Evolution
primitiven
Steinklingen und kappten Sehnen und Bänder. Einzelne Glieder
vermochte man leicht in die Sicherheit des Walds zu schaffen, wo sie
zerteilt und verspeist wurden; und mit Hammer-Steinen wurde das Mark
aus den Knochen geholt.
All das erzwang eine Selektion unter dem Gesichtspunkt der
Intelligenz. Die Hominiden hatten keine spitzen Zähne wie die
Hyänen oder Schnäbel wie die aasfressenden Vögel; wenn
sie als Ausputzer Erfolg haben wollten, brauchten sie bessere
Werkzeuge als Capos rudimentären Werkzeugsatz. Inzwischen war
ihr Körper auch in der Lage, besser Fleisch zu verdauen. Viele
Pithecinen-Arten hatten Zähne, mit denen sie rohes Fleisch zu
zerkleinern vermochten und ein effizientes Verdauungssystem, das eine
so kalorienreiche Nahrung zu verwerten imstande war.
Dennoch hatten sie als Ausputzer nur eine Randposition am Boden
der Fleischfresser-Hierarchie inne; sie mussten warten, bis die
Löwen, Hyänen und Geier sich ihren – den
größten – Anteil an der Beute geholt hatten. Zumal
das Erbeuten von Aas und die zaghaften eigenen Jagdversuche nicht der
einzige (Erfolgs-) Druck waren, der auf den Hominiden der Savanne
lastete.
Die Savanne war nämlich ein Tummelplatz für Räuber.
Die Leoparden und Bären des Waldes waren schon schlimm genug
gewesen. Und draußen in der Savanne gab es große
Hyänen, Säbelzahntiger und Hunde mit der Größe
von Wölfen. Wenn die kleinen, langsamen und schutzlosen
Hominiden sich auch nur für einen Moment aus dem Wald
herauswagten, waren sie eine leichte Beute für solche Kreaturen.
Bald lernten ein paar Räuber wie der dinofelis sogar,
sich auf Hominiden zu spezialisieren.
Es war ein gnadenloser Verschleiß, ein unbarmherziger Druck.
Aber die Hominiden hielten stand. Sie lernten das Verhalten der
Räuber zu deuten und entwickelten bessere Fluchtstrategien. Sie
verbesserten die Zusammenarbeit miteinander, denn Gruppenbildung bot
Sicherheit, und sie benutzten Waffen, um die Angreifer abzuwehren.
Auch die Sprachentwicklung wurde durch diesen Druck vorangetrieben,
und die spezialisierten Alarmrufe, deren Ursprünge noch in den
Wäldern der Notharctus lagen, wandelten sich langsam zu
richtigen Wörtern.
Die Savanne prägte die Hominiden. Aber sie waren keine
Jäger, sondern Gejagte.
Die Pithecinen waren Beschränkungen unterworfen. Sie
brauchten den Wald als Schutzraum, weil sie nicht dafür
geschaffen waren, längere Zeit im Freien zu verbringen. Sie
waren auf Flüsse, Seen und Feuchtgebiete angewiesen, weil ihr
Körper nur wenig Fettgewebe hatte und nicht lang ohne Wasser
auszukommen vermochte.
Im Laufe der Zeit hatten das Klima und die Vegetation in Afrika
sich jedoch ständig verändert, und die Waldrand-Umgebung,
die die Pithecinen bevorzugten, hatte sich ausgebreitet: In einer von
kleinen Wäldern durchsetzten Landschaft gab es viele Ränder. Die Gestalt der Pithecinen hatte sich als effektiv
und ausdauernd erwiesen, und es hatte eine wahre Explosion der
Artenbildung stattgefunden, aus der Affen-Menschen in Hülle und
Fülle hervorgegangen waren.
Die robusten Affen-Leute hatten sich vom Waldrand in den dichten
Wald zurückgezogen. Dort hatten sie sich eine Nahrungsquelle
erschlossen, für die es kaum Konkurrenz gab: Blätter, Rinde
und unreife Früchte, die kein anderer Hominiden-Typ zu verdauen,
und Nüsse und Samen, die kein anderes Tier zu knacken vermochte.
Zu diesem Zweck hatten sie wie die Dickbäuche und
Gigantopithecinen große, energieaufwändige Mägen
ausgeprägt, um diese minderwertige Nahrung zu verarbeiten, und
massive Schädel, die in der Lage waren, die mächtigen
Kiefer mit den Mahlzähnen anzutreiben.
Ihr Sozialleben hatte sich auch verändert. Im dichten Wald
mit einem konstanten Vorrat an Laub und Rinde bildeten sich feste
Gruppen aus Weibchen, die in einem bestimmten Abschnitt des Waldes
lebten. Die Männchen streiften als Einzelgänger umher und
versuchten, die Weibchen in ihrem jeweiligen Territorium unter
Kontrolle zu halten. Deshalb wurden die Männchen
größer als die Weibchen, denn schiere Körperkraft war
ein Plus, mit dem die Männchen Rivalen abwehrten.
Die Art der Gorilla-Menschen gehörte zu den Hominiden mit der
geringsten Intelligenz jener Zeit. Dieser große Magen war sehr
energieaufwändig; um den Körperhaushalt auszubalancieren,
hatten im Lauf der Anpassung anderweitig Abstriche erfolgen
müssen. Intelligenz benötigte ein Harem im stetigen
Dämmerlicht des tiefen Waldes nicht, und so hatte das
große Primatengehirn
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