Ewig Böse
vermutlich das übliche Ablenkungsmanöver am Hinterausgang durchführte, wo die Fans warteten, während Ghost sich durch den Lieferanteneingang verdrückte.
Die Kamera findet ihr Ziel in einer Seitenstraße wieder. Rick steht am Straßenrand, hat sich die Jacke über die Schulter gelegt und wirkt total aufgedreht. In der Hand hält er eine kleine braune Lederbox von der Größe einer Zigarrenkiste. Vor ihm stehen noch ein paar Teenager, die ihn nicht beachten und ihrer Wege gehen. Dann liegt die Straße menschenleer, und zwei große Scheinwerfer kommen um die Ecke gebogen. Ein langer weißer Stretch- SUV mit getönten Scheiben kriecht heran. Er gehört Ghost. Die Limousine bleibt vor Rick stehen, während er die Lederbox von einer Hand in die andere wechselt. Er wirft aufgeregt einen Blick in die Kamera: D as ist mein Auftritt .
Ein dickes schwarzes Seitenfenster gleitet nach unten. Ich kann niemanden dahinter erkennen. Die Kamera senkt sich, und ich sehe immer noch nichts, verstehe aber die Unterhaltung.
»Ron Caspari?«, fragt eine tiefe Stimme.
»Höchstpersönlich«, erwidert Rick.
»Meine Jungs sagen mir, dass Sie etwas Besonderes für uns haben«, meint Tiefe Stimme.
»Richtig.«
»Ich habe die Fotos gesehen. Sieht irgendwie nicht echt aus. Haben Sie sie da?«
»Ja.«
»Zeigen Sie her.« Etwas wird geöffnet. Nach einer Weile sagt der Mann: »Hei-lige Scheiße!«
»Mann, das ist irre!«, sagt jemand anderes. »Wo haben Sie das Ding her?«
»Ich habe Freunde«, antwortet Rick. »Einer von ihnen ist Wärter in einem Staatsgefängnis, wo das hier vom ehemaligen Besitzer eines Hedgefonds eingeschmuggelt wurde. Der Wärter war mir einen Gefallen schuldig.«
»Muss ein großer Gefallen gewesen sein.«
»Der allergrößte«, sagt Rick. »Der einzige Haken ist, dass ich ihm versprechen musste, das Ding nicht zu verkaufen, was keine Rolle spielt, denn ich bin ja kein Händler. Ach ja, es wurden nur fünf davon hergestellt.«
»Wo sind die anderen?«
»Der Mann, der das Nano-Polymer entwickelte, behielt zwei für sich selbst. Der Hauptgeschäftsführer von Blackwater hat eine gekauft. Die letzte ging an einen Sitcom-Star, der nicht aufhören kann, seine Frauen zu verprügeln.«
»Char…«
»Ja, genau der.«
Jemand stößt einen Pfiff aus.
»Die Dinger kommen durch jeden Flughafenscanner der Welt«, sagt Rick. »Unser Geschenk an Sie.«
»Warum so großzügig, Ron?«
»Nehmen Sie uns ein Stück mit? Meine Frau will ihn unbedingt kennenlernen.«
»Ach ja?«
»Im biblischen Sinn«, sagt Rick.
»Cool«, gibt die tiefe Stimme zurück. »Springt rein.«
Ich wusste, was los war. Ghosts Agent und Manager und zwei oder drei seiner Bodyguard-Freunde ließen Champagnerflaschen und Blunts kreisen. Musik wummerte, und bald würde sich eine Kollektion junger Mädchen ganz kostenlos an ihrem ersten Lapdance versuchen. Aber die Frage, die mir durch den Kopf schoss, während ich Füße und Hände und dann einen Ausschnitt des Teppichs auf dem Boden betrachtete, auf dem die Kamera abgelegt wurde, lautete: Warum sie? Was hat er ihnen gegeben?
Ohne den Dezibel-Overkill der Bühne übersteuert das Mikrophon nicht mehr und gibt den Ton sauber wieder. Alle sind noch voll in Fahrt von der Show. Aufgedreht reden sie durcheinander, übertönen sich gegenseitig, führen vier Unterhaltungen gleichzeitig. Schrilles Gelächter. Geschrei und Gekreische. Als die Kameralinse sich vom Boden löst, sind die Rollen vertauscht. Rick filmt jetzt die Frau. Obwohl ich es schon die ganze Zeit wusste, brauche ich eine Weile, um sie mit ihren rabenschwarzen Haaren und dem silbernen Abendkleid zu erkennen, in dem sie aussieht wie eine düstere Version von Michelle Pfeiffer in Scarface . Die Sommersprossen um ihre Augen verraten sie.
»Du kommst mir bekannt vor«, sagt einer der Männer zu ihr. »Warst du bei der Show in Oakland letzte Woche?«
»Nein«, antwortet Rick.
Annette sagt nichts. Sie konzentriert sich ganz auf Ghost, der neben ihr auf der Rückbank sitzt. An ihrer anderen Seite sitzt Ghosts Sicherheitschef, der Mann mit der tiefen Stimme, Circus Mouse. So sieht die hintere Reihe aus: ein schwarzer Riese, Annette, Ghost. Ghost hat sich hingelümmelt und nimmt mit seinen Beinen einen Haufen Platz weg, während er die Lederbox öffnet und ihren Inhalt betrachtet. Er hält das wertvolle Ding in die Höhe und dreht es hin und her.
»Verdammt, so was von schön«, sagt er und gibt dem Ding einen Kuss.
Es sieht aus wie jede
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