Ex
acht Personen. Da Spontaneität ein so entscheidender Faktor sei, wäre es vielleicht von Vorteil, hauptsächlich neue Testpersonen zu nehmen. Joanna würde natürlich dabei sein, ebenso wie er selbst. Vor allem wollte er vermeiden, daß jemand teilnahm, der oder die mediale oder parapsychologische Fähigkeiten besaß oder zu besitzen glaubte. Zweck des Experiments war es ja, die Macht des normalen menschlichen Geistes zu demonstrieren, nicht die eines besonders herausragenden.
Peggy sagte, sie werde anfangen, eine Liste möglicher Kandidaten zusammenzustellen, und sich mittels Rundschreiben, Zeitungsannoncen und Webseiten weiter umhören. Von den Mitarbeitern der Abteilung wollte lediglich Pete Daniels unbedingt dabei sein, und Sam gab sein Einverständnis. Die anderen bekundeten zwar Interesse, waren aber zu sehr mit ihren eigenen Arbeiten beschäftigt, um mehrere Stunden pro Woche einem neuen Projekt widmen zu können.
Nach dem Ende der Versammlung brach Joanna zu ihrem zwölf Häuserblocks entfernten Büro auf, was an diesem trockenen, kühlen Tag einen angenehmen Spaziergang versprach. Sam begleitete sie, da er auf dem Weg zu einer Besprechung mit dem Vertreter einer Wissenschaftsstiftung war, aus der er ein paar tausend Dollar zusätzlich pro Jahr herausholen wollte. Der Kampf um die Gelder war endlos in einem Forschungszweig wie diesem, der in der Gunst der Spender wesentlich weiter unten rangierte als etwa Krebsforschungsinstitute oder auch Entwicklungsabteilungen zur Verbesserung von Mausefallen. Schweigend gingen Sam und Joanna nebeneinander her, und nachdem er ihr mehrmals einen kurzen Seitenblick zugeworfen hatte, fragte er sie, was ihr denn durch den Kopf gehe.
»Ich habe gerade daran gedacht, was Peggy gesagt hat«, antwortete sie.
»Was ist damit?«
»Sind Sie ganz sicher, daß kein Risiko dabei ist?«
»Was meinen Sie mit Risiko?«
»Ich weiß nicht. Daß wir irgend etwas ins Rollen bringen, was wir nicht mehr aufhalten können.«
»Wir sind gerade ein größeres Risiko eingegangen, indem wir die Straße überquert haben – ohne daß es Ihnen überhaupt aufgefallen ist.«
»Also besteht ein gewisses Risiko.«
»Nein, ich glaube nicht. Aber Sie müssen nicht mitmachen, wenn Sie nicht wollen. Sie können auch darüber schreiben, ohne zur Gruppe zu gehören.«
»Nein«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen, »ich möchte dabeisein.«
Wortlos gingen sie weiter bis zum Ende des Häuserblocks. »Was ich Sie übrigens noch fragen wollte«, sagte er, als sie an einer roten Fußgängerampel warteten, »macht Ihnen diese Sache mit Murray Ray und der alten Frau immer noch zu schaffen?«
Joanna war erstaunt, daß er sich an Murrays Namen erinnerte. Seit sie sich kennengelernt hatten, waren einige Wochen vergangen, und nur damals hatten sie über diesen Mann gesprochen. Sie erkannte außerdem, daß Sam einen Zusammenhang hergestellt hatte, der ihr selbst verborgen geblieben war – nämlich zwischen jenem beängstigenden Zwischenfall und dem vagen, unguten Gefühl, das Peggys Worte bei ihr hinterlassen hatten.
Sie antwortete völlig aufrichtig. »Jedesmal, wenn ich daran denke, sage ich mir, daß ich an seinem Tod nicht schuld bin. Ich weiß das. Aber es stimmt, ich denke schon noch oft daran.«
»Und vermutlich denken Sie auch an diesen ›Fluch‹, den die alte Frau gegen Sie ausgestoßen hat?«
Joanna zögerte. Er hatte recht, aber sie wußte nicht, was ihr schwerer fiel: es ihm oder sich selbst einzugestehen.
»Manchmal«, bekannte sie. Und etwas heiterer fügte sie hinzu: »Dann sage ich mir, daß der Fluch doch allmählich Wirkung zeigen müßte, aber ich merke nichts davon.«
»Sehr gut«, lachte er.
An der nächsten Kreuzung kam ihnen ein Strom von Fußgängern entgegen, so daß sie kurzzeitig voneinander getrennt wurden. Daraufhin zog er sie an seine Seite, hakte sich bei ihr unter und legte seine Hand um ihr Handgelenk.
Joanna fand seine Berührung nicht unangenehm.
KAPITEL 9 Schließlich kam sie zu dem Schluß, daß sie gegen ihre Pflichten als seriöse Journalistin verstoßen würde, wenn sie nicht ein richtiges, ausführliches Interview mit ihm führte. Denn das hieße, persönliche Überlegungen vor die beruflichen zu stellen. In dieser Logik lag eine verzwickte Wahrheit, die ihr sehr gefiel.
Als sie das Thema zur Sprache brachte, erklärte er sich sofort einverstanden und schlug zu ihrer Überraschung vor, daß sie sich dazu in seiner Wohnung treffen sollten, wo
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