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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Evolutionen einheitlich beschreiben lassen. Allerdings wird diese Theorie Evolutionen auf Populationen, deren Individuen allesamt selbsterhaltende Systeme sind, beschränken. Eine ihrer Kernaussagen wird nämlich sein: Nur Populationen mit solchen Eigenschaften können eigendynamisch evolvieren.
    Nun haben wir aber gerade eben von selbsterhaltenden Systemen gesprochen, die sich fortlaufend intern erneuern, und somit den üblichen Zyklus des Lebens aus Wachstum, Fortpflanzung und Tod nicht kennen. Rein theoretisch könnten sie fast ewig fortbestehen. Warum sollte es etwa Bayern München in 5.000 Jahren nicht mehr geben? Wenn sich der Verein stets rechtzeitig erneuert (Trainer, Spieler etc.) und sich die Menschen dann noch immer für Fußball begeistern, könnte so etwas durchaus sein.
    Doch woher soll ein Verein die Spieler nehmen, die er zu seiner regelmäßigen Erneuerung benötigt? In der Vergangenheit haben sich hier im Wesentlichen zwei unterschiedliche Strategien durchgesetzt, die auch in Kombination miteinander angewendet werden können:
Ausbildung eigener Nachwuchsspieler (Amateurmannschaften etc.)
Einkauf von Profis und Talenten
    Im Profifußball präferiert man heute in der Regel die zweite Strategie. Man nimmt also indirekt an, die erforderlichen Talente würden schon irgendwo von selbst heranreifen, zum Beispiel auf südamerikanischen oder afrikanischen Straßen und Bolzplätzen. Im Unternehmensbereich sieht das nicht viel anders aus. Zwar bilden viele Unternehmen ihre Mitarbeiter auch regelmäßigselbst aus, grundsätzlich gehen sie aber davon aus, dass die Gesellschaft schon von ganz alleine für ausreichend qualifiziertes Humankapital sorgen wird, das auch spätere unternehmerische Anforderungen abdecken kann.
    Im Abschnitt
Evolution im Sport
auf Seite → wird gezeigt, dass es sich bei der Fußballbundesliga um eine Population aus 18 selbsterhaltenden Systemen – den Bundesligavereinen – handelt, die sich gemäß den Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie weiterentwickeln.
    Die Frage nach der Entstehung neuer Variation ist in diesem Falle recht einfach zu beantworten: Drei Mannschaften steigen am Saisonende aus der ersten Liga ab, werden also sozusagen aus der Population entfernt, und dafür steigen entsprechend viele Mannschaften aus der zweiten Liga auf, so dass es am Ende wieder genau 18 verschiedene Mannschaften (Individuen, selbsterhaltende Systeme) sind.
    Allerdings ist damit das Variationsproblem noch nicht abschließend gelöst, denn immerhin verschwinden die Vereine ja nicht wirklich oder entstehen wie durch ein Wunder aus dem Nichts neu, sondern sie wechseln lediglich die Ligen, bleiben also als Systeme erhalten.
    Doch es sind auch andere Fälle vorstellbar. Beispielsweise könnte ein Verein in unüberwindbare wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten oder gegen sportliche Statuten verstoßen und in der Folge dann tatsächlich den Spielbetrieb einstellen. In diesem Fall dürften Sonderregelungen zum Einsatz kommen, wie etwa die Zahl der Aufsteiger von drei auf vier zu erhöhen. Natürlich würde sich dies dann auch in allen unteren Ligen bemerkbar machen. Irgendeine Liga müsste schließlich mit einer Mannschaft weniger auskommen, weswegen erneut die Frage zu stellen ist: Wie kann in solchen Populationen neue Variation entstehen? Die Antwort lautet: Durch Gründung eines neuen Vereins.
    Dies muss nicht notwendigerweise in der untersten Liga geschehen. Beispielsweise könnten sich Eintracht Frankfurt, der FSV Mainz 05 und die Offenbacher Kickers zu einem neuen Fußballverein mit dem Namen 1. FC Rhein-Main zusammenschließen 45 . Ein solcher Großverein würde dann natürlich sofort in der Liga starten, in der der bislang höchstplatzierteste Fusionspartner spielt. Aber auch bei diesem Vorgang würden mehrere„Systeme“ verschwinden, die durch neue Vereine in den jeweiligen Ligen zu ersetzen wären.
    Neue Mannschaften bilden sich üblicherweise in der untersten Liga, was zeigt, dass die Entstehung neuer Variation voraussetzungslos sein kann. Es ist zwar auch dann noch immer vorstellbar, dass ein etwa in diesem Jahr neu entstandener Kreisklassenverein „1. FC Champion“ zehn Jahre später Deutscher Fußballmeister wird, doch so etwas dürfte die absolute Ausnahme sein. In den meisten etablierten evolutiven Populationen werden es Neueinsteiger ausgesprochen schwer haben.
    In vielen Umgebungen hat man deshalb ganz bewusst variationsfördernde Maßnahmen implementiert, die neuen

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