Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)
lockiges Haar wallte wie eine Mähne über ihre starken Schultern. Ihre feine Haut erinnerte mehr an eine Statue, als an ein Lebewesen. Und ihre Augen wirkten starr und leblos, selbst als sie mich fixierten. Und blitzte da nicht Haß in ihnen auf?
Ich war nicht ganz sicher, doch ich mußte auf der Hut sein. Noch bevor sie ein Wort gesprochen hatte, bemerkte ich, wie sie in meine Gedanken eindringen wollte, und ich verschloß mich völlig. Früher, ja, da war es ihr möglich gewesen in meinem Innersten zu wühlen, doch das war vorbei.
Sie mußte ein kurzes Aufblitzen meiner Macht gespürt haben, denn sie sah mich einen Augenblick verwirrt an.
»Mein starker Prinz«, flüsterte sie leise, und ihre Stimme klang, als wäre sie lange Zeit nicht benutzt worden – heiser und knarrend.
Sie streckte die Arme nach mir aus, doch ich bewegte mich keinen Zentimeter. Es war eine unglaubliche Anstrengung, ihrer Stärke zu widerstehen. Eine Schweißperle tropfte von meiner Stirn. Sie war ein Zeichen meiner Schwäche, doch ich war bereit ihr entgegenzutreten.
Es würde ein erbitterter Kampf werden, doch ich wußte schon jetzt, daß ihre Macht nicht ausreichte, mich zu vernichten.
»Kämpf doch nicht mit mir«, säuselte sie. »Willst du mich denn gar nicht begrüßen?«
»Warum bist du zurückgekommen?« fragte ich unhöflich und wartete auf ihre Reaktion.
Sie starrte mich einen Moment lang an. Dann kam sie auf mich zu, langsam und erhaben wie eine Königin. Doch ich neigte mein Haupt nicht vor ihr, sondern sah ihr direkt in die Augen.
»Erinnerst du dich an unsere gemeinsame Zeit? Wir hätten die Welt beherrschen können, so wie wir die Ballsäle unserer Zeit beherrschten. War das nicht wunderbar, als wir in unseren prunkvollen Gewändern Mittelpunkt aller Gespräche waren? Wir waren ein bezauberndes Paar, mein Prinz.«
»Wir waren ein grausames Paar«, sagte ich leise und bemühte mich, die Erinnerungen zu unterdrücken.
»Ja, grausam und blutig – wie es Art der Vampire ist. Du hast dich nicht verändert, du bist ein Vampir. Vielleicht hat die Zeit sich verändert, aber du nicht.«
Ich erkannte die Wahrheit in Mayras Worten, doch ich wollte sie nicht hören. Warum nur mußte die Vergangenheit mich einholen?
»Ich erkenne die Macht in deinen Augen. Du bist stärker geworden, als ich erwartet habe – aber ein Mensch bist du nicht geworden, mein Prinz. Warum haßt du mich so?«
»Ich bin dir im letzten Moment entkommen«, schnaubte ich wütend. »Du wolltest mich zu deinem Eigentum machen. Aber ich gehörte dir damals nicht und werde auch in Zukunft mein eigener Herr sein.«
Sie nickte, scheinbar einsichtig. »Dann laß uns ein wenig in Erinnerungen schwelgen, mein Prinz. Erinnerst du dich an unseren Strand? An die Nächte, die uns so lauwarm zudeckten? An das heimelige Rauschen der Wellen? – Ah, ich sehe es an deinen Augen, du erinnerst dich.«
Sie trat noch einen Schritt auf mich zu. Ich widerstand dem Bedürfnis zurückzuweichen und ließ es zu, daß sie mich berührte. Ihre Haut war eisig und glatt.
Fast zärtlich nahm sie meine Hand und flüsterte: »Laß uns dorthin fliegen. Der Wind wird uns tragen, mein Prinz.«
Alles in mir sträubte sich gegen diesen Vorschlag. Sie war viel zu berechnend, viel zu gefährlich, als daß ich ihr trauen durfte. Doch plötzlich überkam mich ein unbändiges Verlangen danach, mich mit ihr in die Lüfte zu erheben und zu diesem wunderbaren Ort aus meiner Vergangenheit zu reisen. Es war reiner Wahnsinn, doch ich konnte nicht widerstehen. Langsam nickte ich, und gemeinsam erhoben wir uns in den dunklen Nachthimmel bis über die Wolken. Sie hielt meine Hand fest umklammert, wie damals, als ich noch nicht fähig war, allein größere Strecken durch die Luft zurückzulegen.
In diesen vergangenen Tagen hatte sie mich gelehrt, die Angst vor dem Fliegen zu verlieren und meine Kräfte voll auszuschöpfen.
Ihr langes dunkelblaues Kleid flatterte im Wind, und sie wirkte noch geheimnisvoller als damals. Ich verbarg meine Kräfte sorgfältig, ließ sie mich über den Wolken halten. Und sie lächelte mich an.
Der Wind war wie eine streichelnde Hand und trug uns zu unserem Ziel, als hätten wir nichts dazu tun müssen. Weich landeten wir auf dem feinen Sand am Strand. Das Mondlicht spiegelte sich auf dem schwarzblauen Wasser. Die Nacht war ungewöhnlich klar.
Fast liebevoll sah Mayra mich an und zog mich an der Hand hinter sich her. Erst, als wir ganz allein waren – weit entfernt
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