Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewiglich die Hoffnung

Ewiglich die Hoffnung

Titel: Ewiglich die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Ashton
Vom Netzwerk:
wenig den Schraubstockgriff um meine Seele.
    Für den Bruchteil einer Sekunde tat dieses Abebben des Schmerzes gut. So gut, dass ich schon fast hoffte, es würde endlos so weitergehen. Aber irgendetwas stimmte nicht; und im Hinterkopf begriff ich, dass Cole sich von meinen Schuldgefühlen nährte.
    Sich von meinen Emotionen nährte. Schon wieder. Darauf verstanden Ewigliche sich nämlich. Vor allem Cole, der sich durch den ganzen Raum hindurch auf mich konzentrieren und meine obersten Emotionsschichten abschöpfen konnte. Die schlimmsten, wie meine Schuldgefühle jetzt, lagen immer ganz oben.
    Cole saugte meine Schuldgefühle auf, und eine Weile ließ ich ihn. Ich wandte mich ihm zu, um es ihm leichter zu machen. Der Druck, das Gewicht meines Schmerzes – nicht bloß wegen Jack, sondern auch, weil ich meine Mutter vermisste, meinen Vater enttäuschte, meinen Bruder im Stich ließ – wurde spürbar leichter, schnürte mir das Herz nicht mehr ganz so fest zusammen. Ich schloss die Augen, und für einen Moment gönnte ich mir die Illusion, dass nichts wichtig war.
    Ich war allein. Umgeben von Musik spürte ich, wie die Melodie die ganze Anspannung in meinem Körper linderte, wie Cole mit jedem Anschlag seiner Gitarre gegen meine Schmerzen ankämpfte. Denn das konnte Cole. Er konnte alles, was wichtig war, verschwinden lassen. In einem Raum voller Menschen konnte er mir das Gefühl geben, ich wäre der Einzige und ich hätte keinen Grund, mir Sorgen zu machen.
    Irgendwer rempelte mich an der Schulter an, riss mich aus der Trance.
    »Sorry«, sagte der Junge, der neben mir tanzte.
    Ich blinzelte ihn an und schaute wieder zur Bühne. Cole grinste und hob den Kopf, so als wollte er sagen: Willkommen zurück .
    Beschämt riss ich den Blick von ihm los, und obwohl es mich alle Anstrengung kostete, bahnte ich mir einen Weg durchs Menschengedränge zum Ausgang, verfolgt von Coles Musik, die sich nach mir reckte, fast so, wie es die Schatten im Ewigseits getan hatten.
    Draußen vor der Klubtür blieb ich stehen und drückte mir eine Hand aufs Herz. Die Leichtigkeit, die ich empfunden hatte, verschwand, und meine Schuldgefühle kehrten mit unvermindertem Gewicht zurück. Dass sie so schnell wiederkamen, war emotional überwältigend. Sie waren meine ständige Erinnerung an Jack. Die schmerzhafte Sehnsucht nach ihm war jetzt ein so fester Teil von mir, dass ich fürchtete, mich in Luft aufzulösen, wenn ich nicht an ihr festhielt. Sie konnte ich mir von niemandem nehmen lassen. Meine Schuldgefühle erinnerten mich stärker als alles andere daran, was ich tun musste.
    Ich stieß mich von der Mauer ab, gegen die ich mich hatte sinken lassen, und prallte prompt mit jemandem zusammen, der auf dem Weg in den Klub war. »Sorry –«
    »Nikki?«
    Ich sah auf. Es war Jules. Sie sah hübsch und unbeschwert aus. Ich hätte mich fast auf dem Absatz umgedreht, um wieder zurück in den Klub zu rennen.
    Wo immer Jules auch auftauchte, sie wirkte so, als hätte sie den Sonnenschein mitgebracht. Sie hatte Tara Bolton und Kaylee … Soundso – ihr Nachname wollte mir nicht einfallen – im Schlepptau. Die zwei waren in unserer Stufe.
    »Hallo«, sagte ich.
    Jules sah die anderen Mädchen an. »Geht doch schon mal rein.«
    Tara warf mir einen neugierigen Blick zu und verschwand dann mit Kaylee im Klub.
    Als ich stumm blieb, sagte Jules: »Weißt du, ich hab eigentlich gar keinen Bock auf ein Konzert. Sollen wir einen Kaffee trinken gehen? Ich wollte dich nämlich schon länger was fragen.«
    Mich was fragen? Ich hatte fast größere Angst vor ihren Fragen als vor denen des Privatdetektivs. Jules merkte immer, wenn ich log.
    Wir überquerten die Straße und gingen ins Grounds & Ink . In der einen Hälfte des Lokals standen Billardtische, die andere war mit gemütlichen Sitznischen und bequemen Sesseln ausgestattet. Wir setzten uns an einen Tisch am Eingang, von wo aus das Harry O gut zu sehen war, und winkten eine Kellnerin heran.
    »Zwei Kaffee, bitte«, sagte Jules.
    Die Kellnerin nickte und kam kurz darauf mit zwei Tassen wieder.
    Wir tranken schweigend. Es fiel mir schwer, Jules ins Gesicht zu sehen. Wenn ich nicht aus dem Ewigseits zurückgekommen wäre, dann wäre Jack jetzt wahrscheinlich mit ihr zusammen, und sie wären glücklich.
    Jules stand uns beiden sehr nahe, aber sie hatte keine Ahnung, was letzten März tatsächlich passiert war. Für sie musste es so aussehen, als wäre Jack zu mir zurückgekommen und dann verschwunden.

Weitere Kostenlose Bücher