mir keine Antwort ein. In drei Stunden wahrscheinlich schon, nur dass es dann zu spät ist und keine Rolle mehr spielt.
»Ich dachte nur, vielleicht fängst du langsam an, eins und eins zusammenzuzählen.« Solo fährt an. »Wenn du natürlich darauf bestehst, dich an mich ranzuschmeißen, bitte.«
»Ich denk nicht dran.«
»Aber es müsste von dir kommen«, sagt er. »Du bist die Cheftochter, du müsstest den ersten Zug machen.«
»Da kannst du ganz beruhigt sein«, sage ich. Und stelle das Radio auf volle Lautstärke.
17
EVE
Unbemerkt zurückzukehren ist leichter, als ich gedacht habe. Aber nach dem, was ich erlebt habe, bin ich aufgewühlt, müde und durcheinander.
Solo bringt mich in die Klinik, wo man sich offenbar ziemlich aufgeregt hat, weil die Tochter der Chefin verschwunden war.
Zum Glück verbringt meine Mutter den ganzen Tag in einer Wellness-Einrichtung. Sie ist nicht erreichbar, wenn sie sich entgiften, verjüngen oder sonst wie aufmöbeln lässt.
»Ich habe mich nur ein wenig in der Firma umgesehen«, versichere ich Dr. Anderson.
»Du solltest im Bett liegen«, schimpft er. »Du bist nicht in der Lage, hier herumzustreunen.«
Oder die Mitglieder einer Gang zu jagen, füge ich stumm hinzu.
Als das ärztliche Personal beruhigt ist, fährt Solo mich zu dem Arbeitsplatz, an dem Projekt 88715
Weitere Kostenlose Bücher