Eve - Das brennende Leben
wichtigere Dinge, um die wir uns kümmern müssen.«
Drem, der immer noch von dem düsteren Treffen mit Hona in der Steinkathedrale aufgewühlt war, wurde kurz von Panik erfasst. Hatten sie seine Lügen entdeckt und warfen ihn jetzt aus dem Team? »Guristas«, sagte Yaman mit einem breiten, dümmlichen Grinsen. »Guristas bis zum Ende.«
Ortag nickte. »Ich glaube, wir waren uns schon vor unserem kleinen Aufenthalt hier einig, dass wir vom Angel-Kartell genug haben. Ich weiß, dass es mir so geht und ich weiß auch, dass wir uns beliebt genug gemacht haben, um uns jede Rotation auszusuchen, die uns gefällt. Hat jemand seine Meinung geändert, seit wir das letzte Mal darüber gesprochen haben?«
»Nein«, sagte Yaman.
»Ich will weg. Ich will hier raus«, sagte Verena. Drem hatte Mitleid mit ihr. Es war schlimm genug, an einen Ort voller Erinnerungen zurückzukehren, nur um herauszufinden, dass er als Zuhause nicht mehr taugte; aber die hässliche Wahrheit über ein altes Idol herauszufinden reichte aus, um jeden ein für alle Mal zu vergraulen.
»Drem?«, fragte Ortag.
»Hm? Oh. Ja. Ich glaube, es wird Zeit, dass wir alles hier hinter uns lassen«, sagte er.
Er schaute Verena an. Sie erwiderte den Blick schweigend.
»Alles klar. Ich werde den Antrag rausschicken. Lassen wir es auf dem Weg nach Hause ruhig angehen, Leute«, sagte Ortag und ging hinaus. Yaman folgte ihm.
Nur Verena war noch bei Drem. »Du bist seltsam, seit wir dort weggegangen sind. Hattest du noch etwas anderes auf dem Asteroiden erwartet?«
»Ich hatte … bestimmte Hoffnungen. Ich gewöhne mich langsam an den Gedanken, dass etwas, nach dem ich gesucht habe, letztlich wohl nicht für mich bestimmt war.«
Sie runzelte die Stirn, kam näher und streichelte ihm über die Wange. »Ich hoffe, es war nichts Wichtiges«, sagte sie.
»Vielleicht war es das. Ich bin mir nicht mehr sicher.« Er sah sie eine Weile an. »Ich glaube, ich muss mir ernsthafte Gedanken darüber machen, was für mich wichtig ist.«
Sie nickte und ließ ihre Hand noch einmal über sein Gesicht streichen. Es wirkte traurig. Dann verließ sie das Zimmer.
Er stand lange da, sah aus dem Bugfenster und beobachtete, wie die Sterne vorüberzogen.
Sie arbeiteten weiterhin für die Angels und retteten die Leben, die gerettet werden mussten. Doch sie spürten eine neue Dringlichkeit, die im Laufe der Zeit sehr verblasst war. Ihr Antrag auf Versetzung wurde bearbeitet. Alle Teammitglieder schlugen sich bei dem Gedanken, ihre Posten bei den Angels zu verlassen, mit Schuldgefühlen herum. Jedes Mal, wenn Drem einen Verletzten in den Armen hielt und ihn für das herbeieilende Rettungsteam markierte, dachte er: Ich hätte weg sein können, dann hätte ich dich nicht gefunden. Er staunte über seinen Widerwillen weiterzuziehen, obwohl das Kartell ihm nichts mehr bieten konnte.
Drem war ebenfalls überrascht angesichts der fortdauernden Unterstützung seines Teams, obwohl er sie beinahe in den Tod geführt hatte. Er vermutete, dass es sich nicht nur um Freundschaft und Loyalität handelte. In erster Linie erkannte das Team Drems taktische Fähigkeiten an. Sie waren der Hauptgrund dafür, dass die Zahl der geretteten Leben immer weiter stieg. Sie brauchten ihn jetzt.
Außerdem war ihnen das Risiko egal. Jeder Agent der Schwestern akzeptierte vordergründig die Möglichkeit zu sterben. Im Hinterkopf lauerte allerdings der Gedanke, wenn nicht sogar die leise Sehnsucht, dass der Tod auch wirklich kommen möge. Nicht länger warten zu müssen. Möge das brennende Leben endlich erlöschen und die Asche den Winden überlassen werden.
Sie arbeiteten weiter, suchten nach Sterbenden und Toten
und retteten alle, die sie retten konnten, bevor die Zeit ihnen davonlief.
Drem und Verena hielten ihre Affäre aufrecht – und geheim, was Drem zunehmend ärgerte. Obwohl er sich immer sicherer war, dass er sie liebte, konnte er nicht sicher sein, ob er mit ihr unter anderen Umständen – die weniger von Tod und Verzweiflung geprägt waren – auch zusammengekommen wäre. Von der Liebe mal abgesehen, musste er sich eingestehen, dass er sie brauchte. Gleich, ob es ihre Wärme war, ihre Anwesenheit oder einfach ein vertrauter Moment mit einer der wenigen Personen, die ihn verstand – , es war ihm so wichtig, dass er nicht mehr davon lassen konnte. Es fühlte sich an wie eine Verbindung zu etwas Neuem. Vielleicht war er sogar dabei, sich von dem Alten zu lösen.
Eines Abends, als er von ihrem
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