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Evil

Evil

Titel: Evil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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hinter den Bäumen vorbeizischte, zuckten hellere rote und blaue Lichtstreifen dazwischen.
    Wir wussten, was da drüben war – schließlich waren wir gerade erst von dort zurückgekommen, die Hände immer noch klebrig von Zuckerwatte. Doch irgendwie war es geheimnisvoll, bis lange nach unserer Schlafenszeit dazuliegen, ausnahmsweise stumm, zuzuhören, die Erwachsenen und Teenager zu beneiden und sich den Nervenkitzel auf den großen Achterbahnen auszumalen, für die wir noch zu jung waren und von denen das laute Kreischen herkam. Bis die Geräusche schließlich leiser wurden und die Lichter allmählich verloschen und wir das Lachen Unbekannter hörten, die unterwegs waren zu den überall an unserer Straße geparkten Autos.
    Später, wenn ich alt genug war, wollte ich der Letzte sein, der nach Hause ging. Das schwor ich mir.
     
    Jetzt stand ich allein an der Würstchenbude, aß meinen dritten Hotdog des Abends und fragte mich, was ich mit mir anfangen sollte.
    Ich hatte schon alle Gefährte durchprobiert, die mir gefielen. Bei jedem Spiel und jedem Glücksrad, das der Markt zu bieten hatte, war ich Geld losgeworden, und alles, was dabei herausgekommen war, war der winzige Porzellanpudel in meiner Hosentasche, den ich meiner Mutter schenken wollte.
    Auch meinen kandierten Apfel, meine Tüte Eis und meine Pizzaschnitte hatte ich schon verdrückt.
    Ich war mit Kenny und Malcolm herumgezogen, bis es Malcolm im Sturzbomber schlecht geworden war, und dann mit Tony und Lou Morino und mit Linda und Betty Martin, bis sie nach Hause gegangen waren. Es hatte Spaß gemacht, aber jetzt war nur noch ich übrig. Es war zehn Uhr.
    Immer noch zwei Stunden.
    Irgendwann war mir Woofer über den Weg gelaufen. Aber Donny und Willie junior waren nicht aufgetaucht, und auch Ruth, Meg und Susan nicht. Das war merkwürdig, weil Ruth beim Karnival normalerweise immer dabei war. Ich überlegte, ob ich rübergehen und nachschauen sollte, aber damit hätte ich zugegeben, dass ich mich langweilte, und so weit war ich noch nicht.
    Ein bisschen wollte ich noch warten.
    Zehn Minuten später kam Meg.
    Ich hatte gerade mein Glück mit Nummer sieben rot probiert und spekulierte auf einen zweiten kandierten Apfel, als ich sie in der Menschenmenge sah. Sie war allein und trug eine Jeans und eine leuchtend grüne Bluse. Plötzlich fühlte ich mich nicht mehr so schüchtern. Das wunderte mich selbst am meisten. Vielleicht war ich inzwischen zu allem bereit. Ich wartete, bis ich wieder mit Rot verloren hatte, dann ging ich zu ihr.
    Es war fast, als hätte ich sie bei etwas unterbrochen.
    Fasziniert starrte sie hinauf zum Riesenrad und strich sich eine lange rote Locke aus der Stirn. Als die Hand wieder herabsank, sah ich etwas Glitzerndes an ihrem Finger.
    Das Rad drehte sich ziemlich schnell. Ganz oben kreischten die Mädchen.
    »Hi Meg.«
    Sie sah mich lächelnd an. »Hi David.« Dann wandte sie sich wieder dem Rad zu.
    Man merkte ihr an, dass sie noch nie mit einem gefahren war. Wie sie starrte, das sagte einfach alles.
    Ich fragte mich, was sie für ein Leben geführt hatte. »Toll, was? Geht schneller als die meisten.«
    Ganz aufgeregt schaute sie mich wieder an. »Wirklich?«
    »Ja. Auf jeden Fall schneller als die in Playland und in Bertram's Island.«
    »Es ist wunderschön.«
    Ich war ganz ihrer Meinung. Das Riesenrad glitt so leicht dahin, die Konstruktion besaß eine klare Schlichtheit und Zweckgerichtetheit, die den abenteuerlicheren Fahrattraktionen fehlten. Damals hätte ich es nicht ausdrücken können, aber für mich war das Riesenrad schon immer romantisch und anmutig.
    »Willst du mal fahren?« Ich hörte das Drängen in meiner Stimme und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Was machte ich denn da? Das Mädchen war älter als ich. Womöglich sogar drei Jahre älter. Das war doch verrückt.
    Ich versuchte einen Rückzieher.
    Das verwirrte sie wohl.
    »Ich meine, ich fahre natürlich mit, wenn du willst. Wenn du Angst hast. Das macht mir nichts aus.«
    Sie lachte. Ich spürte, dass mir die Messerspitze von der Kehle genommen wurde.
    »Komm.« Sie nahm mich bei der Hand und führte mich hinüber.
    Irgendwie kaufte ich Karten, und wir setzten uns in einen Wagen. Ich weiß nur noch, dass sich ihre Hand in der kühlen Nachtluft warm und trocken anfühlte, dass ihre Finger schlank und fest gegen meine drückten. Und dass mich meine dunkelroten Wangen daran erinnerten, dass ich als Zwölfjähriger mit einem Mädchen im Riesenrad saß, das

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