Ewige Versuchung - 5
konnte nichts davon wissen. Nein, das war ausgeschlossen!
»Wie es scheint, wollen sie nicht bloß den Gral«, fasste Chapel zusammen. »Sie wollen uns.«
Temple stimmte ihm zu. »Sie haben versucht, uns alle auf die eine oder andere Art in die Finger zu bekommen.«
Reign schaute sich um. »Also, was immer sie vorhaben, sie benötigen dafür Schöße, den Gral und uns.«
»Das kann nichts Gutes bedeuten«, bemerkte Bishop trocken und neigte seinen offenbar verspannten Nacken nach hinten. »Und du sagst, Villiers steckt hinter allem?«
Temple nickte. »Laut Payen Carr begann das Wiederaufleben des Silberhandordens vor zwanzig Jahren – ungefähr zu der Zeit, als Villiers eigentlich Violet Wynston-Jones heiraten sollte.« Er sah zu Vivian. »Wusstest du etwas darüber?«
Seit einer ganzen Weile schon war Temple zu gebannt von den Erzählungen, als dass er auf Vivians Reaktion geachtet hätte. Jetzt, da er zu ihr blickte, wurde ihm eiskalt. Sie wirkte wie ein kleines Kind, ängstlich, allein und den Tränen nahe. Als sie jedoch zu ihm schaute, wich dieser Ausdruck in ihrem Gesicht sofort Empörung.
»Hat von Ihnen, außer Temple, irgendeiner je Rupert Villiers kennengelernt?«, erkundigte sie sich, statt seine Frage zu beantworten. Sie konnte nichts über Villiers, dessen Vergangenheit oder dessen Taten wissen, sonst wäre sie weder so überrascht noch so zutiefst verletzt.
Selbstverständlich war keiner der anderen Villiers begegnet, nicht dass sie wüssten, und das sagten sie auch.
Wütend blickte Vivian Temple an. »Ich weiß, dass du ihn für den Übelsten aller Schurken hältst, und vielleicht ist er es. Aber Rupert Villiers rettete mir das Leben!«
»Hast du jemals überlegt, warum?«
Sie schluckte. »Natürlich.«
»Du weißt, dass er etwas von dir will, Vivian. Du kannst mir nicht erzählen, das sei dir nicht bewusst.«
Ihr Teint ließ nicht zu, dass sie ihre Röte verbarg. »Er war ausnahmslos freundlich und gütig zu mir.«
Zum Teufel mit ihren Scheuklappen! Wie konnte sie einem Mann die Treue halten, der sie bloß benutzen wollte, nicht aber ihm, der nichts weiter wollte, als sie wieder in den Armen zu halten? »Weil du ihm nützlich bist. Warum begreifst du es nicht? Er benutzt dich!«
Ihre Wangen wurden noch röter. »Und du nicht?«
Schweigen folgte, als sie zur Tür ging und sie hinter sich zuschlug. Alle sahen ihn an – er fühlte ihre Blicke –, aber Temple starrte weiter auf die Tür. Ihre Worte ließen ihn eiskalt werden. Auch wenn er wusste, dass sie zutrafen, wollte er ihr erklären, dass er anders als Villiers war. Dabei musste er sich eingestehen, dass das nicht stimmte. Er hatte vorgehabt, sie zu seinem Vorteil zu benutzen, und das noch bevor er wusste, was sie war.
Komm zurück!,
flehte er stumm.
Komm zu mir zurück!
Sie tat es nicht. Stattdessen erhoben sich nun die Frauen im Zimmer eine nach der anderen.
»Wir reden mit ihr«, versprach Prudence, als sie hinausgingen.
»Danke«, sagte Temple verwundert. Offenbar hatten sie begriffen, dass Vivian vollkommen ahnungslos war, was die wahre Natur des Ordens betraf. Und das befriedigte ihn ungemein, auch wenn er es zugleich hasste, sie so verwundet zu sehen. Sie war nicht böse, sondern ein Pfand. Ein unschuldiges Pfand, das keine Ahnung hatte, wie rücksichtslos der Mann sie einsetzen wollte, den sie verehrte.
»Keine Sorge«, versuchte Saint, ihn zu beruhigen, »die Mädchen richten alles wieder.«
Bishop sah ihn erbost an. »Du kennst keine von ihnen gut genug, um das zu behaupten!«
Der andere Vampir blieb gänzlich ungerührt. Doch Temple wusste aus Erfahrung, dass Saint wie eine Schlange war. Er mochte vollkommen ruhig erscheinen, was jedoch nicht hieß, dass er nicht jede Sekunde zuschlagen konnte. »Wenn es dich glücklich macht, das zu denken, dann solltest du es unbedingt glauben.«
»Ich hätte nicht übel Lust, euch beide notfalls gründlich zu verdreschen«, warnte Temple sie. »In der Stimmung wäre ich durchaus.«
»Uns gegenseitig zu attackieren, beschert uns keine Lösungen«, schaltete sich der allzeit vernünftige Chapel ein. »Wir müssen geschlossen kämpfen, wenn wir den Silberhandorden aufhalten und zumindest den Anschein eines normalen Lebens für uns wahren wollen.«
»Chapel hat recht«, pflichtete Reign ihm bei. »Falls ihr zwei euch also die Köpfe einschlagen wollt, macht es zügig, damit wir uns Wichtigerem zuwenden können. Als da beispielsweise wäre, unsere Frauen vor diesen
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