Ex
viele Arten gibt es denn?«
»Nun, es gibt die Art, die nur von einer Person gesehen wird, und diejenige, die durch telepathische Übertragung von mehreren Leuten zugleich gesehen wird.«
»Vorausgesetzt, daß Telepathie tatsächlich existiert.«
Er quittierte ihren Einwand mit einem gequälten Blick. »Es gibt medizinische Forschungsergebnisse, die das nahelegen.«
»Welche?«
»Bei einem bestimmten klinischen Standardverfahren werden die physikalischen Hirnreaktionen auf bestimmte Reize gemessen, zum Beispiel auf eine Lichtquelle, mit der man ins Auge leuchtet, oder auf eine Stimmgabel, die man ans Ohr hält. Es ist nachweisbar, daß ein Gedanke, der sich auf eine andere Person richtet, dieselbe physikalische Hirnreaktion auslösen kann.«
In Joannas Gesicht spiegelten sich Zweifel. »Ich muß wohl einfach darauf vertrauen, daß Sie mich nicht zum Narren halten. Obwohl ich es ja immer noch nachprüfen kann.«
Er lachte. »Nur zu, prüfen Sie es nach. Telepathie ist verbreiteter, als man gemeinhin annimmt. Aber ich will mich nicht mit Ihnen darüber streiten, denn man glaubt nur das, was man glauben will. Das tut jeder Mensch. Ich behaupte lediglich, daß Telepathie der wahrscheinlichste Grund dafür ist, warum Geister manchmal von mehreren Leuten zugleich gesehen, gehört oder gespürt werden. Und das Experiment, das mir vorschwebt, wird den Beweis dafür erbringen.«
»Sie sagen, dieses Experiment ist schon einmal durchgeführt worden?«
»Mehr als einmal. Und es ist an der Zeit, daß jemand mal wieder einen Geist erschafft und sich ein bißchen genauer ansieht, was dahintersteckt.«
Sie besprachen die Sache noch bis zum Ende ihrer Mittagspause, dann wußte Joanna, daß sie gefunden hatte, was sie brauchte. In weniger als zwanzig Minuten hatte sie ihre Notizen für Taylor Freestone fertiggetippt, und nachmittags brachte sie sie ihm ins Büro. Mit schlaffer Hand, als würde es ihn große Anstrengung kosten, griff der Herausgeber nach den wenigen Seiten, las sie durch und ließ sie schließlich auf den Tisch sinken.
»Bleiben Sie dran«, sagte er lustlos.
Triumphierend verließ Joanna das Büro. »Bleiben Sie dran« drückte die höchste Form von Begeisterung aus, zu der Taylor Freestone sich jemals hinreißen ließ.
KAPITEL 7 Rückblickend gestand sie sich ein, daß ihre Begeisterung über Taylor Freestones Reaktion nicht nur beruflicher Natur war. Nun hatte sie die Möglichkeit, Sam ohne formelle Verabredungen wiederzusehen, was vieles vereinfachte. Sie war selbst erstaunt, wie sehr sie sich wünschte, ihn weiter zu sehen. Nun, zweifellos war er einer der interessantesten Männer, denen sie je begegnet war, überlegte sie, und je mehr Zeit sie mit ihm verbrachte, um so besser gefiel er ihr. Sehr schnell hatte sie gemerkt, daß er nicht schauspielerte, sie nicht nur mit ein paar einstudierten Darbietungen ein, zwei Abende lang unterhielt, bis dann die Routine einsetzte und langweilige Wiederholungen folgten. Was Sam so anziehend machte, war sein Interesse an allem und jedem. Wenn er erzählte, nahm er seine Zuhörer mit auf eine Entdeckungsreise. Nie referierte oder dozierte er. Selbst wenn er über Dinge sprach, mit denen er vertraut war, fand er stets neue Aspekte und Zusammenhänge, die ihm bisher entgangen waren. Er war eben einfach ein anregender Gesprächspartner. Und er brachte sie oft zum Lachen.
Doch irgendwo gibt es einen Schwachpunkt, dachte sie eines Tages auf dem Nachhauseweg. Es gibt immer einen, es kann gar nicht anders sein. Letztendlich kommt er zum Vorschein und dann so offensichtlich, daß du dich fragst, wie du das bisher übersehen konntest.
Doch da unterbrach sie sich, beschämt über das Mißtrauen, das dieser Gedankengang verriet. Sonst war das doch gar nicht ihre Art.
Mit ihren fast dreißig Jahren hatte Joanna ein Liebesleben hinter sich, das sie gern als »akzeptabel« bezeichnete – sie hatte mehr gute Erinnerungen als schlechte und bedauerte weniger, was sie getan, als was sie vielleicht versäumt hatte. Eine feste Beziehung hatte sie noch nicht ins Auge gefaßt. Einmal hatte sie einen Versuch gewagt – sie hatten circa Jahre zusammengelebt, bis er eine andere kennenlernte. Die Trennung war ohne Bitterkeit verlaufen. Denn sie hatte schon bald gemerkt, daß sie Richard eher mochte als liebte. Ja, insgeheim war sie froh gewesen über die wiedergewonnene Freiheit.
Das war nun achtzehn Monate her. Seitdem hatte nur eine kurze, aber romantische Affäre mit einem
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