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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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begraben worden! Er versuchte, sich nicht vorzustellen, welches Grauen sie empfunden hatte. Er nahm ihr Gesicht näher in Augenschein.
    Gott, nein … das konnte doch nicht sein! Er glaubte, sich übergeben zu müssen. Trotz der Blutergüsse erkannte er die feinen, ebenmäßigen Züge, die Hände, deren sorgfältig manikürte Nägel jetzt abgerissen waren, die offenen, von Grauen gezeichneten toten Augen von Barbara Jean Marx. »Verdammte Scheiße«, flüsterte er, wandte sich kurz ab und atmete tief die frische Luft ein.
Bobbi? Nein!
Als er sich dem Unfassbaren wieder zuwandte, war er sicher, dass sie es war. Die nackten langen Beine verfärbt von Prellungen, die schönen Brüste flach auf den Rippen.
    Sie lag da, vollkommen ausgezogen, auf den verwesenden Überresten eines anderen Menschen. Der Tod war offenbar erst vor kurzer Zeit eingetreten, vermutlich vor nicht mal einem Tag. Blut war aus ihren Ohren geronnen, ihre Hände waren zu blutigen Klauen gekrümmt, als hätte die Totenstarre bereits eingesetzt, während sie noch immer versuchte, sich zu befreien.
    »Kennen Sie sie?«, fragte Baldwin.
    Reeds Magen krampfte sich zusammen. Die Kehle wurde ihm eng. Er kämpfte gegen den Brechreiz an. »Ja«, flüsterte er schließlich, immer noch fassungslos, den Blick starr auf die Tote gerichtet. Wie war das nur möglich? Bobbi? Die lebhafte, sexy, unverfrorene Bobbi? Die Zeit schien stillzustehen. Die Geräusche der Nacht setzten aus. Bilder spulten sich vor seinem inneren Auge ab, erotische Bilder von dieser Frau mit den verführerischen braunen Augen, dem harten, muskulösen Körper, dem Nichts von einem roten Mieder, das ihre großen Brüste mit den unglaublichen Spitzen freiließ. Langsam hatte sie ihn bestiegen, mit absichtlich schmalen Augen, ihre Finger strichen über jede einzelne seiner Rippen, die Nägel fuhren sanft über seine Brust. Währenddessen schwitzte er, sah sie an, rang nach Luft, seine Erektion hart und schmerzhaft. Himmel, wie er sie begehrt hatte! Jetzt, beim Anblick ihrer bleichen, leblosen Gestalt, räusperte er sich und verbannte die sinnlichen Gedanken aus seinem Kopf. In diesem Moment erschienen sie ihm allzu profan. Ein Muskel zuckte in seiner Wange, und er fühlte nicht nur Traurigkeit und Ekel, sondern plötzlich auch eine große Müdigkeit. Wie hatte ihr so etwas widerfahren können? Wer hatte ihr das angetan? »Ihr Name ist Bobbi Jean. Barbara Jean Marx.« Seine Stimme klang rau und heiser, sogar in seinen eigenen Ohren. Er hatte sie zwar nicht geliebt, aber trotzdem …
    »Wie gut kannten Sie sie?«, fragte der Sheriff, und die Art, wie er die Brauen hochzog, ließ ahnen, dass ihn ein Verdacht befiel.
    Reed biss die Zähne zusammen. Holte tief Luft. Spürte die Blicke eines halben Dutzend Polizisten auf sich gerichtet. »Sehr gut.« Er wandte sich ab von dem, was von ihr übrig geblieben war, und wehrte sich gegen die unbändige Wut, die seine Seele zerreißen wollte. Es gab keinen Grund, die Wahrheit zu verschweigen. Sie würde jetzt sowieso ans Licht kommen. »Vor ein paar Monaten hatte ich eine Affäre mit ihr.«

3. Kapitel
    S agen Sie, das Mikrofon in dem Sarg, funktioniert das?« O ja, dachte der Überlebende, das funktioniert prima. Und dieses kleine Tonband auch. Das ist das Schöne an Hightech. Pierce Reeds Stimme erreichte ihn nur ganz leicht verzerrt, obwohl die Entfernung zu ihm eine halbe Meile betrug. Weiter oben auf einem Hügel, verborgen unter Bäumen, das Fernglas auf die Stelle gerichtet, wo die Kliegscheinwerfer den Waldboden ausleuchteten, lauschte er dem Gespräch. Sein Tonband übertrug jedes kleinste Geräusch. Viel ausmachen konnte er nicht, weil die dichte Vegetation ihm die Sicht versperrte, doch während er durch die Tannenzweige spähte, empfand er trotzdem ein Wohlbehagen, ein Gefühl der Vergeltung.
    »Wir glauben schon. Das Mikrofon sieht neu aus«, erwiderte schließlich eine Männerstimme.
    »Dann könnte der Scheißkerl uns ja in diesem Moment belauschen.« Das war Pierce Reeds Stimme. Trotz all der Jahre, die inzwischen ins Land gegangen waren, erkannte der Überlebende die Stimme, und ihm sträubten sich die Nackenhaare.
    »Die Möglichkeit besteht«, pflichtete eine andere Stimme ihm bei, vielleicht war es dieser Hornochse von Sheriff. Ein paar Sekunden lang hörte er nichts außer Hintergrundgeräuschen und gedämpften Stimmen. Zweifellos hatten sich die Polizisten abgewandt und sprachen darüber, dass sie längst die Hügel der Umgebung

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