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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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schon zwei Mal ins Riverside-Outlet-Einkaufszentrum zitiert. Zuletzt hatten sie einen kleinen Kabelschneider in Staceys Tasche entdeckt. Das war nicht in Ordnung. Vielleicht für ein vierzehnjähriges Mädchen. Aber nicht mit einunddreißig, als erwachsene Frau.
    An jenem Morgen, dem Morgen des Geschehens , wie die Polizei später sagte, sah ich sie nicht aus dem Haus gehen. Sie meldete sich nicht. Am Abend fing ich an, mir Sorgen zu machen. Ich rief ihre Freundinnen an, aber keine hatte sie gesehen. Ich telefonierte mit dem Gartencenter und der Kunstgalerie, aber sie war weder bei dem einen noch bei dem anderen eingeteilt gewesen.
    Am Ende stand ich vor der Spüle und sah zu, wie der Tag der Dämmerung wich. Ich blickte zum Fenster hinaus, ohne so recht etwas wahrzunehmen, und dachte, vielleicht wäre es langsam Zeit, die Polizei anzurufen. Und da bemerkte ich, dass das Garagentor offen stand. Es war eine frei stehende Durchfahrtsgarage, sie hatte also zwei Tore, von denen eines in die Gasse mündete. Als ich dieses offene Tor sah, beschlich mich ein ganz übles Gefühl. Dieses schattenhafte Loch raunte mir von jenseits des Gartens aus etwas zu. Ich redete mir ein, dass sie einfach vergessen hatte, es zuzumachen, oder vielleicht waren die Batterien der Fernbedienung leer, doch im Innersten wusste ich, dass mich dort etwas Schlimmes erwartete.
    Ich trank ein Glas Wasser und ging hinaus. Ich rannte nicht. Ich schlenderte sozusagen durch den Garten. Und ungefähr auf halbem Weg sah ich den weißen Audi ganz hinten in der Garage stehen.
    Die Zeit sprang ein Stück weiter.
    In einer Sekunde war ich noch im Garten. In der nächsten stand ich neben dem Audi S5, die Fahrertür war offen, die Schlüssel steckten im Zündschloss. Der Motor war aus. Im Tassenhalter in der Konsole stand ein großer Plastikbecher voll Eiskaffee. Der Wagen ragte mit dem Heck ein Stück in die Gasse hinaus.
    Mein erster Gedanke war: O Gott, irgendein Psychopath mit einem Van hat sie sich geschnappt und ist inzwischen schon auf halbem Weg nach Utah. Genau wie in dem Ghost-Song »Take My Wife« . Unter der Last dieses Gedankens und der furchtbaren Bilder, die er heraufbeschwor, stöhnte ich auf. Dann stellte ich mir vor, sie hätte mich verlassen. Ich wünschte mir beinahe, es gäbe da einen anderen Mann, denn alles andere würde schlimmer sein.
    »Nein«, sagte ich zu der Garage. Dies ist kein Tatort. »Irgendetwas hat sie abgelenkt.«
    Wieder schien die Zeit einen Sprung zu machen.
    Ich stand in der Einfahrt. Blickte mich um. Ein Sofa stach mir ins Auge, an das ich mich nicht erinnerte, so ein Ding in schreiendem Samtorange, aus dessen Polstern schmutzige Schaumstofffetzen quollen. Die Farbe des Wahnsinns. Das hatte jedenfalls mal jemand zu mir gesagt – Orange ist die Farbe des Wahnsinns. Doch ich hatte nie darüber nachgedacht, bis ich diese Couch ansah. Es war nicht so, dass sie einen kleinen Riss irgendwo gehabt hätte. Der Stoff hing in Fetzen, das Holzgestell war zersplittert. Die Sprungfedern drückten sich stramm wie Stricknadeln durch. Ich habe in dieser Straße schon einiges verwanzte Zeug herumstehen sehen, aber diese Couch sah aus, als hätte sich ein einäugiger Zweihundert-Kilo-Mongole unter Drogen mit einem Samuraischwert darüber hergemacht und einfach nicht aufhören wollen, bis ihm die Arme abfielen.
    Daneben türmten sich Einwickelpapiere und anderer Müll. Und dahinter lag eine dunkelbraune Teppichrolle, an der frisches Unkraut klebte, zusammengeklappt wie eine Tortilla. Ich folgte der langen Schleifspur mit den Augen und bemerkte Reifenabdrücke, fette breite Streifen frisch aufgewühlten Drecks, wo jemand ins Schleudern gekommen war. Sechs Meter weiter auf der anderen Seite der Garage war das Unkraut an einer Stelle, wo monatelang etwas gelegen hatte, plattgedrückt und weiß wie die Bäuche toter Fische.
    Meine Hand griff wie von selbst nach dem Teppich und klappte ihn zurück, so, wie man ein sauber ausgebreitetes Laken aufschlägt. Ich starrte hinab auf den zerschmetterten Körper und das Gesicht mit dem einen Auge, das mich anglotzte, auf das Unkraut und die schlammigen Schichten aus geronnenem, dunkelrotem Blut in ihrem weißblonden Haar. Und da senkten sie sich über mich, ein paar stinkende Lederflügel, die mit der Haut verschmolzen und ein Teil von mir wurden.
    »O meine Süße.« Ich sank neben ihr auf die Knie. Ich versuchte, den Dreck der Straße aus ihrem Haar zu wischen. »Mein süßes Mädchen …«
    Ich

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