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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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mich gefragt, ob er nachts in meine Suite gekommen war, ob er den Kissenberg unter der Decke gefunden hatte. Doch er wirkte so ruhig, seine Stimme war gleichmäßig, selbst als er die Veranstaltungen des Tages erwähnte.
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Habe ich nicht.« Ich wandte mich wieder meinem Essen zu und spießte einen Kloß auf, doch Clara bohrte weiter.
    »Ich hab dich im östlichen Treppenhaus gesehen.« Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich vor. »Du liefst die Treppe hinunter. Als ich deinen Namen rief, bist du stehen geblieben.«
    Der König drehte sich zu mir. »Stimmt das?«
    »Nein«, beharrte ich und versuchte, meine Stimme ruhig klingen zu lassen. Meine Kehle war mit einem Mal trocken, die Hitze des Tages erdrückend, meine Haare klebten mir im Gesicht und am Hals. »Das war nicht ich. Ich habe keine Ahnung, wovon sie redet.«
    »Oh«, sagte Clara, ihre Stimme ein Singsang. »Ich denke, das weißt du sehr genau.«
    Alle Augen waren auf mich gerichtet. Die Sonne brannte auf mich herab, die Luft war stickig und kein Lüftchen regte sich. Der König musterte mit düsterer Miene mein Gesicht. Es war die Sache wert gewesen, auch wenn es nur ein paar Stunden mit Caleb waren. Aber wäre ich doch bloß nicht auf der Treppe stehen geblieben, sondern hätte Claras Rufe einfach ignoriert! Ich zuckte leicht mit den Schultern und wandte mich wieder meinem Teller zu, die Worte steckten mir im Hals.
    Der König beugte sich zu mir herüber, seine Hand lag schwer auf meinem Arm. »Du darfst den Palast nicht verlassen«, flüsterte er. »Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Ich dachte, du hättest das verstanden.«
    »Aber ja«, brachte ich heraus. »Ich war ja auch nicht draußen.«
    Am Tisch war es still. Clara öffnete den Mund, um weiterzureden, doch Charles fiel ihr ins Wort. »Haben Sie schon den Brunnen draußen vor dem Wintergarten gesehen?«, fragte er und schenkte mir ein kleines Lächeln. »Den wollte ich Ihnen nämlich zeigen. Wenn wir jetzt gehen, können wir es noch zur nächsten Vorführung schaffen.« Er sah über den Tisch zum König. »Gestatten Sie, dass ich Ihre Tochter für eine Weile entführe?«
    Bei dem Vorschlag entspannte sich das Gesicht des Königs. »Ja – geht nur, ihr zwei. Viel Spaß.«
    Während sie uns beim Aufbruch zusahen, wandte sich Reginald, noch immer das Notizbuch in der Hand, an Clara: »Vielleicht haben Sie ja einen der Palastmitarbeiter gesehen?«, fragte er.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, zischte Clara. Sie sah zu Rose, die ihr mit einem Kopfschütteln bedeutete, nicht weiter darauf herumzureiten.
    Ich folgte Charles über den Marktplatz, um die großen funkelnden Teiche herum, dankbar, den Fragen am Tisch entronnen zu sein. Er führte mich durch die Marmorhalle des Palastes, in der noch immer die mit grauen Tüchern verhüllten alten Spielautomaten standen. Zwei Soldaten folgten uns die ganze Zeit, sie liefen im Gleichschritt mit uns, ihre Gewehre hingen ihnen über den Rücken. »Es tut mir leid«, sagte er, als wir in die Sonne traten. Wir liefen über eine schmale Brücke zu einer hohen Fontäne auf der Promenade.
    »Was tut Ihnen leid?«, fragte ich.
    »Ich habe das Gefühl, dass es etwas mit mir zu tun hatte.« Eine dicke schwarze Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht. Er lächelte, als er sie mit den Fingern zurückstrich.
    »Nicht alles hat etwas mit Ihnen zu tun«, schnauzte ich ihn an. Einige Passanten drehten sich um und beobachteten uns, die Soldaten machten ihnen klar, Abstand zu halten.
    »Wollten Sie nicht eigentlich sagen: Danke, Charles, dass Sie mich vor dieser Inquisition gerettet haben?« Er hielt verteidigend die Hände in die Höhe. »Ich meine ja nur. Vielleicht – nur vielleicht – ist Clara ein bisschen in mich verliebt. Zumindest macht es den Eindruck seit … schon immer.«
    Ich blickte ihn an. Charles’ Gesicht war so ernst, seine blassen Wangen gerötet. Ich musste loslachen. »Vielleicht haben Sie recht«, räumte ich ein. Selbst wenn Clara mich letzte Nacht hatte davongehen sehen, interessierte es sie vermutlich nur bedingt, was ich in meiner Freizeit tat. Sie schien sich eher daran zu stören, dass Charles während der Mahlzeiten neben mir saß, oder an der Art, wie er sich zu mir vorbeugte, wenn er mit mir sprach, und nur wenige Zentimeter Abstand hielt.
    »Wir sind zusammen in der Stadt aufgewachsen«, fügte er hinzu. »Die letzten zehn Jahre waren wir die jüngsten Palastbewohner. Clara ist sehr klug. Sie

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