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Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden

Titel: Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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die sich meinem Vater widersetzen?« Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, als die einzelnen Stockwerke an uns vorbeiflogen, erst eins, dann zehn.
    Charles strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich denke nicht, dass wir auf solche Methoden zurückgreifen werden. Sie sollten zumindest einen Prozess bekommen. Es gilt die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen ist, war es nicht so?«
    »War es nicht so« ,wiederholte ich. »Vergangenheitsform. Ich glaube nicht, dass mein Vater sich jetzt lange mit Prozessen aufhalten wird.«
    Wir sahen zu, wie die Zahlen nacheinander aufleuchteten und damit die Geschwindigkeit unserer Abwärtsbewegung dokumentierten. Als die Türen sich zur Lobby hin öffneten, klang es, als sei die Menschenmenge ins Innere des Palasts vorgedrungen. Auf der Straße gleich hinter den Springbrunnen schrien die Leute. Ich konnte kein einzelnes Wort ausmachen; die Rufe vermengten sich und hallten von den Marmorwänden des Eingangsbereichs wider, sodass es klang, als würde ein Zug auf uns zudonnern. Hannah und Lyle, zwei Palastbedienstete, hatten ihre Posten an der Rezeption verlassen und standen vor den Glastüren, um sich einen Überblick über das Geschehen dort draußen zu verschaffen. Sämtliche Farbe war aus ihren Gesichtern gewichen.
    »Das ist die Hölle«, sagte Hannah. »Ich kann nicht glauben, dass sie das wirklich durchziehen. Das können sie nicht tun.« Lyle, der sich oft um die Autos kümmerte, die vor dem Palast vorfuhren, hatte den Arm um sie gelegt. Seine Hand umklammerte ihre Seite, um sie aufrecht zu halten. Ich rannte auf sie zu und stürmte durch die Eingangstür. Gleich hinter den Springbrunnen war die Rückseite des Podests zu sehen. Es war rund anderthalb Meter hoch und an den Seiten verkleidet, sodass der untere Teil nicht zu sehen war. Zwei Masten erhoben sich aus seiner Mitte und bildeten ein gewaltiges T. Zu beiden Seiten stand je ein Häftling mit auf dem Rücken gefesselten Händen und einem Seil um den Hals.
    Ich rannte darauf zu, wobei ich über die steinernen Übertöpfe kletterte, die den Palast von der Straße trennten. Es war unmöglich, von hinten zu ihnen zu gelangen – die Rückseite des Podests war von einem Jeep zugestellt, von dessen Rücksitz aus die Soldaten dem Spektakel zusahen, als sei es eine der Straßenperformances, die gelegentlich auf der Hauptstraße stattfanden. Zwei weitere Soldaten hielten die Hände der Gefangenen fest. »Genevieve! Warte!«, rief Charles hinter mir. Aber ich lief bereits auf den Bürgersteig zu, wo sich eine Gruppe von Menschen gegen eine Metallabsperrung drückte, um zuzuschauen.
    »Verräter!«, brüllte ein Mann, der vor dem Podest stand. Er kam aus den Außenbezirken; das konnte ich an seiner zerrissenen Jacke und den schmutzigen Ellenbogen erkennen. Er warf den Kopf zurück und spuckte ihnen vor die Füße.
    Durch die Bäume hindurch konnte ich ein paar flüchtige Blicke auf die Häftlinge erhaschen. Der Mann war groß und dünn, seine Rippen waren durch sein blutiges Hemd zu sehen. Er hatte helle Haut, aber ich erkannte ihn nicht sofort. Erst als ich mich an der Absperrung vorbeigezwängt und unter die Menge gemischt hatte, konnte ich das dicke schwarze Haar erkennen, das in der Stirn von herabrinnendem Blut zu dicken, harten Strähnen zusammengeklebt war. Ein Auge war zugeschwollen und seine Brille fehlte, aber Curtis war immer noch Curtis. Er hielt die Schultern gestrafft und das Kinn hochgereckt, während die Männer in den vorderen Reihen auf ihn einschrien.
    Jo stand direkt neben ihm, mit gefesselten Händen. Man hatte ihr die blonden Dreadlocks abgeschnitten und um ihre Ohren herum war ihr Haar kurzgeschoren. Ihr Shirt war an der Vorderseite zerrissen und gab den Blick auf ihr Dekolleté frei, wo die Haut wund gescheuert war. »Lasst mich durch«, brüllte ich, während ich mir einen Weg durch die Menge und in Richtung des Podests bahnte. »Ich muss da durch.«
    Mit meiner Alltagskleidung und den offenen Haaren, die mir lose über die Schultern fielen, erkannte mich kaum jemand. Die dicht gedrängte Menge schob sich weiter zusammen und jemand rammte mir einen Ellenbogen in die Seite. Ich versuchte, mich durch die Menschenmassen zu kämpfen. Ein grobschlächtiger Riese stützte sich auf mich und ich lehnte mich gegen ihn, um mich vor ihn zu drängen. »Was ist nur los mit euch?«, schrie ich. »Warum unternimmt denn niemand etwas?«
    Ich drängte mich näher heran,

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