Eve & Adam (German Edition)
weil …?«
»Weil er Tad heißt!«, sage ich ungeduldig. »Wie kann man mit einem Typ ausgehen, der so heißt? Das ist doch ein alberner Name.«
»Chet auch.«
»Chet? Ich soll mit einem Typ namens Chet ausgehen? In welchem Jahr leben wir denn, 1952? Heutzutage heißt niemand mehr so.«
»Hm-hm.«
»Ich muss jetzt die Beine machen«, erwidere ich kalt.
»Mach sie kurz und krumm.«
»Du weißt, dass ich das nicht tue.«
»Ja, das weiß ich!«, ruft Aislin triumphierend. »Du machst sie lang und muskulös. Du schiebst den Lifestyle-Regler ganz nach oben bis zum Läufer-Ass.«
»Tu ich nicht.«
Aber natürlich läuft es letzten Endes genau darauf hinaus. Adam bekommt lange Beine, muskulöse Schenkel und schöne Waden.
Er besteht jetzt aus drei nicht zusammenhängenden Teilen: einem Bein, noch einem Bein und dem Rumpf mit dem Kopf.
Zwischen den Teilen ist ein gewisser, wie soll ich sagen, leerer Raum.
»Das unentdeckte Land«, deklamiert Aislin wie in einem Dokumentationsfilm.
»Möchte jemand Muffins?«
Solo kommt herein und schiebt den Kaffeewagen vor sich her.
»Na endlich.« Aislin winkt ihn zu sich.
Ich habe einige endlos lange Sekunden Zeit zu überlegen, was peinlicher ist: ein riesiges Bild von Adam, auf dem einige Körperteile fehlen, oder ein Adam, an dem alles dran ist.
»Wie geht’s, Aislin?«, fragt Solo. Er blickt nicht einmal in meine Richtung.
»Schon besser.« Sie mustert ihn von Kopf bis Fuß und nimmt sich einen Donut.
»Ich habe gehört, du bist aus der Klinik ausgezogen«, sagt Solo und sieht mich zum ersten Mal an.
»Es gab keinen Grund mehr zu bleiben«, erkläre ich ausdruckslos. »Du weißt ja, ich bin biologisch gesehen ein ziemlicher Freak.«
»Ja dann … Ich habe heute den ganzen Tag Kaffeewagen-Dienst«, sagt Solo, als wäre alles nur eine Lappalie. »Da dachte ich, ich komme mal vorbei. Vielleicht braucht ihr ja was. Chips? Snickers?« Er hält kurz inne und betrachtet den unfertigen Adam. »Hotdog?«
Aislin beugt sich mit ernster Miene vor. »Hast du etwas Herzhafteres als einen Hotdog? Zum Beispiel eine Krakauer? Italienische Wurst? Salami am Stück?«
Sie begleitet ihre Worte mit eindeutigen Gesten.
Solo wird rot. Beim Flirten mit Aislin übersteht er nur eine Runde, danach gehen ihm die Worte aus.
»Er ist schüchtern«, erklärt Aislin an mich gewandt, als wäre Solo gar nicht da. »Ich weiß nicht, sollen wir Adam schüchtern machen? Es ist irgendwie süß.«
»Ich nehme ein Sandwich«, sage ich. »Keine Salami, mit Pute.«
Solo nimmt ein Putensandwich vom Wagen, gibt es mir und greift nach einer Serviette. Die Serviette fällt auf den Boden. Ich strecke automatisch die Hand danach aus, aber Solo kniet schon. Er hebt die Serviette auf und streckt sie mir hin.
Als ich sie nehmen will, hält er meine Hand einen Moment lang in seiner und gibt mir mit der Serviette noch etwas.
Etwas Kleines, zwei, drei Zentimeter lang, hart und rechteckig.
Unsere Blicke treffen sich.
Solo steht auf.
»Gestern Abend habe ich gesehen, dass du einen Laptop im Zimmer hast«, sagt er leise. »Ein MacBook Pro. Nicht unbedingt das neueste Modell, was? Noch mit USB -Anschluss.«
Jetzt weiß ich, was er mir eben gegeben hat. Einen USB -Stick.
Ich kann ihn aus der Serviette herausnehmen, ansehen und Solo zurückgeben. Ich kann das, was Solo vorhat, an dieser Stelle beenden.
Ich zerknülle die Serviette auf meinem Schoß, damit Aislin nichts sieht. Mit einem Blick nach unten vergewissere ich mich, dass es sich wirklich um einen Stick handelt. Er hat ein kleines Apple-Logo.
Solo ist gegangen, bevor ich noch etwas sagen kann.
Aislin sieht ihm nach und erfreut sich mit ihrem erfahrenen Kennerauge an seiner Rückansicht. »Wenn du nicht zugreifst, E.V., tu ich es vielleicht.«
Ich habe Herzklopfen und fühle mich unbehaglich. Ich weiß nicht, was auf dem Stick ist, aber ich weiß, es ist streng geheim.
Das Geheimnis eines Jungen, der meine Mutter hasst.
Bald kann ich nach Hause, sage ich mir. Dann habe ich mich an die Abmachung mit Mom gehalten.
Und bin vor Solo sicher.
»Ich muss mal pinkeln«, verkündet Aislin. »Bin gleich wieder da.«
Sobald sie draußen ist, wickele ich den Stick aus der Serviette und betrachte ihn. Sieht ganz normal aus. Trotzdem habe ich irgendwie Angst davor.
Ich wickle ihn wieder ein und stecke ihn in die Tasche meines Sweaters.
Adam schwebt in seiner ganzen Großartigkeit vor mir. Mein unvollendetes Meisterwerk.
Plötzlich spüre ich wieder
Weitere Kostenlose Bücher