Evil - Das Böse
er, wie ihre Aggressivität verflog. Es gab doch überhaupt keinen Grund für diesen törichten Krieg zwischen Mittelschule und Volksschulgaunern. Zumindest nicht für diejenigen, die die Mittelschule besuchten und die später, in der Welt der Erwachsenen, die Obrigkeit und die Bosse für die Volksschulgauner darstellen würden.
Erik hielt seinen Baseballschläger mit der dicken Seite nach vorn, um die ersten Schläge abzufangen. Das hatte natürlich keinen Sinn, sie würden ihn doch bald treffen. Irgendwer könnte sich hinter ihn schleichen und ihn im Nacken treffen, während er mit den Angreifern von vorn beschäftigt war. Er spürte, wie sein Griff um den Schläger erschlaffte. Dann ließ er ihn vorsichtig vor sich auf den Boden fallen. Es war ganz still, als das Holz auf dem Pflaster auftraf.
»Ich ergebe mich«, sagte er. »Ich hab keine Chance gegen euch, ihr seid schließlich zu acht.«
Ihm fiel ein, dass Raubtiere sich so verhielten. Wenn Wölfe miteinander kämpfen, hält der Unterlegene dem anderen seine Kehle hin und sofort verfliegt die Aggression des Siegers.
Anfangs schien es auch hier fast zu klappen. Die Volksschulgauner staunten und schreckten davor zurück, einen ins Gesicht zu schlagen, der sich nicht einmal mit erhobenen Armen verteidigte. Aber vermutlich war ihr Hass zu stark.
Erik hielt den ersten fünf Schlägen im Stehen stand, ohne sich zu wehren und ohne auszuweichen. Danach wurde er methodisch und gelassen zu Boden geschlagen. Vermutlich verlor er das Bewusstsein, ehe er den Boden erreichte und ihn die ersten Tritte trafen.
Nach drei Wochen konnte er wieder am Sportunterricht teilnehmen und seinen ersten Einsatz als Halbrechter der Schulmannschaft absolvieren. Die Wunden an seiner Stirn und seinen Oberarmen hatten genäht werden müssen und er hatte zwei relativ harmlose Rippenbrüche davongetragen. Immerhin waren ihm keine Zähne ausgeschlagen worden.
Anfangs hatte die Clique verschiedene Rachepläne ausgeheckt. Sie hatten überlegt, sich auf dieselbe Weise zu bewaffnen wie die Volksschulgauner. Kicke hatte sich ein Stilett besorgt.
Aber Erik verbot die Mobilmachung. Vor allem aus dem Grund, dass sie ihnen Zeit für ihre Geschäfte rauben würde; außerdem würde es schlicht unmöglich aussehen, wenn sie anfingen, mit Baseballschlägern in der Stadt herumzulungern. Der Krieg würde überdies nie ein Ende nehmen. Immer, wenn die Volksschulgauner Prügel kassiert hätten, würden sie zurückkommen und versuchen, sich jeden aus der Clique einzeln vorzunehmen. Am Ende würden sie all ihre Zeit für einen Krieg brauchen, von dem niemand einen Nutzen hätte.
Es musste einen guten Grund geben, um jemanden zu schlagen. Es war blödsinnig, es um des Schlagens willen zu tun.
Es gab noch andere Gründe für seine Haltung, über die Erik nicht diskutieren wollte oder konnte. Vor allem spielten, wie er glaubte, die Hundeblicke der Volksschulgauner eine Rolle. Wenn sie zwei von diesen Typen einfingen, würde es ihm unmöglich sein, sie zu verprügeln. Ebenso unmöglich, wie Romulus und Remus zu peitschen. Die Volksschulgauner hassten die Mittelschule und das war möglicherweise zu verstehen. Aber es war unmöglich, sie zurückzuhassen. Sie konnten einen Typen ja nicht einmal dann richtig fertig machen, wenn sie acht gegen einen waren.
Am Ende ging es mit den Geschäften ungefähr so in den Teich, wie Erik es schon lange befürchtet hatte. Die Polizei hatte Leuchtturm, Kicke und Göran eine Falle gestellt, sie auf frischer Tat ertappt und das war’s.
Sie waren so aufgeflogen, wie es zu erwarten gewesen war, sie waren allerdings auch drei Tage hintereinander in denselben Plattenladen gegangen. Hätten sie die Läden nach dem vorgesehenen fächerförmigen Muster aufgesucht, hätten bis zu vierzehn Tage zwischen den Besuchen gelegen. Erik selbst hatte die Läden ausgesucht und mithilfe des dicken Johan den Einsatzplan für die Clique aufgestellt. Und nun hatten drei von ihnen es für unnötig anstrengend befunden, sich an diesen Plan zu halten; sie waren drei Tage hintereinander in denselben Laden gegangen und am dritten Tag hatte die Polizei sie erwartet und beim Verlassen des Geschäftes auf frischer Tat ertappt. Es folgte eine endlose Reihe von Verhören bei Polizei und Jugendamt und Rektor. Es hieß, eine Liga von jugendlichen Verbrechern sei gesprengt worden.
Die Verhöre bedeuteten für Erik ein moralisches Dilemma. Seiner Erfahrung nach galt bei einem Verhör immer der Grundsatz, dass
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