Evolution, Zivilisation und Verschwendung
der Überproduktion“ von Nachkommen (Küppers 1990: 28), welches aber für die sexuelle Selektion keine Rolle spielt. Die
Systemische Evolutionstheorie
kennt demgegenüber keine uneinheitlichen Evolutionsmechanismen, höchstens unterschiedliche Evolutionsumgebungen mit eigenständigen Kommunikationsmechanismen (dominant versus Gefallenwollen) und Anpassungszielen (Erlangung von natürlichen Ressourcen wie Nahrung und Raum versus Erlangung von Fortpflanzungspartnern). Die Prinzipien der
Systemischen Evolutionstheorie
sind – anders als bei der
Darwinschen Evolutionstheorie
– für alle Evolutionen stets gleich:
Variation
,
Reproduktionsinteresse
und
Reproduktion
. Eine tiefergehende Diskussion des Themas findet sich im Abschnitt
Systemische Evolutionstheorie und Selektionen
auf Seite → .
Die bisherigen Überlegungen sollen durch einige Beispiele weiter veranschaulicht werden.
Beispiel 1:
In einer fiktiven Vogelpopulation selektieren die Weibchen die Männchen ausschließlich über die Farbe ihres Kopfschmuckes, wobei sie ganz eindeutig Rot bevorzugen. Nach einigen Generationen besitzt die überwiegende Zahl der Männchen einen roten Kopfschmuck.
Irgendwann fliegt ein Männchen einer benachbarten Population mit einem tiefblauen Kopfschmuck zu. Die Weibchen sind begeistert und wechseln ihre Präferenz umgehend in Blau. Einige Generationen später besitzt die überwiegende Zahl der Männchen einen blauen Kopfschmuck.
Dieses Beispiel zeigt: Haben alle Männchen ein ähnlich gelagertes Reproduktionsinteresse, dann werden sich evolutionär stets die Eigenschaften durchsetzen, die einer hohen Fitness in Bezug auf ihren Lebensraum (indiesem Fall: die weiblichen Partnerwahlpräferenzen) entsprechen. Zunächst war dies ein roter Kopfschmuck, wenig später, als Folge eines spontanen weiblichen Stimmungswandels (einer Laune der Natur sozusagen), dann eben ein blauer 94 . Während sich das Anpassungsziel für die Männchen irgendwann spontan änderte, blieb ihr Reproduktionsinteresse stets konstant.
Würden Männchen mit rotem Kopfschmuck ein ausgesprochen hohes Reproduktionsinteresse besitzen, solche mit blauem dagegen ein sehr niedriges, würden sich in der Population weiterhin die Rotköpfler durchsetzen, obwohl sie aktuell schlechter an die weiblichen Partnerwahlpräferenzen (und damit den Lebensraum) angepasst sind. Es ist folglich das Reproduktionsinteresse, was die Evolution bewirkt.
Beispiel 2:
Eine auf einer Insel lebende fiktive Landechsenpopulation ernährt sich fast ausschließlich von einer bestimmten Käfersorte. Nach einem schweren Vulkanausbruch bricht die Insel in zwei Teile auseinander. Die auf dem kleineren Inselteil verbleibenden Echsen müssen sich nach einer neuen Nahrungsquelle umsehen, denn dort sind alle Käfer ausgestorben. Einigen Exemplaren gelingt es, Fische zu fangen und auf diese Weise zu überleben. Mit der Zeit fällt ihnen die Nahrungssuche immer leichter. Im Rahmen der weiteren Adaption bilden sich bei ihnen Schwimmhäute aus, womit ihnen dann sogar die Rückkehr zum anderen Inselteil gelingt.
Nach einem erneuten Vulkanausbruch sterben auch auf diesem Inselteil alle Käfer aus. Die noch auf Käfer fixierte Echsenart muss sich nun ebenfalls nach einer neuen Nahrungsquelle umsehen. Fische kommen nicht in Betracht, denn gegen die bereits auf den Fischfang spezialisierten ehemaligen Artgenossen haben sie in dieser Hinsicht keine Chance.
Binnen weniger Generationen sterben sie am Ende eines verzweifelten Überlebenskampfes endgültig aus.
Oberflächlich betrachtet könnte man sagen: Die bereits an den Fischfang adaptierte Echsenart überlebte, die Käfer-Echsenart dagegen nicht, denn sie war nicht ausreichend an den Lebensraum angepasst: Survival of the fittest.
Dies ist richtig, aber lediglich vom Ergebnis her. Tatsächlich trieb das ungebrochene Reproduktionsinteresse der Individuen zu jedem Zeitpunkt die Entwicklung voran. Für die Käfer-Echsen wurden die Lebensbedingungen dann aber am Ende so schwierig, dass auch ihr Selbsterhaltungs- und Überlebenswille nicht mehr reichte, woraufhin sie von der Erde verschwanden.
Beispiel 3:
Zehn fiktive Unternehmen teilen sich einen innovativen Markt. Sie alle haben ungefähr die gleichen Marktanteile und erzielen ähnliche Gewinne und Umsätze.
Neun Unternehmen investieren mehr als 50 Prozent ihrer Gewinne in die Produkterneuerung, das heißt, in Forschung und Entwicklung. Ein Unternehmen schüttet dagegen mehr als 90 Prozent seiner Gewinne
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