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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Gelegenheit beim Schopfe packen müssen, damals, als einer aus der Dreifünf den ganzen Rat herausgefordert hatte.
    Es sah fast so aus, als sei Erik schuld am Los des Mageren.
    Lewenheusen und sein Kumpel nahmen den Delinquenten erst in die Mitte und ohrfeigten ihn. Der Junge machte kaum den Versuch, sich zu verteidigen.
    Wie ein Wolf, dachte Erik, er versucht sich zu retten, wie es die Wölfe tun, er zeigt ihnen seine ungeschützte Kehle, damit sie ihn in Ruhe lassen. Aber das wird nicht funktionieren. Er kann erst hinauskriechen, wenn er genügend Schläge eingesteckt hat, um nicht Ratte werden zu müssen, und sie müssen ihn lange genug verprügeln, damit er hinauskriecht.
    Lewenheusen und sein Kumpel schlugen ungeschickt und dumm. Als sie mit den Fäusten anfingen, verpatzten sie fast jeden zweiten Schlag, obwohl ihr Opfer sich kaum wehrte. Am Ende packte den Mageren natürlich die Verzweiflung, er schlug einen wilden Schwinger in Lewenheusens Richtung und traf ihn am Mund, obwohl er den Schlag deutlich genug angekündigt hatte. Prompt geriet Lewenheusen in Rage und drosch seinerseits mit unkontrollierten Schwingern auf sein Opfer ein. Das zog instinktiv den Kopf ein, weshalb die Schläge vor allem seine Schultern und den Körper trafen und keinen weiteren Schaden anrichteten. Lewenheusen wurde davon müde und sein Kumpel musste bis auf weiteres die Sache übernehmen.
    Der Magere stand mit gesenktem Kopf vornübergebeugt, unangenehm offen für Prügel jeder Art. Lewenheusens Kumpel trat vor und bohrte ihm ein Knie ins Gesicht, und als er sich aufrichtete, schlug er ihn in den Bauch. Der Delinquent sank auf die Knie und jammerte, weigerte sich aber, aus dem Karo zu kriechen. Nun trat Lewenheusen wieder vor und fing an, auf ihn einzutreten. Der Delinquent sank in sich zusammen, bis er fast am Boden lag, und Lewenheusen trat weiter und leierte die üblichen Sprüche herunter, von wegen feige und Ratte und lernen, die Klappe zu halten, das ganze Programm.
    Es war ein mieser Stierkampf mit einem Stier, der vor erbärmlichen Picadores und Toreros zusammenbrach, Männern mittleren Alters, fett und unendlich weit von ihrem einstigen Traum entfernt, einmal die Fiesta in Sevilla zu eröffnen.
    Am Ende kroch der Magere natürlich hinaus. Er blutete nicht zu sehr, soweit Erik das sehen konnte, vermutlich würden seine Wunden nicht einmal genäht werden müssen. Er weinte, aber wohl eher wegen der Demütigung als vor Schmerz. Dann lag er schluchzend neben der Betonplatte, während Lewenheusen in einer Pose, die wahrhaftig wie eine Siegerpose aussah, vor dem Mittelschulpublikum an den Rand trat.
    »So wird es allen gehen, die den Schnabel zu weit aufreißen, damit ihr’s wisst!«, schrie er triumphierend.
    »Gibt’s hier noch andere, die …«, fügte Lewenheusen hinzu und sah zugleich aus, als ob er sich am liebsten die Zunge abgebissen hätte. Blitzschnell schlug Erik zu.
    »Ja, endlich, Lewenheusen, hier bin ich!«, schrie Erik von seinem Platz ganz oben am Mittelschulhang.

Nach kurzer Stille brach unter den Mittelschülern Gekicher aus. Lewenheusen stand wie versteinert.
    »Jetzt!«, brüllte Erik.
    Das Gekicher steigerte sich zum Lachen, zuerst zu vereinzeltem Lachen, dann zu einer Flut von Gelächter, das sich immer weiter steigerte, bis endlich die ganze Mittelschule vor Lachen dröhnte. Sogar der Junge, der Prügel bezogen hatte, rappelte sich auf und stimmte nuschelnd ein.
    Erik überdachte seine Möglichkeiten. Er könnte sich einen Weg hinunter zu Lewenheusen bahnen und dann auf die Platte steigen. Dann würde Lewenheusen standhalten müssen und sein Kumpel ebenfalls. Oder der Kumpel würde abhauen und das Ganze würde mit einem allgemeinen Wortgefecht enden. Aber es bestand auch das Risiko, dass Erik gezwungen sein könnte, Lewenheusen und seinen Kumpel zu misshandeln. Dieser mögliche Ausgang war ihm unangenehm. Aus mehreren Gründen wäre es unmöglich, den ersten großen Kampf zu wiederholen. Es kam ihm jedenfalls nicht richtig vor.
    Eine andere und, wie Erik fand, bessere Möglichkeit wäre es, Lewenheusen vor dem gesamten Publikum zum Kneifen zu zwingen.
    »Jetzt!«, schrie Erik noch einmal. »Ich glaube, ich habe gerade eine Ratte gehört, hast du gehört, Lewenheusen, eine RATTE, die einen von der Mittelschule zu Prügeln herausfordern will. Hier hast du mich, fordere mich heraus, ich komm sofort. Beeil dich, Lewenheusen, kleiner Rati, ich zittere schon vor Ungeduld.«
    Das Lachen schlug über Lewenheusen

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