Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt
einem Parkplatz voller verrosteter Autos vorbei, an einem ausgetrockneten Pool, einer langen Reihe verlassener Häuser. »Ich kann dich bis zur Ecke bringen«, sagte er und hielt meine Hand fest. Er nickte in Richtung der nächsten Straßenkreuzung.
Ich fühlte die Karte in meiner Hosentasche, jeder Schritt brachte uns dem Abschied näher. Ich würde ihn bald wiedersehen. Trotzdem schauderte ich bei dem Gedanken, allein in meinem Bett zu liegen, zwischen den kalten glatten Laken. »Es sind nur zwei Tage«, sagte ich laut und war nicht sicher, wen ich damit trösten wollte.
»Genau«, bestätigte Caleb. Während wir auf die Kreuzung zugingen, richtete er den Blick auf die Straße. »Das ist wirklich nicht so lange«, sagte er, klang jedoch nicht überzeugt.
Wir hatten fast die Ecke erreicht. Er würde nach rechts abbiegen und weiter in die Außenbezirke laufen, ich nach links, zurück zum Palast. Als wir nur noch wenige Meter entfernt waren, zog mich Caleb in einen Hauseingang in einer engen Gasse, die ungefähr einen halben Meter breite Türschwelle war gerade tief genug, dass wir uns beide hineindrücken konnten. Er umfasste mein Gesicht mit den Händen, sein Gesichtsausdruck war in der Dunkelheit kaum zu erkennen. »Ich glaube, wir müssen uns verabschieden«, flüsterte er.
»Ich glaube auch«, sagte ich leise.
Er küsste mich, seine Finger umfassten mein Kinn. Meine Arme umklammerten seinen Rücken, als ich mich enger an ihn schmiegte. Seine Hände fuhren durch mein Haar. Mein Herz schlug schneller, als er einen Finger in meinen Ausschnitt schob und den Bogen meines Schlüsselbeins nachfuhr. Er beugte sich zu mir herunter und ich küsste seine geschlossenen Augenlider, die winzige Narbe auf seiner Wange.
Irgendwo in der Ferne hatte ein Jeep eine Fehlzündung, das Bumm! riss mich aus meinen Träumereien.
»Ich muss gehen … Wir müssen gehen«, hauchte ich.
Ich machte mich als Erste los, wenn ich jetzt nicht ging, würde ich es nie tun. Ich drehte mich um und drückte seine Hand ein letztes Mal.
NEUNZEHN
Clara stellte ihren Teller neben meinen und spritzte dabei Tomatensauce auf die weiße Tischdecke. »Du siehst müde aus«, sagte sie kühl und versuchte, mir in die Augen zu sehen. »Spät schlafen gegangen?« Ihr kurzes blaues Kleid war zu eng, die Seide warf an den Nähten Falten.
»Nein, überhaupt nicht.« Ich setzte mich aufrecht. Clara konnte höchstens meinen Rücken gesehen haben, als ich durch die Treppenhaustür rannte. Sie konnte nicht sicher sein, dass ich es gewesen war.
Charles und der König hatten soeben das rotblaue Band des neuen Marktes durchschnitten, eines riesigen Gartenrestaurants rings um die großflächigen Palastteiche. Die Gäste aßen an Tischen auf einer Steinterrasse oder bummelten zu verschiedenen Ständen. Über uns ragten Säulen mit grünen Buchsbaumskulpturen und herunterhängenden lila Blüten auf. Sie waren von Statuen geflügelter Löwen und sich aufbäumenden Pferden geschmückt. Die zeltähnlichen Stände – »Cabanas« genannt – hatten Verkaufstresen und boten marokkanische Oliven, polnische Würste und frische Crêpes mit Erdbeeren und Schlagsahne feil.
Rose saß auf der anderen Seite des Tisches und sah aus, als würde sich ihr Gesicht jeden Augenblick auflösen. Pinkfarbenes Rouge hatte sich in ihren Falten gesammelt und unter ihren Augen deuteten sich dunkle Ringe an. Sie starrte auf Claras halb leeren Pastateller. »Kenn dein Limit«, flüsterte sie und legte die Hand auf Claras Gabel. »Du bist zu schön, um dich gehen zu lassen.« Clara sah weg, ihre Wangen färbten sich tiefrot.
»Wir sind äußerst zufrieden mit dem Resultat«, sagte der König laut, als er, Charles neben sich, auf uns zuschlenderte. Er sprach mit Reginald, dem Pressesprecher, der ein Notizbuch in der Hand hielt. »Als wir Paris, New York und Venedig nachgebaut haben, war das eine Hommage an die großen Städte der vergangenen Welt. Dieser Markt ist eine Fortführung dessen, ein Ort, an dem die Bewohner all die Köstlichkeiten probieren können, die wir früher genossen haben. Die Zeiten sind vorbei, in denen man einfach in ein Flugzeug steigen und nach Europa, Südamerika oder Indien fliegen konnte.« Er deutete auf eine Ecke des großen Marktplatzes. In Zeltbuden standen dampfende Wagen mit Klößchen, Fleisch und winzigen Rollen aus klebrigem Reis und Fisch. »Mein Favorit ist Asien. Hätten Sie sich jemals träumen lassen, wieder Sashimi zu essen?«, fragte der König.
Als
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