Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
Händen. »Die sind auch nicht gerade ideal …«
Bette, ein hochgewachsenes Mädchen mit großen, tief liegenden grauen Augen und dichten Sommersprossen, warf eines der Handtücher auf den Boden. »Die sind widerlich«, murmelte sie. »Und wir haben nur eine Dose gefunden – nur eine. Das reicht nicht für uns alle.«
»Wir können morgen nach mehr suchen«, beschwichtigte ich. »Und wenn nötig, werden wir jagen. Aber wir haben wirklich Glück – wir haben Wasser. Das ist das Allerwichtigste.«
Sarah behielt die Plastikbecher im Auge, die am Rand des Daches aufgereiht waren, und wartete, dass sie vollliefen. Ihr Haar war immer noch nass vom Regen und zu ihren Füßen stapelten sich die leeren Plastikbehälter. »Nicht«, sagte Beatrice, als Sarah die Hand durch das zerbrochene Fenster steckte, indem sie ihr schmales Handgelenk so an den Scherben vorbeimanövrierte, dass sie sich nicht verletzte. »Lass mich das machen.«
»Geht schon«, entgegnete Sarah und hielt ihre Hand hoch. »Siehst du?« Sie griff nach einem weißen Becher mit verblasster Schrift, wobei sie sorgfältig darauf achtete, dass das Wasser nicht über die Ränder schwappte. Dann hob sie ihn vom Fensterbrett und holte ihn herein, um ihn sogleich durch einen leeren Behälter zu ersetzen.
Beatrice lehnte sich an die Wand und unsere Blicke trafen sich für einen kurzen Moment. Ich konnte einige ihrer Gesichtszüge an Sarah wiederentdecken. Sie hatten beide runde, herzförmige Gesichter und ein Grübchen auf ihrem Kinn. Sarah war kleiner und sah athletischer aus als die meisten anderen Mädchen, und sie war die Einzige, die sich bisher noch nicht beschwert hatte – weder über den Regen noch über die Flucht aus der Stadt oder das verlassene Haus.
Wir waren vielleicht zehn Kilometer gelaufen. Die Mädchen waren schnell müde geworden und wir hatten uns gegen den seitwärts wehenden Wind und Regen stemmen müssen. Ich wusste, wir würden nicht weit kommen, aber diese ersten Kilometer außerhalb der Stadt waren die gefährlichsten. Sobald die Überschwemmungen nachließen, wären die Soldaten wieder auf der Straße und würden die Umgebung nach uns durchkämmen. Wir mussten uns jetzt ausruhen und dann am nächsten Morgen, bevor die Sonne aufging, das besiedelte Gebiet über eine der Nebenstraßen verlassen.
Das Obergeschoss des Hauses war fast vollkommen dunkel, nur durch die zerbrochenen Fenster fiel schwaches Licht herein. Eine Ecke des Holzbodens war verzogen und die Dielen waren verfault. Ein paar von den Mädchen saßen auf einer blanken Matratze, zugedeckt mit der einzigen Bettdecke, die wir gefunden hatten. »Ich verstehe das nicht«, sagte Helene, das Mädchen mit den winzigen schwarzen Zöpfen, zu niemand Bestimmtem. Sie hatte einen Stapel T-Shirts in einem Kellerschrank gefunden und einige Mädchen hatten sie angezogen, sodass sie nun seltsam gleichförmig aussahen, mit Ausnahme der drei Mädchen, die in einer Schublade Pullover gefunden hatten. Praktisch jede freie Fläche war von nasser Kleidung bedeckt – Pullover und Socken hingen über der Rücklehne des Sessels, schlammverkrustete Schuhe lagen vor der Schlafzimmertür verstreut.
»Da gibt es nichts zu verstehen«, antwortete Beatrice. Sie wrang ihre Haarspitzen aus, um noch den letzten Rest Wasser herauszukriegen. »Ich habe es weiß Gott versucht.«
Ich nahm eine der Decken vom Boden und faltete sie vor dem Fenster auf. Dann reichte ich sie an Bette und Lena, die beiden Mädchen, die mir am nächsten saßen, weiter. »Ich habe gesehen, was in diesem Lager passiert – ich war zwölf Jahre lang auf meiner Schule«, sagte ich. »Und nachdem ich gegangen war, habe ich mir, immer wenn ich Angst hatte oder verwirrt war oder mir Sorgen gemacht habe, diese eine Sache ins Gedächtnis gerufen: Die Lehrerinnen haben uns angelogen. Wir haben nie unser eigenes Leben gelebt; wir standen immer unter ihrer Kontrolle.«
Lena nahm ihre schwarze Plastikbrille ab und rieb die zerkratzten Gläser mit ihrem T-Shirt. »Aber Lehrerin Henrietta hat gesagt –«
»Ich weiß, was sie gesagt haben.« Ich strich mit beiden Händen über mein Haar und zog ein paar nasse Strähnen aus meinem Gesicht. Die Mädchen waren höchstens vierzehn, aber sie hatten bereits einige der Prozesse durchlaufen, die sie auf ihren Abschluss vorbereiten sollten. »Erinnert ihr euch noch an die Vitamine, die ihr bekommen habt? Wie sie jeden Monat eure Größe und euer Gewicht notiert haben? Wie die älteren Mädchen noch
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