Eve & Adam (German Edition)
sie nur zweitklassig. Deine Eltern waren der Kopf hinter Spiker-Plissken-Bio, wie das Verfahren heißen sollte.«
Er schnalzt mit der Zunge. »Sie wären ja so enttäuscht von dir. Sie haben die Wissenschaft immer über alles andere gestellt. Sie wussten, dass gesellschaftliche Skrupel letztlich bedeutungslos sind.«
Die anderen nicken heftig. Wahre Gläubige und überzeugte Anhänger.
Nicht von Terra Spiker, sondern von meinen Eltern.
»Sie wussten auch, was man damit verdienen kann«, sagt Tommy. »Dank ihrer Arbeit – und natürlich der Benutzeroberfläche ihres ehemaligen Schülers – können wir Menschen auf Bestellung erschaffen. Weißt du, was die Leute dafür zahlen werden? Wir können völlig neue Menschen erschaffen. Wir können Doppelgänger anfertigen. Oder wir lassen unsere Kunden selbst an den Rechner, damit sie jemanden nach ihrem eigenen Geschmack, in dem gewünschten Alter entwerfen. Gegen Geld kannst du Gott spielen.«
»Außerdem können wir alle Erbkrankheiten für immer beseitigen«, fügt Dr. Chen hinzu. »Hass und Feindschaften besiegen.«
Tommy macht eine abschätzige Handbewegung. »Ja, ja, die Welt retten. Und viele Milliarden Dollar verdienen.«
»Die Welt besser machen«, erklärt Dr. Anapura.
Tommy seufzt. »Was auch immer, das reicht jetzt.«
Ich höre ihn reden und weiß, was er meint. Aber ich kann nur an eines denken: an das, was er über meine Eltern gesagt hat.
»Meine Eltern …« Ich weiß nicht, wie ich den Satz beenden soll.
»Sie waren Genies, junge Götter«, sagt Tommy. »Aber Terra fand heraus, mit was sie sich beschäftigten, dass sie nicht mehr nur theoretisch an dem Projekt arbeiteten, und stoppte sie. Sie vernichtete ihre Arbeit! Sie löschte ihre Festplatten und verbrannte alle Ausdrucke.«
»Terra hat ihre Arbeit vernichtet?«, frage ich.
Tommy wirft die Hände in die Luft. »Ein Verbrechen! Und dann schickte sie Austin hinter ihnen her. Wir wissen, wie das endete …«
Ich schüttele den Kopf. Nein, das weiß ich nicht.
Tommy will es mir gerade sagen, da ruft Dr. Gold, der sich auf der Suche nach einem Putztuch für seine Brille von uns entfernt hat: Dr. Holyfield, wo ist eigentlich der Junge des Mädchens?«
Tommy starrt mich verwirrt an und ich starre genauso verwirrt zurück.
»Wovon reden Sie da, verdammt noch mal?«, fährt Tommy ihn an.
Dr. Gold kommt wieder zu uns. Er wirkt nicht beunruhigt, nur neugierig. »Ich meine die Testperson: Adam. Er ist nicht mehr da.«
39
ADAM
Evening ist weg. Es dauert eine Weile, bis mir das klar wird.
Inzwischen werde ich ärztlich betreut. Eine Ärztin namens Adele befürchtet, dass ich eine Herzrhythmusstörung habe, und hört deshalb mein Herz ab. Dafür musste ich mein Hemd ausziehen.
Ich sitze auf einer Liege und die Vorhänge um uns herum sind zugezogen, aber weitere Ärzte, Schwestern und Pfleger – Johanna, Laura, Stephanie und Steve – drängen herein und wollen helfen.
»Wie alt sind Sie?«, fragt Dr. Adele.
»Das ist kompliziert«, antworte ich. »Meinen Sie, wie alt ich dem Aussehen nach bin, ober mein richtiges Alter?«
»Ich will nur wissen, ob Sie volljährig sind.«
Die anderen lachen aufgeregt.
Dr. Adele runzelt die Stirn. »Mit wie vielen Jahren ist man eigentlich volljährig?«
»Mit achtzehn«, sagt jemand.
»Sie sind wahrscheinlich noch nicht achtzehn, oder?«, fragt Dr. Stephanie.
»Achtzehn Stunden«, antworte ich hilfsbereit. »Es hängt davon ab, ab wann Sie zählen.«
»Er sieht aus wie achtzehn«, befindet Krankenpfleger Steve.
Der Vorhang geht auf. Evening und ein Mädchen stehen davor.
Ich habe das Mädchen in meinem Gedächtnis gespeichert. Sie heißt Aislin.
»Finden Sie?« Evening sieht Dr. Adele böse an, die ihr Stethoskop senkt und etwas murmelt, was ich nicht verstehe.
»Das ist doch … oh mein Gott, das bist ja du!« Aislin wirkt irgendwie überrascht.
Evening sagt: »Komm, Adam, wir gehen!«
»Das bist ja du«, wiederholt Aislin.
»Ja, das bin ich.« Ich vermute, sie wollte einen Scherz machen. »Ich heiße Adam. Adam …«
Mir fällt ein, dass ich meinen Nachnamen gar nicht weiß. Die Ärzte haben alle einen Nachnamen. Er steht auf ihren Schildern. Offenbar hat jeder Mensch einen Nachnamen, also sollte ich auch einen haben. Aber Terra Spiker hat mir keine entsprechenden Informationen mitgegeben.
»Lass uns gehen!«, sagt Eve ungeduldig.
Aber ich sitze da wie erstarrt. Wie sonderbar. Wie ungeheuerlich. Hier sind so viele Menschen
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