Ewig Böse
könne nicht ohne sie leben.
Olivia setzte dazu an, etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber anders.
»Reden Sie«, meinte ich. »Was immer es ist.«
Sie wurde unruhig, dann heftete sie den Blick fest auf mich. »So etwas ist nicht in Ordnung. Das ist, das ist unnatürlich . Merken Sie das denn nicht?«
Ich musterte die Schuhe. »Ich weiß nicht, wo die hergekommen sind.«
»Sie standen in der Badewanne«, schrie sie, und jetzt machten ihre Augen mir mehr Angst als die Schuhe. »Seit zwei Jahren putze ich für Sie, und jetzt muten Sie mir so etwas zu!«
Ich fuhr mir genervt übers Gesicht. »Nein, nein, Olivia, hören Sie zu. Ich habe die Schuhe nicht in die …«
»Sie haben sie im Garten ausgebuddelt! Wie ein Hund! Ich war draußen, um die Veranda zu kehren, und da habe ich all die Löcher gesehen. Ihre Schuhe. Ganze Haufen von Schuhen! Was für ein Mensch sind Sie eigentlich?«
»Was?«
»Gehen Sie zum Arzt, James. Sie sind krank.« Sie zitterte, und eine Drahtbürste rutschte vom Tablett auf den Boden. Sie achtete nicht darauf, ihr Blick glitt unstet durch den Raum.
»Olivia. Was ist denn? Stimmt etwas nicht hier im Haus?«
Ihre Nasenlöcher blähten sich. »Es ist verdorben. Sie müssen sie loslassen.«
»Was soll das heißen? Was ist passiert?«
»Wenn Sie nicht Ihren Frieden mit ihr machen, werden andere ihr in dieses Haus folgen. Sie wird das Böse hierher ziehen, und Sie werden nie wieder Frieden finden.«
»Was …«
»Leben Sie wohl!« Olivia ließ ihre Bürste auf dem Fußboden liegen, rauschte hinaus und knallte die Tür hinter sich zu.
Nachdem das Motorengeräusch ihres kleinen Nissan-Vans verklungen war, ging ich zur Hintertür hinaus. Ich stand auf der Veranda und betrachtete den Rasen. Auf den ersten Blick wirkte es beinahe komisch, aber es war alles andere als das. Es gab elf Löcher, jedes etwa dreißig Zentimeter tief und ebenso breit, daneben kleine, noch feuchte Haufen ausgehobener Erde. Neben mindestens der Hälfte der Löcher lag ein weiteres Paar von Staceys Schuhen, ähnlich verschmutzt wie das erste. Ihre kleinen grünen Converse Chucks . Ihre schwarzen Samtclogs. Ihre pinkfarbenen Espadrillos. Andere, die ich vergessen hatte, deren Anblick mir aber aufs Neue das Herz zerriss. Am Rand des Rasens lag eine schlammverkrustete Schaufel. Da schien ein Goldgräber am Werk gewesen zu sein. Goldpumps.
Dachte Olivia etwa, ich hätte im Suff die Schuhe meiner Frau verbuddelt und sie dann letzte Nacht in einem Anfall von Geistesabwesenheit im nüchternen Zustand wieder ausgegraben?
Blödsinn. Würde ich nicht, könnte ich nicht. Niemals.
Aber war ich mir da so sicher?
In der Hand hielt ich immer noch Olivias Scheck über hundert Dollar. In der oberen linken Ecke stand JAMES HASTINGS & STACEY HASTINGS . Wir hatten immer noch ein gemeinsames Konto. Ein Psychologe könnte das als weiteres Indiz dafür sehen, dass ich sie nicht loslassen wollte.
Aber im Garten Löcher zu buddeln? Was sollte das für eine Art von Schlafwandeln sein?
Jemand pfuschte da in meinem Leben herum, und wenn ich herausbekam, wer es war, würde er es bereuen. Ich zerfetzte den Scheck und achtete darauf, dass der erste Riss genau zwischen unseren Namen verlief.
11
Seit Staceys Tod war ich total vergesslich, was Schlüssel, Sonnenbrillen, Fernbedienungen anging. Alles, was man in die Tasche stecken und verlegen konnte. Deshalb war ich nicht sicher, ob vielleicht jemand meinen Lagerraum im Self-Store-It-Center geknackt hatte. Ich hatte nämlich ein billiges Zahlenschloss wie für einen Highschool-Spind angebracht, nicht eines dieser Dinger, die man nur mit einer Schrotflinte aufschießen kann. Letztere werden mit zwei Messingschlüsseln geliefert, und die hätte ich inzwischen längst verloren. Das Zahlenschloss war noch da – und versperrt. Es gab kein Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens, aber man musste nicht unbedingt ein Genie sein, um hinter die Kombination zu kommen. Es war unser Hochzeitstag. Und außerdem hatte ich ein Kärtchen an den Boden meiner mittleren Schreibtischschublade geklebt, auf dem dick mit rotem Marker LAGERRAUM geschrieben stand. Und darunter: 09-04-04.
Ich öffnete das Schloss, steckte es in die Gesäßtasche und schob das Rolltor hoch. Alles schien in Ordnung zu sein, aber trotzdem zog sich mein Magen zusammen, und ein nervöses Jucken breitete sich auf meiner Haut aus. Ich war ein Junkie, der vor seiner Lieblingsdroge stand.
Staceys Sachen.
Ich hatte die Kartons an den
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