Everlasting
MICH !», brüllte er. « SIE LIEBT MICH !»
Gebrüllt klang es am besten.
Finn las Elianas letzten Absatz noch einmal.
Aber ich versuche, nicht zu sehr an ihn zu denken. Ich versuche, nicht daran zu denken, dass ich für ein paar Stunden an einem goldenen Oktobertag jemanden geliebt – und ihn dann wieder verloren habe.
Andererseits, was ist eigentlich mit dem Scheißtypen los?!?! Was soll die ganze Heimlichtuerei? Er kommt. Er geht. Er ist da. Er ist wieder weg. Das ist frustrierend! So einen Mist muss ich mir nicht gefallen lassen. Ich habe beschlossen, ihn zu vergessen. Punkt. Ende. Aus.
Eliana
Punkt? Ende? Aus? Finn musste unbedingt zu Eliana zurück. Und zwar schnell.
PS. Übrigens, eins hätte ich fast vergessen zu erwähnen: Finn kann phantastisch küssen. Noch nie hat mich einer so geküsst wie Finn. Noch nie. Und ich werde nie wieder jemanden so küssen wie ihn. Es war großartig.
Er war großartig.
Wir waren großartig.
PS? Diese Information war bloß ein PS. wert? Das war
breaking news
! Finn Nordstrom war ein großartiger Küsser!
Finn war wie im Fieberrausch. Es kam ihm so vor, als hätte ein Virus von ihm Besitz ergriffen, seinen Körper infiziert, seine Zellen aufgefressen und neue erschaffen, dieihm eine ungeahnte Lebenskraft schenkten. Er infizierte sich zweimal täglich neu, um sicherzugehen, dass das Virus sich weiter in ihm ausbreitete: Jeden Morgen nach dem Aufwachen öffnete Finn das kleine Fläschchen, das er aus Berlin mitgebracht hatte, und atmete einen Hauch von Elianas Everlasting ein. Und jeden Abend vor dem Zubettgehen wiederholte er die Prozedur.
Unterdessen arbeitete er wie ein Wahnsinniger. Er übersetzte das zweite schwarze Tagebuch und fuhr dreimal die Woche nach Manhattan, um am dortigen OZI sein Zentrifuge-Workout zu absolvieren. Daneben übte er weiter Schreibschrift, die ihm immer schneller und flüssiger von der Hand ging. Er schickte das Tagebuch an Doc-Doc und erhielt kurz darauf das dritte aus der Moleskine ® -Serie , Elianas sechstes Tagebuch.
Sie schrieb über ihre Vorbereitungen aufs Abitur, über Bücher, die sie gelesen hatte, und über Schulreferate, die sie schreiben musste. Einige Tage nach ihrem achtzehnten Geburtstag fuhren sie und die Drei Js übers Wochenende nach Paris und wohnten in einer Jugendherberge, die Eliana an einen «Gefängnisblock im Sowjetstil» erinnerte, den sie mal in einem Film gesehen hatte. Hin und wieder schrieb sie über Dates mit jungen Männern, was Finn stets mit Entsetzen las, aber er war jedes Mal erleichtert, wenn Nick oder Felix oder Pablo oder wer auch immer nie wieder erwähnt wurden.
Aber Eliana erwähnte auch Finn mit keinem Wort mehr. Doch er spürte, dass er in ihren Gedanken noch immer einen Platz hatte. Bald wurde sein Verdacht bestätigt.
Mittwoch, 1. Oktober 2008
Es ist ein Jahr her, seit Finn hier war. Ich versuche, es nicht zu tun, aber ich denke oft an ihn. Manchmal, vor dem Einschlafen, male ich mir irgendwelche Szenen aus, wie wir uns wiedersehen – bis ins kleinste Detail. In einer dieser Phantasien trage ich mein neues schwarzes rückenfreies Kleid und Mamas Pumps von Christian Louboutin. Mama und ich sind auf einer Filmpremierengala, und wir gehen über den roten Teppich, und alle denken, ich bin ein Star, sogar die Paparazzi denken es, und dann sehe ich plötzlich Finn, und er durchbricht die Polizeiabsperrung, kommt auf mich zugelaufen und ruft: «Eliana, ich bin’s!» Und dann küssen Finn und ich uns, und ich weiß nicht genau, was danach passiert, nur dass er für den Rest meines Lebens bei mir bleibt.
Heute hat Robert beim Abendessen gesagt, er denkt, Finn ist ein Geheimagent, weil er nie da ist und ein iPhone besitzt, das sonst keiner hat. Mama hat gesagt, er sieht zu gut aus, um Geheimagent zu sein. In Wirklichkeit sehen Geheimagenten nämlich nicht aus wie Daniel Craig, Matt Damon oder Finn Nordstrom. Papa hat mich angesehen, meine Hand gedrückt und gesagt: «Liebling, er kommt wieder. Vertrau mir.»
Ich möchte Papa unheimlich gern glauben. Und für einen Moment habe ich es sogar getan.
«Wann ist die nächste Reise?», wollte Finn von Rouge wissen. Er konnte es kaum noch erwarten, Eliana wiederzusehen, und hatte deshalb ein Holocasting mit Rouge vereinbart. Rouge saß zu Hause im Rubik.
«Unser Projekt hat ein paar Probleme», sagte Rouge. «Wir haben atmosphärische Störungen festgestellt, die wir erst noch analysieren müssen. Die Reise verzögert
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