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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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losgerissen und hätte die Stellung von Lafayettes Truppen verraten, die sich unter dem Kommando George Washingtons bei Yorktown verschanzten, um zum endgültigen Schlag gegen die Briten anzusetzen. Da zählte es wenig, ob Adams beherzter Versuch, den Ausbruch des Tieres zu verhindern, den Ausgang der Schlacht tatsächlich beeinflußt hatte: General Lafayette höchstpersönlich hatte den Zwischenfall beobachtet und den jungen Mann zu sich kommen lassen, um ihn zu belobigen. Der junge Amerikaner hatte ihm gefallen, und so hatte er ihn seinem direkten Kommando unterstellt. Was Adam in der Gunst des gebildeten, gutherzigen Franzosen noch weiter steigen ließ, waren sein Wissensdurst und seine Intelligenz. Alles interessierte ihn, von politischer Theorie über Naturwissenschaften bis hin zur Philosophie. Lafayette hatte dem Jungen sogar Französischstunden geben lassen, als er Interesse dafür zeigte. Und nun, keine zwei Jahre später und gerade erst zwanzig Jahre alt, war er als Mitglied des persönlichen Stabes des Generals auf dem Weg nach Frankreich. Er würde Dinge sehen und kennenlernen, von denen er bisher nicht einmal zu träumen wagte. Und natürlich würde man ihn als eine Art Botschafter seines aufstrebenden jungen Vaterlandes betrachten, das sich zu Gleichheit und Freiheit bekannt hatte. Diese Ideale fanden auch in Europa eine immer größere Anhängerschaft.
    Kurz vor New York schüttelte Adam die Hand, die ihm sein Vater mit ernster Miene entgegenstreckte, dann wandte sich John Wyatt um und ritt nach Hause zurück. Er hatte seinen Sohn nur begleitet, um dessen Pferd wieder mit heimzunehmen. Keinesfalls wollte er bei den Festlichkeiten verweilen, mit denen noch immer George Washingtons triumphaler Einzug in die Stadt gefeiert wurde. Adam schlenderte glücklich mehrere Stunden umher, tauchte ein in das fröhliche Lärmen und fand sich schließlich am verabredeten Quai ein, um sich auf dem großen Schoner einzuschiffen, der bei der ersten Flut Anker lichten und zu der fünfwöchigen Reise nach Bordeaux aufbrechen würde.
    Bald hatte er die Übelkeit der ersten Tage überwunden (es war Adams erste Seefahrt), und die salzige Brise, die sie eilends vorantrieb, belebte ihn. Vom General – oder Marquis, wie er ihn künftig nennen sollte, denn der Krieg war vorbei und die militärischen Titel hatten nun keine Bedeutung mehr – bekam er während der Reise nicht viel zu sehen. Doch er erhielt weiterhin täglich Französischstunden und wurde zur Vorbereitung seiner Ankunft in Frankreich ins Protokoll eingewiesen. Ungeachtet seiner liberalen Ansichten war der Marquis de Lafayette doch ein Aristokrat, der am Hof und in den höchsten diplomatischen Kreisen verkehrte. Deshalb wurde auch von seinem Gefolge ein angemessenes Benehmen erwartet. Während dieser fünf Wochen auf See lernte Adam zu sprechen, sich zu bewegen und sogar zu denken wie ein Adliger, von seiner bäuerlichen Abstammung war ihm bald nichts mehr anzumerken. Das Essen an Bord war schlicht, aber er gewöhnte sich daran, daß ihm seine Mahlzeiten von ehrerbietigen Mitgliedern der Schiffsmannschaft serviert wurden, die ihm auch sein Glas mit Wein von so edlem und vollem Geschmack füllten, wie er ihn noch nie zuvor gekostet hatte. Jener Adam Wyatt, der schließlich im Hafen von Bordeaux französischen Boden betrat, war ein anderer als der, der in New York an Bord gegangen war.
    Die nächsten Monate machten seine Verwandlung vollkommen. Lafayette war in Frankreich genauso der Held der Stunde wie in Amerika. Gleich welcher Gesellschaftsschicht sie angehörten, feierten die Franzosen die Niederlage ihres Erzfeindes England und waren über alle Maßen stolz auf Lafayette und seine Truppen, die die französische Regierung auf sein Drängen hin nach Amerika entsandt hatte. In allen Salons nicht nur Frankreichs, sondern ganz Europas ließ man Lafayette hochleben, er war an allen liberal gesinnten Höfen ein gerngesehener Gast und wohin er auch immer ging, Adam Wyatt war dabei. In Versailles stellte man ihn Ludwig XVI. und der wunderschönen jungen Königin Marie-Antoinette vor. In Paris begegnete er Thomas Jefferson, der dort für Amerika Wirtschaftsverhandlungen führte. Ausführlich unterhielt er sich mit dem alt gewordenen, doch noch immer brillanten Benjamin Franklin, der als ameri-kanischer Botschafter das alte Europa bereiste. Das waren erhebende Augenblicke für einen jungen Mann seiner Herkunft. Manchmal erschien es ihm, als wären jene Jahre der

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