Ewige Versuchung - 5
lag Vivian neben ihm und bemühte sich, ihre wirren Gefühle zu beruhigen. Ihr kam es vor, als wäre sie nun noch übler durcheinander als vorher. Zugleich jedoch schienen einige Dinge nach diesem Liebesakt verblüffend klar.
Entweder verliebte sie sich in diesen Mann, oder sie verlor den Verstand. Möglicherweise auch beides.
Als er ihr sanft die Wange streichelte, musste sie die Augen zusammenkneifen, um ihre Tränen zurückzuhalten, die sich bereits in den Wimpern sammelten.
»Du bist vollkommen«, flüsterte er nahe an ihrem Ohr. »Vollkommen für mich.«
O Gott!
Eilig stieß Vivian ihn weg, sprang aus dem Bett und raffte ihre verstreuten Kleider zusammen. Ob sie alles fand, wusste sie nicht; es kümmerte sie auch nicht. Temple blieb stumm, machte keinerlei Anstalten, sie aufhalten zu wollen, aber sie spürte seinen verwunderten Blick. Nackt, mit dem Kleiderbündel im Arm, lief sie aus dem Zimmer, ohne sich noch einmal zu ihm umzusehen. Sie konnte es einfach nicht.
Hätte sie zurückgeschaut, hätte sie Temple gesehen, und falls dieser sie auch bloß mit einem Anflug von Zuneigung ansähe, würde sie sich in seine Arme werfen und ihn anflehen, sie nie wieder gehen zu lassen.
Jetzt aber musste sie fortrennen, nicht zu ihm hin. Sie musste für sich sein, sich allein über manches klarwerden, statt Ruperts oder Temples Rat zu folgen. Denn sie musste sich für einen von beiden entscheiden, und diese Entscheidung konnte sie alle teuer zu stehen kommen. Vor allem fürchtete sie, dass sie ihre Wahl schon getroffen hatte.
Zum Teufel mit Freundlichkeit und Güte! Zum Teufel mit Gleichheit! Temple behandelte sie, wie sie noch niemand behandelt hatte.
Wie eine Frau.
Nachdem er den Rest des Abends in der Bibliothek über das nachgeforscht hatte, was Temple ihnen über Vivian erzählt hatte, schlurfte Marcus in den frühen Morgenstunden erschöpft zu seinem Zimmer.
Er musste sogar so kraftlos sein, dass er schon halluzinierte, denn als er oben an der Treppe ankam, glaubte er, eine Frau
in eines der Zimmer auf der anderen Korridorseite huschen zu sehen, und sie war nackt.
Ungläubig schüttelte er den Kopf. Das konnte doch nicht Vivian gewesen sein, oder? Nein, ganz gewiss spielte seine übermüdete Phantasie ihm Streiche.
Gedanken daran, was Vivian sein mochte und was nicht, bekleidet oder unbekleidet, kreisten ihm durch den Kopf, so dass er beim Betreten seines Zimmers gar nicht gleich bemerkte, dass er Besuch hatte. Vor allem überraschte ihn, wer dieser Besuch war.
Shannon, die angriffslustige Magd, stand in nichts als einem leichten Leinennachthemd neben seinem Bett. Durch das zarte Kleidungsstück zeichneten sich sowohl ihre Brustspitzen als auch die Wölbungen ihrer Hüften deutlich ab.
Weder er sprach ein Wort noch sie. Stumm begegneten sie sich in einer stürmischen Umarmung, fielen zusammen auf die Matratze und rissen einander fieberhaft ihre Kleidung vom Leib, bis sie Haut an Haut dalagen.
Marcus stellte fest, dass er doch nicht so matt war, wie er gedacht hatte.
»Wir dürfen uns nicht wiedersehen«, sagte Rupert zu der Frau neben ihm im Bett. »Es ist zu gefährlich. Du musst baden, bevor du auf die Insel zurückfährst, sonst riecht Temple mich an dir.«
Seine Geliebte rekelte sich träge, gänzlich unbekümmert ob der möglichen Gefahr. Anmaßung war etwas Schreckliches. Er hatte sie schon bei mächtigeren Menschen bezeugt, wie auch die ruinösen Folgen, die sie zeitigte. Und er würde nicht zulassen, dass ihre unbegründete Überheblichkeit alles zerstörte, wofür er gearbeitet hatte.
»Mach dir keine Sorgen«, entgegnete sie selbstgewiss. »Ich habe frische Kleider im Gasthaus, und ich bade, ehe ich zurückfahre. Temple wird nichts ahnen.«
»Du unterschätzt ihn. Das ist ein Fehler.«
Ihr gefiel sein Tonfall nicht, wie er an ihrem Schmollen und dem zornigen Funkeln ihrer Augen erkannte. »Und du überschätzt deine teure Vivian. Sie war gleich in der ersten Nacht in seinem Bett. Hast du das gewusst?«
Rupert wandte den Blick ab. Es tat nichts zur Sache, dass sie sich dem Vampir hingab. Ihre Jungfräulichkeit war nicht der Grund, weshalb er sie bei sich aufgenommen und sie jahrelang in seiner Nähe behalten hatte. Dank Temple würde Vivian ihr erstes Mal in seinem Bett noch mehr genießen können, als wäre sie dann noch unschuldig. Und das war für sie beide gut. Angesichts ihrer Rolle in seinem Plan wollte er nur, dass sie glücklich war.
»Meinst du, dass sie in ihn
Weitere Kostenlose Bücher