Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
schlimmer noch – sie aus heiterem Himmel auf dich losgeht, was leider das wahrscheinlichere Szenario ist, dann musst du unbedingt vorbereitet sein. So, und mit all dem Wissen, das du über sie hast, welches Chakra würdest du nun wählen, um sie auszulöschen?«
Er sieht mich an, den Mund seitlich verzogen, und es ist klar, dass er all das nicht ernst nimmt, was ein großer Fehler seinerseits ist.
»Je eher du antwortest, desto eher sind wir fertig«, säusele ich, die Hände in den Hüften, während ich ungeduldig mit den Fingern dagegen trommele.
»Das dritte.« Er nickt und legt sich die Handfläche direkt unter den Brustkasten. »Den Solarplexus, auch bekannt als das Rachezentrum, der Sitz von tief verwurzelter Wut und dergleichen. Also, sind wir dann hier fertig? Habe ich bestanden? Kann ich mir meine Ehrenurkunde abholen und nach Hause gehen?«
»Okay, und jetzt tu mal so, als wäre ich Haven«, sage ich und ignoriere seine Frage komplett, ebenso wie die unübersehbare Bitte in seinem Blick. »Geh auf mich los, greif mich genau so an, wie du sie angreifen würdest.«
»Ever, bitte«, fleht er. »Das ist doch lächerlich! Ich kann das nicht. Ehrlich. Ich meine, ich weiß deine Besorgnis und alles wirklich zu schätzen, glaub mir, das bedeutet mir viel, aber diese Form von erzwungenem Nachspielen …« Er schüttelt den Kopf so heftig, dass die Dreadlocks hin und her schwingen. »Das ist … das ist ein bisschen peinlich. Gelinde gesagt.«
»Peinlich?« Mir fallen fast die Augen heraus. Das männliche
Ego ist mir wirklich unbegreiflich. »Ich tue jetzt einfach so, als hättest du das nicht gesagt. Ich meine, sie hat die Macht, dir alle möglichen schlimmen Dinge zuzufügen, ehe sie beschließt, Gnade walten zu lassen und dich zu töten, und du überlegst dir, ob etwas peinlich ist? Mir gegenüber?« Ich schüttele erneut den Kopf und wedele abwehrend mit beiden Händen. »Hör mal, wenn du Angst hast, mich zu verletzen – vergiss es. Das kannst du gar nicht. Es ist völlig ausgeschlossen. Ganz egal, wie sehr du dich auch bemühst, du kannst mich gar nicht treffen. Also schlag dir das aus dem Kopf.«
»Oh, wie beruhigend. Außerdem kränkt es meinen männlichen Stolz.« Er lässt die Schultern sinken.
»Ich wollte dich nicht beleidigen«, sage ich. »Das sind bloß die Fakten, weiter nichts. Ich bin stärker als du. Du hast doch schon genug praktische Beweise dafür bekommen. Und, ich sag das ja nicht gern, aber Haven ist ebenfalls stärker. Und obwohl du nichts tun kannst, um diese zwei Tatsachen zu ändern, fehlt ihr doch etwas, was ich habe.«
Er sieht mich an, ist aber nicht besonders erpicht darauf, zu erfahren, was das ist.
»Sie trägt ihr Amulett nicht mehr. Jetzt hat sie nichts mehr, was sie schützt. Während ich meines nie ablege …« Ich halte inne und muss an die vielen Male denken, die ich es bereits getan habe, und ergänze meine Aussage. »Zumindest jetzt nicht mehr. Außerdem ist der Solarplexus nicht mein schwaches Chakra – nicht dass ich jetzt verraten würde, welches das ist. Aber jedenfalls, auch wenn du mittlerweile von allein draufgekommen bist, auch wenn du jetzt endlich hier raus willst, um deinen Abend zu genießen, sodass es sich in deinen Augen vielleicht sogar lohnen
könnte, mich plattzumachen, tja, dann solltest du wissen, dass du mich nicht einmal anrühren kannst, ohne dass ich dich vorher aufhalte.«
Er ringt resigniert die Hände, da er begreift, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als nachzugeben. »Okay«, sagt er. »Einverstanden. Wie du meinst. Dann sag mir einfach, was ich tun soll. Soll ich auf dich losgehen oder was?«
»Sicher, warum nicht?«, sage ich, da wir genauso gut damit anfangen können.
Doch er sieht mich nur an. »Hör mal, das ist doch eine völlig unrealistische Situation. Ich würde Haven oder sonst jemanden niemals einfach so angreifen, nicht ohne vorher provoziert worden zu sein, und wahrscheinlich nicht mal dann. Ich würde es einfach nicht tun. Ich bin Pazifist. Das weißt du. Es ist einfach nicht mein Stil. Daher muss ich dir leider sagen, dass du dir schon was Besseres einfallen lassen musst, wenn ich mitmachen soll.«
»Okay, gut.« Ich nicke, entschlossen, ihn nicht so leicht davonkommen zu lassen. »Aber nur damit du’s weißt, ich habe auch nicht vor, auf Haven loszugehen. Ich habe nicht die leiseste Absicht, irgendwas anzufangen oder sie irgendwie zu attackieren. Trotzdem sollten wir nicht ignorieren, dass sie geschworen
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