Ewige Versuchung - 5
dass es beinahe schon etwas Beängstigendes hatte.
Temple wich zurück, nicht weil er wollte, sondern weil er musste. Da war noch mehr, was er ihr sagen sollte. Sanft strich er ihr über den Rücken, zupfte an dem roten Zopf, der ihr bis zum Po reichte.
»Ich erzähle dir all das, damit du weißt, wie bedeutend du bist, Vivian.« So ungern er sie aus seinen Armen entließ, tat er es dennoch. Ihr Urteilsvermögen durfte durch nichts getrübt werden, auch oder erst recht nicht durch den Umstand, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. »Ich bin überzeugt, dass Rupert dich für die Abscheulichkeiten, die er plant, braucht, und ich werde alles tun, was ich kann, um das zu verhindern.«
»Sogar mich töten?« Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und blickte ihn an. Sie verurteilte ihn nicht, sondern wollte lediglich wissen, wo sie stand.
Ihm war, als würde ihm ein Messer ins Herz getrieben, trotzdem nickte er. Er hatte schon getötet. Der Gedanke indessen, Vivians Blut vergießen, sie zerstören zu müssen … »Falls ich muss, würde ich dich töten. Ich würde mich selbst töten, um Villiers davon abzuhalten, dich zu benutzen.«
Kaum wurden ihre Züge weicher, begriff er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Ebenso gut hätte er ihr auf den Kopf zu sagen können, dass er sterben würde, um sie zu schützen.
Was er täte.
»Du musst dich entscheiden, auf welcher Seite du stehst«, sagte er und wich dabei einen Schritt zurück. »Das ist keine Drohung, sondern ein Rat. Triff deine Wahl, und handle ihr entsprechend, denn wenn die Zeit kommt, dass Villiers und ich uns gegenüberstehen, wird einer von uns nicht überleben.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte, dass keiner von euch stirbt.«
»Das kannst du nicht verhindern«, entgegnete er mit einem reumütigen Lächeln, bevor er sich zum Gehen wandte. »Du musst dich entscheiden, für wen du kämpfen willst, wenn es so weit ist.«
Mit diesen Worten verließ er das Zimmer, denn er wollte nicht wissen, ob sie für ihn kämpfen würde.
»Wie lange wisst ihr es?« Vivian stellte ihr Whiskyglas lange genug ab, um diese Frage an die Frauen zu richten, die um sie versammelt saßen.
Alle an dem zerkratzten massiven Küchentisch wechselten schuldbewusste Blicke.
»Seit du hier bist«, gestand Shannon. »Wir alle haben es dir angesehen, dass du von der Göttin berührt wurdest.«
Vivian hätte die Augen verdreht, wüsste sie nicht, dass sie damit die Gefühle der Frauen verletzte. »Aber keine von euch hat ein Wort gesagt. Warum nicht?«
Shannon senkte den Blick, und so gestand Agnes schließlich: »Die Missus hat es uns verboten.«
Eine der Älteren bedachte sie mit einem strengen Blick, doch Vivian war dankbar, dass sie ehrlich zu ihr gewesen war. »Was wäre so schlimm daran, wenn ich es weiß?«
»Also, verzeih, Miss Vivian«, begann Shannon, die offenbar ihre Stimme wiedergefunden hatte, »aber es gibt nicht viele, die glauben, dass sie vom ersten Weib Adams abstammen. Die Missus dachte gewiss, dass du uns für albern halten würdest.«
Albern. Höchstwahrscheinlich hätte sie die Frauen dafür gehalten. »Und deshalb habt ihr mich alle so seltsam behandelt?«
»Seltsam?«, wiederholte Agnes. »Na, also ich wusste gar nicht, ob ich überhaupt zu dir sprechen kann!«
Sämtliche Frauen lachten und sahen freundlich zu Vivian, als sie nicht in die allgemeine Heiterkeit einstimmte.
Shannon langte über den Tisch, um Vivians Hand in ihre rissige, starke zu nehmen. »Du bist etwas ganz Besonderes für uns, Miss Vivian. Unsere Verehrung darfst du nicht falsch verstehen.«
»Ich will eure Verehrung nicht«, erwiderte sie etwas zu schroff, was sie auszugleichen versuchte, indem sie Shannons Hand drückte. »Ich dachte, ihr seid meine Freundinnen!«
»Das sind wir!«, erklärte Colleen, eine der älteren Frauen. »Denk ja nicht, wir wären’s nicht, junge Miss!«
Und in diesem Augenblick begriff Vivian, dass sie als die angenommen wurde, die sie war … Weil eine ältere Frau sie liebevoll schalt, statt sie wie eine Höhergestellte zu behandeln. Und diese Erkenntnis trieb ihr Tränen in die Augen – denen der Whisky, den sie getrunken hatte, erlaubte, ihre Wangen hinunterzukullern.
»Ihr habt mir alle das Gefühl gegeben, ihr würdet mich annehmen, wie ich bin«, schniefte sie. »Ich danke euch.«
Alle scharten sich um sie, umarmten sie und küssten sie auf Stirn und Wangen. Rupert mochte sie aufgenommen haben, aber diese Frauen waren ihr
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