Evil - Das Böse
ersten Wechsel lagen die Läufer Kopf an Kopf, das Publikum tobte. Beim zweiten Wechsel patzte der Lundshover ein wenig und fiel zwei Meter zurück, das Publikum tobte noch mehr. Beim dritten Wechsel, Gott in der Hölle, gleich ist es so weit, patzte der Stjärnsberger noch schlimmer, es war ausgerechnet der Scheiß-Silverhielm, und er fiel nun seinerseits zwei Meter zurück, das Publikum tobte wie von Sinnen. Der Vorsprung Lundshovs schien bis zum Ausgang der letzten Kurve zu halten, und das Publikum brüllte bereits »Erik, Erik, Erik!«.
Der Schlussmann der anderen war über hundert Meter Zweiter geworden, aber Erik hatte nicht gesehen, wie weit er zurückgelegen hatte. Waren zwei Meter zu viel, um sie noch aufzuholen?
In wenigen Sekunden würde er das Staffelholz in der Hand halten und auf der Zielgeraden unterwegs sein. Warum sollte er eigentlich für diese Scheißschule gewinnen? Doch, das musste er.
Als er das Staffelholz bekam - der Wechsel ging glatt, aber bei den anderen eben auch -, betrug der Vorsprung der anderen zwei Meter. Es konnte gehen, es musste gehen!
Nach der halben Strecke, mitten vor der großen Zuschauertribüne, betrug die Entfernung noch einen Meter und sie schrumpfte langsam wie in einem Albtraum. Er hörte den Atem des anderen, er stöhnte und ächzte und fightete und auf den letzten Metern lagen sie nebeneinander, auf den unendlich langen letzten zehn Metern, wo sich für jeden Meter ein Kreidestrich über die rote Asche zog.
Dann flatterte der weiße Baumwollfaden um seine Brust und wehte noch ein wenig im Fahrtwind, während er langsamer wurde, und da stand Tosse Berg mit ausgestreckten Armen, um ihn in Empfang zu nehmen, und er flog Tosse Berg in die Arme.
»Verdammter Arsch! Du hast es geschafft, du hast gewonnen!«
Das Staffelholz noch immer in der Hand, lief er zurück zur Mitte der Zuschauertribüne. Die Zuschauer riefen seinen Namen und schwenkten die Schulfahne mit dem Orion. Er hob das Staffelholz über den Kopf und ballte die linke Faust und reckte sie in die Luft - wobei er merkte, dass er Tränen im Gesicht hatte -, dann warf er das Staffelholz hoch über die Tribüne und lief auf den Rasen, wo er sich diskret mit dem Handrücken die Augen wischte.
Tosse Berg holte ihn ein, legte ihm den Arm um die Schultern und führte ihn zur Tribüne zurück.
»Du spinnst doch«, sagte Tosse Berg, »du spinnst, ich hab deinen Lauf gestoppt, weißt du, welche Zeit du gelaufen bist?«
»Nein, aber sicher ziemlich schnell.«
»Elf null. Zwar mit fliegendem Start, aber immerhin.«
»Ja, verdammt, aber noch mal schaff ich das nicht.«
»Doch, Junge, wenn du willst, schaffst du das, bei der Meisterschaft der Schulen im Herbst zum Beispiel. Da kannst du in deiner Altersklasse abräumen.«
Tosse Berg hatte noch immer väterlich den Arm um Eriks Schultern gelegt und zeigte mit der anderen Hand auf die Stjärnsberger, die weiterhin jubelten, Flaggen schwenkten und Eriks Namen skandierten.
»Da siehst du’s«, sagte der Sportlehrer und Trainer. »Da siehst du, welche positive Kraft im Sport liegt. Was sind im Vergleich dazu schon die Schikanen des Rats!«
Abends gab es für die Gastmannschaft ein Essen, bei dem die Schulblazer getragen wurden und es ziemlich eng im Speisesaal wurde. Kein einziger Peppis wurde verteilt.
Unmittelbar vor dem Nachtisch klopfte der Rektor an sein Glas. Als nach ein paar Ermahnungen der Ratsmitglieder alles still geworden war, hielt der Rektor eine Rede, in die er die üblichen Gemeinplätze über die Verbrüderung im edlen Wettstreit und gute Traditionen und den feinen Einsatz der Gäste einflocht.
Eriks Herz hämmerte. Bald wäre es so weit, bald würde der kleine Pokal für die beste Einzelleistung verliehen werden. Einer aus Lundshov hatte im Diskuswerfen und Kugelstoßen gewonnen, aber Erik hatte drei Siege, wenn man die Staffel mitrechnete. Die Ausführungen des Rektors wurden immer länger, als wolle er überhaupt nie zur Sache kommen. Dann hob er endlich den kleinen Silberpokal, in den die Namen aller früheren Inhaber eingraviert waren.
»Die Jury, bestehend aus mir selbst und den Sportlehrern unserer beiden Schulen, ist zu einem einstimmigen Ergebnis gelangt.« (Kunstpause) »Nach einem schönen Einsatz über hundert und zweihundert Meter …« (hier wurde der Rektor vom Jubel unterbrochen und die Nächstsitzenden schlugen Erik in den Rücken) ». hat Erik diesen Tag mit einem rasanten Schlusslauf in der Staffel gekrönt. Erik möge also bitte
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