Ewiglich die Sehnsucht - Ashton, B: Ewiglich die Sehnsucht
»Was soll ich Nikki verziehen haben?«
Mary runzelte die Stirn, griff unter der Trennscheibe hindurch und berührte Jacks behandschuhte Hand. »Hast du ihr verziehen, dass sie dich verlassen hat?«
Jacks Mund klappte auf, und seine Augenbrauen hoben sich. Er sah aus, als wollte er etwas sagen, doch er brachte kein Wort über die Lippen.
Mary beugte sich noch näher zu ihm und flüsterte: »Ich hab eine Theorie. Eine Theorie über Anker.«
»Aha«, sagte Jack, und die Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Anker.«
Die Leute in der Schlange hinter Mary wurden ungeduldig.
»Ähm, Mary, Sie halten den Betrieb auf«, sagte ich, und als sie mich fragend ansah, schlug ich vor: »Suchen Sie sich doch schon einmal einen Tisch, und wenn es gleich etwas ruhiger wird, leiste ich Ihnen noch ein wenig Gesellschaft.«
Die Anspannung wich aus ihrem Gesicht. »Okay. Aber du musst dich beeilen, um eins geh ich Golf spielen.«
Sie ging weiter. Jack hatte die Hand noch im Salateimer, und ich gab ihm einen Stups, was ihn wieder wach zu rütteln schien.
»Mach dir wegen ihr keine Gedanken«, sagte ich. »Sie gerät leicht durcheinander.«
»Sie war nicht durcheinander.« Jack hielt die Augen auf mich gerichtet, während er die nächste Portion Salat ausgab. »Es war, als würde sie mich kennen. Uns kennen. Hast du mit ihr über uns gesprochen?«
»Natürlich nicht. Außerdem kennt sie sich anscheinend mit Ankern aus. Und um eins muss sie Golf spielen. Das ist doch alles Unfug.«
Wir redeten nicht mehr viel, bis der mittägliche Ansturm sich gelegt hatte. Als die meisten Leute gegangen waren – darunter auch Mary –, fragte ich Jack: »Hilfst du mir beim Putzen?«
Jack sah mich an und lächelte, als könnte er sich nichts Schöneres vorstellen. »Klar.«
»Okay. Also, die Putzkammer ist da hinten.« Ich deutete auf die Tür neben den Toiletten.
Jack folgte mir. Er schnappte sich einen Schrubber und einen Eimer. Ich schlug die Tür zur Kammer hinter mir zu, blieb aber mit dem Ärmel meines T-Shirts am Knauf hängen. »Hoppla.« Ich befreite ihn vom Knauf und zog das T-Shirt wieder gerade. »Ich Tollpatsch.« Ich nahm den Besen in die eine Hand, das Kehrblech in die andere. »Wir fangen da drüben in der Ecke an, okay?«
Aber Jack sah mich bloß mit großen Augen an.
»Jack? Was hast du?«
Er starrte auf meine Schulter. Als ich mit dem Ärmel hängen geblieben war, hatte sich das T-Shirt am Hals verzogen, sodass ein Teil von dem Mal zum Vorschein gekommen war. Es reichte inzwischen vom Schlüsselbein bis oben an die Schulter.
»Es wird größer.«
Ich zupfte noch mal mein Shirt zurecht und sagte mit bemüht ruhiger Stimme: »Wovon redest du?«
Ehe er antworten konnte, drehte ich mich weg und fing an, einen Tisch abzuräumen, doch plötzlich schloss Jacks Hand sich um meine Schulter, und er zog mich herum. »Tu nicht so, als wäre dir das nicht aufgefallen.«
Ich schüttelte seine Hand ab. »Okay, ja, es ist ein bisschen größer geworden.«
»Von wegen ein bisschen, Becks. Es zieht sich über deine ganze Schulter. Was ist das?«
Ich seufzte. »Hab ich doch gesagt. Es war auf einmal da. Nicht der Rede wert. Ich spür’s nicht mal.«
»Wieso wächst es? Normale Tattoos wachsen nicht.«
»Keine Ahnung. Vielleicht wird es ja auch wieder kleiner oder verschwindet irgendwann ganz.«
Er überlegte. »Du solltest damit zum Arzt gehen. Schau mich nicht so an, Becks.«
»Ich glaube, du weißt selbst, dass ein Arzt da nicht helfen kann.«
Er machte zögernd zwei Schritte auf mich zu, überbrückte die Distanz zwischen uns. Er nahm mir den Besen aus der Hand und lehnte ihn gegen die Wand, dann griff er hoch und schob mein Shirt am Hals beiseite, entblößte das ganze Mal an meiner Schulter.
Ich spürte seine Finger rau und schwielig an Hals und Schulter, aber sie fühlten sich auch sanft an.
»Aus der Nähe sieht es nicht aus wie ein Tattoo.«
»Woher willst du das wissen?«
Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen und schob seinen rechten Ärmel hoch bis zum Ellbogen. Knapp unterhalb der Armbeuge bedeckten schwarze Zeichen die Innenseite.
»Was ist das?«
Er ging nicht auf meine Frage ein. »Mein Tattoo sieht aus wie Tinte auf Haut, deins dagegen –«, er blickte wieder auf das Mal, »– nicht. Die Haut fühlt sich an der Stelle nicht anders an«, sagte er und untersuchte es noch genauer, fuhr mit dem Finger darüber. Ich konnte seinen Atem spüren, roch den süßlich herben Duft seines
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