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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Kinofilm. Drei junge Männer ohne Hut standen in angriffslustiger Pose unter einer Straßenlaterne. Sie trugen ordentliche schwarze Kleidung, die Hosenbeine in hohen, polierten Stiefeln. Der junge Mann, der Floyd das Flugblatt gegeben hatte, lag vor ihnen auf dem Boden, den Rücken am Laternenpfahl, als sei er vom Lichtschein auf der Straße festgenagelt worden. Sein Gesicht war blutig, seine Brille lag verbogen und zerbrochen auf dem Gehsteig.
    Er erkannte Floyd, und einen Augenblick lang war etwas wie Hoffnung in seinem Gesicht zu erkennen. »Monsieur… bitte helfen Sie mir!«
    Einer der Schläger lachte und trat ihm vor die Brust. Der Junge krümmte sich und stieß ein einziges schmerzerfülltes Keuchen aus. Einer der anderen beiden Schläger wandte sich von der kleinen Szene ab. Schatten glitten über sein Gesicht. Er hatte deutlich hervortretende Wangenknochen, sein kurzes, blondes Haar war mit Haarwachs aus dem Gesicht gekämmt und an beiden Seiten und im Nacken fast ganz ausrasiert.
    »Halt dich da raus«, sagte der Schläger. Etwas blitzte in seiner Hand auf.
    Greta drückte Floyds Arm. »Wir müssen etwas unternehmen.«
    »Zu gefährlich«, sagte Floyd und wich zurück.
    »Sie werden ihn töten.«
    »Sie verpassen ihm nur eine Warnung. Wenn sie es ernst meinen würden, hätten sie ihn längst töten können.«
    Der Flugblattverteiler wollte etwas sagen, aber das Wort wurde ihm von einem weiteren sorgfältig platzierten Tritt gegen die Brust abgeschnitten. Stöhnend sackte er mit dem Oberkörper zu Boden. Floyd machte einen Schritt in Richtung des Kampfschauplatzes und wünschte sich, er hätte eine Waffe dabei. Der eine Schläger fuchtelte mit seinem Messer herum und schüttelte betont langsam den Kopf. »Ich hab gesagt, du sollst dich raushalten, Fettsack.«
    Floyd wandte sich ab und spürte, wie seine Wangen vor Scham brannten. Schnell führte er Greta vom Geschehen weg in einen anderen Bereich des Bahnhofs, wo es einen weiteren Ausgang gab. Sie drückte seinen Arm erneut, als würden sie an einem Sonntagnachmittag durch die Tuilerien spazieren. »Ist schon in Ordnung«, sagte sie. »Du hast das Richtige getan.«
    »Ich habe nichts getan.«
    »Nichts war das Richtige. Die hätten dich aufgeschlitzt. Ich hoffe nur, dass sie den Mann am Leben lassen.«
    »Er war selber schuld«, sagte Floyd. »Dieses Zeug einfach so zu verteilen … er hätte es besser wissen müssen.«
    »Was genau hat er verteilt?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe das Flugblatt weggeworfen.«
    Sie erreichten den in einer Seitenstraße versteckten Mathis. Jemand hatte ein Flugblatt unter den Scheibenwischer geklemmt. Floyd zog es hervor und hielt es an die Windschutzscheibe, um es im ersterbenden Licht einer Natriumlampe zu begutachten. Es war auf besserem Papier gedruckt als die Exemplare, die der junge Mann verteilt hatte, mit einer Fotografie von Chatelier, wie er glatt und gutaussehend in seiner Militäruniform posierte. Der Text beschwor die Freunde und Verbündeten des Präsidenten, ihn weiterhin zu unterstützen, um dann in kaum verhohlene Angriffe gegen verschiedene Minderheiten überzugehen, darunter Juden, Schwarze, Homosexuelle und Zigeuner.
    Greta riss ihm das Flugblatt aus der Hand, um es zu überfliegen. Da sie von einer französischen Tante in Paris großgezogen worden war, hatte sie kaum Schwierigkeiten mit der Sprache.
    »Es ist noch schlimmer als zu der Zeit, in der ich gegangen bin«, sagte sie. »Damals hätten sie sich nicht getraut, so etwas offen zu vertreten.«
    »Sie haben inzwischen die Polizei auf ihrer Seite«, erklärte Floyd. »Die können sagen, was immer sie wollen.«
    »Kein Wunder, dass Custine aufgehört hat. Er war schon immer zu gut für die.« Greta trat mit den Füßen auf der Stelle, um die Kälte zu vertreiben. Handschuhe und Hut hatte sie wieder angezogen. »Wo ist Custine eigentlich?«
    Floyd nahm ihr das Flugblatt aus der Hand, putzte sich damit die Nase und warf es in den Rinnstein. »Er kümmert sich um diesen kleinen Mordfall.«
    »Das war ernst gemeint?«
    »Hast du gedacht, ich hätte es mir ausgedacht?«
    »Ich dachte, Mord wäre nicht so deine Sache.«
    »Jetzt schon.«
    »Aber sollten Custines ehemalige Mitarbeiter nicht etwas mehr Interesse zeigen, wenn diese Frau wirklich ermordet wurde? So sehr können sie doch nicht damit ausgelastet sein, Dissidenten zu terrorisieren.«
    Floyd schloss das Auto auf und legte Gretas Koffer auf den Rücksitz. »Wenn sie eine Französin gewesen wäre,

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