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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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Mobiltelefone: was genau evolviert denn eigentlich?
    Solange in einem Sachgebiet noch überhaupt keine Klarheit über den Gegenstand der Evolution herrscht, solange können darauf auch keine Evolutionsprinzipien angewendet beziehungsweise dahin übertragen werden. Eine Beschreibung nichtbiologischer Evolutionen ist dann nicht möglich.
    Die Systemische Evolutionstheorie leistet in diesem Zusammenhang nun vor allem eins: Sie erleichtert die Suche nach dem Gegenstand der Evolution. Und sie präzisiert: Zunächst muss der Gegenstand der Evolution festliegen; erst dann kann über Replikatoren nachgedacht werden.
4.9 Gültigkeit der Darwinschen Evolutionsprinzipien
    Man kann zeigen – und das möchte ich auf den nächsten Seiten tun –, dass sich für biologische Populationen die Prinzipien der
Darwinschen Evolutionstheorie
aus den Prinzipien der
Systemischen Evolutionstheorie
ableiten lassen. Mit anderen Worten: Sind in einer Population die Grundprinzipien der Systemischen Evolutionstheorie erfüllt, dann evolviert diese auch im Darwinschen Sinne. Die Kriterien der Systemischen Evolutionstheorie sind folglich hinreichend für die Anwendbarkeit der Darwinschen Evolutionstheorie.
4.9.1 Variation
    Gemäß Maturana und Varela handelt es sich bei Lebewesen um autopoietische Systeme, die dann natürlich auch selbsterhaltend sind. Für biologische Populationen sind die Formulierungen des Variationsprinzips der Systemischen und Darwinschen Evolutionstheorie folglich deckungsgleich.
    Hieraus ergibt sich unmittelbar:
    Genügt eine biologische Population den Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie, dann genügt sie auch dem Variations-Prinzip der Darwinschen Evolutionstheorie.
4.9.2 Vererbung
    Der Reproduktionsprozess biologischer Populationen ist die „Fortpflanzung“, wozu beim Menschen allerdings auch der aufwendige Erziehungs-, Bildungs- und Sozialisationsprozess zählt. Die Fortpflanzung ist in der Lage, sowohl die Systemstrukturen der Eltern (
Strukturerhaltung
) als auch deren Kompetenzen in Bezug auf den Lebensraum (
Adaption
) zu erneuern 103 . Die dabei aus den Eltern erzeugten Replikate (Kopien, Nachkommen) sind zwar einerseits gegenüber ihren Originalen verändert, weisen in der Regel aber auch erhebliche Ähnlichkeiten auf. Ein Teil der Unterschiede betrifft bereits den Genotyp, und zwar aufgrund von Mutationen und genetischen Rekombinationen. Andere Abweichungen beziehen sich dagegen ausschließlich auf den Phänotyp.
    Für biologische Populationen sind folglich die Formulierungen des Prinzips
Reproduktion
der Systemischen und des Prinzips
Vererbung
der Darwinschen Evolutionstheorie deckungsgleich.
    Wir können somit festhalten:
    Genügt eine biologische Population den Prinzipien der Systemischen Evolutionstheorie, dann genügt sie auch dem Vererbungs-Prinzip der Darwinschen Evolutionstheorie.
4.9.3 Selektion
    Damit sich ein Lebewesen fortpflanzen kann (Darwin: damit ein Lebewesen
selektiert
werden kann), muss es sich zunächst im Leben bewähren, ein reproduktionsfähiges Alter erreichen und stets eine ausreichende Menge an Ressourcen zum Erhalt des eigenen Lebens erlangen. Es muss also ausreichend an den Lebensraum angepasst sein.
    Bei der sexuellen Fortpflanzung benötigt es aber zusätzlich noch einen Fortpflanzungspartner. Für die Gewinnung von Sexualpartnern haben sich in den verschiedenen Spezies zum Teil ganz unterschiedliche Strategien durchgesetzt, die ansatzweise in den nächsten Abschnitten diskutiert werden sollen. Dominiert in einer Spezies beim Paarungsverhalten etwa die weibliche Selektion (Gefallen-wollen-Kommunikation), dann muss ein Männchen wenigstens ein Weibchen von sich überzeugen können. Anders gesagt: Es muss ausreichend an die Präferenzen des anderen Geschlechts angepasst sein.
    Nun ist aber durchaus vorstellbar, dass ein relativ schlecht an den Lebensraum angepasstes Männchen dennoch sehr viele Weibchen für sich gewinnen kann, während ein besonders gut adaptiertes Männchen diesbezüglich leer ausgeht. Bezogen auf die Darwinsche Evolutionstheorie könnte man sagen: Im ersten Fall genügt das Individuum besonders gut den Bedingungen der
sexuellen Selektion
und im zweiten Fall denjenigen der
natürlichen Selektion
. Bei der sexuellen Fortpflanzung könnten also schlechter an den Lebensraum angepasste Männchen trotzdem besonders viele Nachkommen haben.
    Um genau das zu verhindern, selektieren die Weibchen bei vielen sich sexuell reproduzierenden Arten ihre

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