Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)
Sollte sie ruhig in dem Glauben bleiben – wenigstens für kurze Zeit noch.
Sie erhob sich wie eine Fee vom Boden und richtete ihre Kleidung. Sand rieselte von ihr herab in meine Augen. Ich fluchte innerlich.
»Steh’ auf«, befahl sie in Herrschermanier.
Amüsiert erhob auch ich mich – doch absichtlich sehr menschlich. Es mußte einen verletzlichen, vielleicht sogar ein wenig plumpen Eindruck gemacht haben, denn Mayra schenkte mir ein mitleidiges Lächeln. Sie war sich meiner so sicher.
Ich klopfte mir mit raschen Bewegungen den Sand aus der Hose. Für Mayra schienen die Verhältnisse offensichtlich wieder geklärt, so daß sie keinen Grund hatte, länger zu verweilen. Fast grob faßte sie meinen Arm und augenblicklich waren wir in der Schwärze des Nachthimmels verschwunden. Überrascht versuchte ich, mich zu orientieren.
Noch war das dunkle Meer unter mir, die unfaßbare Weite. Schwer und träge. Doch schon in der Ferne sah ich das Festland schimmern.
Mayra ging davon aus, daß ich ihr nun ohne Widerstand in ihr dunkles Reich folgen würde. Doch da täuschte sie sich gewaltig. Schweigend ließ ich mich von ihr ziehen, bis wir über einer dichten, undurchdringlichen Wolkendecke waren.
Mit einem kurzen, heftigen Ruck riß ich mich los und ließ mich in die wattigen Wolken fallen.
»Du Närrin«, schrie ich triumphierend, als ich den letzten Blick auf ihr erstauntes Gesicht erhaschte.
Dann fiel ich und fiel. Kurz über dem Boden bremste ich meinen rasanten Sturzflug und versteckte mich eine Zeitlang in einem Waldstück. Doch meine Sorge war unbegründet, denn offensichtlich war Mayra so empört über meine Täuschung, daß sie es nicht in Betracht gezogen hatte, mir zu folgen. Sie würde sich nicht noch einmal lächerlich machen wollen. Dafür war sie zu stolz. Ich wußte, daß ich hoch gepokert hatte, denn wäre sie mir gefolgt, hätte sie mir den Garaus gemacht. Aber ich hatte gewonnen.
Ich lachte leise und setzte meine Rückreise in einem etwas gemäßigteren Tempo fort.
Alex landete in der Nähe des Clubs und schritt gemächlich durch den Eingang. Er sah die verwunderten Gesichter der Türsteher, da er nicht mit dem Wagen vorgefahren war. Was mochten sie wohl denken?
Seine Augen hatten sich schnell an die Lichtverhältnisse gewöhnt, doch er fragte sich, wieviel von allem das menschliche Auge wohl mitbekam. Denn die menschliche Sehkraft war um vieles schwächer, als die eines Vampirs.
Ohne die neugierigen Blicke zu beachten, setzte Alex seinen Weg zur Theke fort, wo er Steven erblickt hatte. Auch dieser hatte ihn sofort erspäht und senkte unsicher den Blick.
Alex setzte sich auf einen der hohen Barhocker und wartete, bis Steven sich durchgerungen hatte, zu ihm zu kommen. Er hatte sich noch immer nicht vollständig erholt, seine Wangen waren eingefallen und seine Haut sehr bleich.
»Einen schönen Abend wünsche ich dir«, begann der Vampir.
Steven lächelte etwas gequält. »Das werde ich noch sehen, ob der Abend schön wird.«
»Warum so zurückhaltend?«
»Weil du nicht der erste Blutsauger bist, der mir heute einen Besuch abstattet.«
»Aha, wer ist denn noch hier?« fragte Alex leicht beunruhigt und sah sich um.
»Gabriel, wer sonst? Er hat mich gefragt, ob er heute auftreten könnte.«
»Das ist mir ein Früchtchen. Glaub nicht, er hätte das mit mir besprochen. Und du hast es ihm erlaubt?«
Steven lachte leicht. »Er hat mich doch im Griff, oder?«
»Weißt du, es ist nicht schlimm, daß du vor ihm Angst hast, Steven. Er ist schließlich ein Killer.« Alex lächelte und ließ dabei seine Eckzähne kurz aufblitzen.
Steven erschauderte. »Danke, daran erinnere ich mich nur zu gut. – Was ist mit dir passiert? Du siehst so anders aus.«
»Ich habe mich – sagen wir mal – einer Verjüngungskur unterzogen. Auf Kosten einer Dame.«
»Ich hoffe nicht, daß du sie umgebracht hast«, sagte Steven erschrocken. Aber Alex schüttelte den Kopf.
»Tja, ich glaube nicht, daß ich sie umbringen kann. Wenn es in meiner Macht ständ’, hätte ich es sicherlich getan. – Aber das ist eine lange Geschichte.«
Steven räusperte sich. »Alex, es tut mir leid, daß ich so wenig herzlich zu dir bin, aber ich fühle mich momentan nicht besonders wohl in meiner Haut. Ich hoffe, du verstehst das.«
»Das kann ich dir nicht übel nehmen. Wie klappt das mit Gabriel?«
Steven schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht darüber reden. Aber er versucht auf jeden Fall nicht, mich
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