Ewig sollst du schlafen
ihrem Handgelenk. Mit kräftigen Fingern drückte er zu. »Das geht auf mich.« So schnell, wie er sie gepackt hatte, ließ er sie auch wieder los. Er wandte sich der Kellnerin zu und brachte ein schmales Lächeln zustande. »Setzen Sie Miss Gillettes Bestellung mit auf meine Rechnung.«
»Mach ich«, sagte Jo, und ihr Blick wanderte rasch von Reed zu Nikki und wieder zurück. Sie legte die Rechnung auf den Tisch, machte auf dem Absatz kehrt und strebte einem Tisch in der Nähe zu, an dem sich gerade eine Gruppe von Männern in Jagdkleidung niederließ.
Nikki versuchte, den Schaden zu begrenzen, eine gewisse Verbindung zu diesem Mann aufrechtzuerhalten. »Hören Sie, Detective Reed, es tut mir Leid, wenn unser Treffen unter falschen Vorzeichen begonnen hat.«
»Es hat gar nicht erst begonnen.«
»Warum können Sie mich eigentlich nicht ausstehen?«
»Es ist nichts Persönliches.«
»Ach, nein?«
»Es liegt an Ihrem Beruf. Ich kann Reporter grundsätzlich nicht leiden. Nicht einen einzigen. Sie stehen immer nur im Weg.«
»Manchmal sind wir auch nützlich. Es ist schließlich in Ihrem Interesse, dass die Öffentlichkeit informiert wird.«
»Selten. Im Grunde putschen sie die Leute lediglich auf, schüren Spekulationen, jagen den Menschen Angst ein. Sie bringen Storys, die nicht immer hieb- und stichfest sind … das geht mir gewaltig auf die Nerven. Aber zitieren Sie mich bitte nicht. Das ist nicht zur Veröffentlichung bestimmt.«
»Ihnen passt es nur nicht, dass Sie überwacht werden. Die Medien verpflichten Sie zur Ehrlichkeit.«
»Die Medien sind eine einzige Plage.« Er senkte den Blick auf sein Essen, das er noch nicht angerührt hatte, runzelte die Stirn und zückte seine Brieftasche. »Ich hab’s mir anders überlegt. Sie können bleiben. Ich habe keinen Hunger mehr.« Er warf einen Zwanziger auf den Tisch und erhob sich. »
Bon appetit!
«
»Hey, Moment mal!« Sie stürzte ihm nach und flog zur Tür hinaus. Reed schritt bereits auf seinen Eldorado zu. Auf dem Weg über den Parkplatz schlug Nikki kalte Luft ins Gesicht. Als sie ihn erreichte, hatte er die Fahrertür schon aufgeschlossen. »Okay, okay, ich entschuldige mich für meine letzte Bemerkung«, sagte sie. »Ich habe es vermasselt. Das, was in San Francisco vorgefallen ist, hätte ich nicht erwähnen dürfen. Und ich bin zu weit gegangen, als ich meinen Beruf verteidigt habe. Ich weiß, dass es Reporter gibt, die … eine Story aufbauschen, nur um große Schlagzeilen zu machen. Ich habe es völlig falsch angepackt. Aber ich will diese Story! Ich verlange ja gar nicht von Ihnen, dass Sie etwas über den Ermittlungsstand preisgeben. Und ich erwarte auch keine Sonderbehandlung. Aber ich suche nach einem neuen Ansatzpunkt. Sie arbeiten in Savannah und sind hoch in den Norden gefahren, in den Bereich einer anderen Behörde.«
»Na und?«
»Warum? Was geht es Sie an, wenn da oben ein Mord passiert? Was läuft da?« Er antwortete nicht, stand einfach nur da. »Ich will mit Ihnen zusammenarbeiten, nicht gegen Sie«, versuchte sie es noch einmal, doch er sah sie lediglich an. Es war immer noch dunkel, Regen fing sich in seinem dunklen Haar, und seine Miene wirkte im bläulichen Schimmer der Neonbeleuchtung des Lokals hart und kantig. Unzugänglich. Beinahe zornig.
»Dir Journalisten«, sagte er so leise, dass sie die Worte kaum hören konnte. »Dir wisst einfach nicht, wann es Zeit ist aufzuhören, was?«
»Genauso wenig wie Sie. Wenn Sie einfach aufhörten, würde kein Fall jemals gelöst werden.«
»Das ist nicht das Gleiche.«
»Wir machen beide unsere Arbeit.«
»Ganz recht. Und meine wartet schon.« Er stieg in den riesigen Wagen, schob den Schlüssel ins Zündschloss und ließ den Motor an.
Wütend auf sich selbst trat Nikki zurück und blickte dem Wagen nach, der nun vom Parkplatz fuhr. »Klasse«, sagte sie leise zu sich selbst. »Einfach toll. Verdammt noch mal, du bist eine Superreporterin, Gillette.« Zum Schutz vor dem Regen schlug sie ihren Kragen hoch, ging zurück zum Parkplatz der Bank und setzte sich hinter das Steuer ihres Wagens. So viel zu ihrem Versuch, an Reed heranzukommen. Das war schief gegangen, aber gründlich. Jetzt stand sie wieder genau dort, wo sie angefangen hatte. Wieder einmal. Auf jeden Fall musste es einen Grund dafür geben, dass man Reed nach Lumpkin County beordert hatte. Einen gewichtigen Grund. Sein Sachverstand? Seine Beziehungen? Die Tatsache, dass er dort geboren war? Was konnte es nur sein? Sie
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